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Comic Blog


Mittwoch, 13. Juni 2012

Canardo Sammelband 2

Filed under: Thriller — Michael um 19:32

Canardo - Sammelband 2Wer hätte gedacht, dass ein Schlächter wie Rasputin einst unter die Knute einer Menschenfrau geraten würde, unnachgiebiger und gnadenloser als er selbst. Emily mag keine Menschen. Sie hasst sie. In Rasputin, dem wieder unter die Lebenden Zurückgekehrten, findet sie ein perfektes Werkzeug für ihren Rachefeldzug, der sich einfach ohne Unterschied gegen jeden richtet. Canardo, der sich soeben noch als harter Brocken aufspielte, wird plötzlich ganz klein mit Hut. Bis er seine Angst im Griff hat, die völlig berechtigt ist, sieht er dem Tod noch auf andere Art ins Auge. Als er dann seiner persönlichen Schreckenskreatur, Rasputin, gegenüber tritt, stehen sich zwei ebenbürtige Feinde gegenüber.

Traurig und böse. Lässt Sokal mit Saat des Schreckens, der ersten Geschichte in diesem Sammelband, noch einen traurigen Unterton mitschwingen, sind die beiden folgenden Abenteuer von Canardo, betitelt mit Weiße Vögel sterben leise und Der weiße Cadillac, mit schwärzestem Humor erzählt.

Rasputin ist wieder da. Aber er wirkt auch weniger aggressiv, zurückhaltender. Seine Gehemmtheit ist angesichts der Wendungen der Geschichte, einer neuen Gefährtin, gar nicht einmal ungewöhnlich. Denn Emily ist eine Besonderheit. Ihre Fähigkeiten ermöglichen es ihr, andere Menschen zu beeinflussen. Diese Stärke lässt selbst einen Rasputin zurückschrecken und Angst empfinden, aber auch Zuneigung und Liebe, denn Emily ist zugleich eine höchst verletzliche Person, die unter ihren Fähigkeiten leidet, die sie Zeit ihres Lebens zur Außenseiterin verurteilt haben.

In Saat des Schreckens stellt Sokal Frauen in eine wichtige Rolle. Nicht immer sind sie im Zentrum des Geschehens, aber ihre Taten besitzen an wichtigen Punkten eine bestimmte Aussagekraft. Ob es nun Emily ist oder die junge Frau, die an der Grenze zurückbleiben muss. Oder jene Carmen, die einfach nur auf die Silhouette eines Mannes schießt, weil Krieg ist und er einfach da stand. Sokal lässt sich ohne Wenn und Aber auf schwarze Gedanken ein. Über eine Hommage an die Schwarze Serie Hollywoods ist er hier weit hinaus, denn gerade in der zweiten und dritten Episode des vorliegenden Sammelbandes werden der Wahnsinn totalitärer Regime und Krieg zu beherrschenden Themen.

Weiße Vögel sterben leise. Allein der Titel, sicherlich auch mit unterschwelligem Humor formuliert, ist rätselhaft, aber auch im Rückblick auf die Geschichte traurig. Ein Staat, unter der Knute von wer weiß wem (in einem im Bürgerkrieg versunkenen Land, in dem es müßig ist, sich den Namen des jeweiligen Präsidenten zu merken), wird zum Schauplatz einer Exkursion zu einer legendären Stätte, wo es die weißen Vögel geben soll. Jene Tiere, die niemals landen, immer in den Aufwinden treiben, sind eine Legende und wahrscheinlich die einzige gute Legende, die dieses Land noch zu bieten hat. Canardo gerät in Situationen, in dem ihm seine Sprüche manchesmal im Halse stecken bleiben.

Sokal zeichnet in diesen drei Abenteuern bereits wesentlich genauer, geradliniger, kaum noch skizzenhaft präsentiert er seine tierischen Figuren mit spitzer Feder und gibt insbesondere tragischen Gestalten ein besonderes Format und optische Schwere. Das Spiel mit den Anspielungen, den Symbolen liegt Sokal ganz einfach. So wirkt zum Beispiel Der weiße Cadillac wie ein außerirdisches Fahrzeug, pompös, immer fehl am Platz, ein Stück fahrende Zivilisation und Kultur, die dem vom Krieg erschütterten Land in jeder Sekunde mehr abgeht.

Diesem titelgebenden Fahrzeug widmet Sokal eine spezielle Aufmerksamkeit, stellt er es doch gerne kontrastreich in Positur, vor einen kahlen Wohnblock oder einen uralten Traktor. Und er lässt Canardo schließlich auch merken, welches Zeichen er damit in seiner Umgebung setzt. Vielleicht kleben ihm am Ende auch zu viele schlechte Erinnerungen an diesem Wagen.

Drei sehr feine Erzählungen, insbesondere mit den beiden letzten Episoden des vorliegenden Sammelbandes, immer noch mit schwarzem Humor, aber auch sehr melancholisch und einem Canardo, der (man muss ihn nicht in jeder Situation mögen) auch hinter das Geschehen zurücktreten kann. Intensiv, manchmal bedrückend. 🙂

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