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Comic Blog


Freitag, 07. Juni 2013

GHOST MONEY 1 – Die Dame aus Dubai

Filed under: Thriller — Michael um 10:34

GHOST MONEY 1 - Die Dame aus DubaiAls der Einsturz der Zwillingstüre in New York die Welt erschüttert und noch alle westlichen Zivilisationen die Toten betrauern, reiben sich andere, weitaus weniger Betroffene die Hände. Mit dem Fall dieser kapitalistischen Symbole, wie sie im fernen Arabien als Bedrohung empfunden werden, haben gigantische Summen den Besitzer gewechselt. Die Verfolgung der Verantwortlichen, den Hintermännern der Terrorgruppierung Al Kaida, gipfelt sehr bald schon in einer anderen, für die Jäger viel wichtigeren Frage: wo sind die 30 Milliarden Dollar geblieben, die das Terrornetzwerk mit den Geschäften am 11. September 2001 verdient hat? Das Ziel erhält einen Namen: der Schatz der Al Kaida.

Viele Jahre vergehen, in denen die verwunschene Summe verschwunden bleibt. Doch in den späten 20er Jahren des ersten Jahrhunderts im dritten Jahrtausend der christianisierten Menschheit tritt eine Frau auf den Plan, deren Zuhause die ganze Welt zu sein scheint: Chamza, die Dame aus Dubai. Lindsey, eine junge Studentin aus London, ahnt vom Interesse der Geheimdienste an Chamza nichts. Sie ist fasziniert von der Frau, die keine Grenzen zu kennen scheint, mit ihrem Flugzeug auf der einen Seite des Globus zum Einkaufen jettet, um zum Abendessen wieder auf der anderen Seite zurück zu sein. Es ist eine Märchenwelt. Je mehr sich Lindsey darauf einlässt, um so mehr verliebt sie sich in Chamza. Doch die Jetsetterin hat zweifellos eine Aufgabe, über die sie sich ausschweigt. Welche?

Thierry Smolderen schreibt die Geschichte fort. Was wäre wenn? Was ist bereits? Könnte es so einmal aussehen in wenigen Jahren? Anders als in Gipsy, einer weiteren Zukunftssaga, hält sich Smolderen hier enger an die Realität. Er beschreibt die Gnadenlosigkeit bei der Verfolgung und Folterung der Terrororganisation, deren Mitglieder so lange am Leben bleiben müssen, wie sie noch zu etwas taugen können, zur Informationsbeschaffung oder vielleicht als Druckmittel. Gleichzeitig macht er deutlich, dass nur besonders kaputte Individuen, die in einer ansonsten intakten Zivilisation am besten in einer psychiatrischen Anstalt aufgehoben sind, für die Jagd und die Bewachung von Terroristen taugen. Wo andernorts in London demonstriert wird, die Situation außer Kontrolle gerät, wird hinter den Kulissen kühl kalkuliert, um dem Geheimnis um den Schatz der Al Kaida auf die Spur zu kommen.

Smolderens Thriller entzieht sich den gängigen Mustern. Ganz bewusst wird hier kein strahlender Held geschaffen. Lindsey, die einzige wirkliche Identifikationsfigur, lernt diese besondere Seite der Welt, die sie zuvor nicht kannte, wie ein Märchen kennen. Chamza lebt den Traum von Sex and the City, losgelöst von allen Sorgen, die einen Normalsterblichen belasten können. Letztlich ist aber auch sie ein Konstrukt in einem Konstrukt, künstlich, ein Schläfer, aufbewahrt im Jetset. Ihre Menschlichkeit, Gefühle und wahre Interessen getraut sie sich auch nicht ihrer Freundin mitzuteilen. Misstrauen bleibt selbst in einem engen Verhältnis oberstes Gebot.

Dominique Bertail fällt die Aufgabe zu, die gemeine und grausame Welt der Geheimdienste und Terroristen mit der künstlichen Welt von Chamza zu mischen. In Chamzas Welt schwebt Lindsey nach eigener Aussage eine Handbreit über dem Boden. Im Suborbitalflieger wird die minutenlange Schwerelosigkeit genossen. In der Wüste frönt man einer Atmosphäre aus tausendundeiner Nacht. Kurz darauf platzt der Traum und Schüsse rattern. Bertail zeichnet mit dem spitzen Stift eines modischen Entwurfs, bevor sie die Ganoven mit der gleichen Akkuratesse inszeniert. Die Darstellung technischer Einzelheiten wie auch der vorkommenden Charaktere erfolgt mit einer grafisch chirurgischen Präzision, ein Wortspiel, das im späteren Verlauf der Handlung sehr gut passt. Das hält den Leser teils von einigen Gräueln zurück, lässt ihn aber auch fasziniert heran, wenn Smolderen Bertail die Gelegenheit gibt eine Abart eines brennenden Dornbuschs in Szene zu setzen.

Ein Thriller ohne unrealistische Helden, mit Feingefühl, Spannung und guter Beobachtung einer neuen Generation erzählt, die ihre eigenen Zeitenwenden erlebt hat und noch erleben wird. In höchst ansprechender und technisch feiner Illustration nehmen hier zwei anspruchsvolle Comic-Macher den Leser mit in eine nicht allzu ferne Zukunft. 🙂

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Oder bei Schreiber und Leser.

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