Thorgal hat sich den Respekt innerhalb der Gemeinschaft der Wikinger erarbeitet. Freunde sind es deshalb noch lange nicht. Thorgal hat seine eigene Auffassung von Spaß. Einen Adler mit Pfeilschüssen zu quälen gehört nicht dazu. Als er mit einem gezielten Schuss den Strick durchtrennt, der den Adler gefangen hält und der Raubvogel fliehen kann, festigt Throgal damit nur die Feindschaft zwischen sich und Björn. Doch viel Zeit bleibt den beiden Streithähnen nicht. Kurz darauf wird die kleine Siedlung überfallen und Thorgals Geliebte geraubt.
Jean van Hamme (Largo Winch, XIII) bewegt sich mit Thorgal scheinbar in einer vergangenen Zeit, der großen Epoche der Wikinger, in Wahrheit aber versteht er es geschickt, historische Beschreibungen und Fantasy miteinander zu vermischen. Nach dem dramatischen Auftakt des ersten Bandes herrscht zu Beginn des zweiten Teils Normalität vor. Die Männer amüsieren sich. Während sie sich untereinander zanken, bemerken sie nicht, dass ihre männlichen Qualitäten tatsächlich und ernsthaft gefragt sind. Jean van Hamme lässt die Männer zu spät zum Ort des Geschehens kommen, so bleibt nur eine Verfolgungsjagd, die sich über die gesamte Länge des Abenteuers zieht.
Dem Feind hinterher, gegen die Elemente: In Eis und Schnee, im hohen Norden, erleben die Wikinger eine Gewalt, der sie nichts entgegenzusetzen haben. Die Natur ist stärker. Ihre tödliche Kälte könnte die Männer von der Verfolgung abhalten, wäre der Wagemut nicht in der Lage, sie zum Äußersten zu zwingen. Die Gefahr verliert sich in einem Traum. Jean van Hamme gestattet seiner Handlung die eine oder andere Langsamkeit, einen Aufschub bis zum nächsten Sprint. Eine echte Pause findet sich hier nicht.
Im ewigen Eis hat Jean van Hamme ein Geheimnis versteckt. Grzegorz Rosinski stellt diese neuen Entdeckungen dar und nimmt den Leser mit in eine Konstellation, die leichte Erinnerungen an den Auftakt einer anderen Serie weckt: Storm. Auch hier steht die Lüftung eines Geheimnisses am Anfang. Jean van Hamme führt jedoch eine viel stärkere Vermischung von Fantasy, Historie und Science Fiction herbei. Rosinski nimmt sich Raum für seine Bilder. Die Veränderung im Gegensatz zu neueren Arbeiten ist erkennbar. 1980, bei Erscheinen dieses Bandes, war die Sicht auf die zu Papier gebrachten Abenteuer noch nicht so stilsicher, aber auch lockerer.
Van Hamme achtet in seinen Vorgaben immer noch auf die nötigen Informationen. Ein Fluss innerhalb einer Geschichte wird durch Ersparnis von zu reichhaltigen Details hier herbeigeführt. Werden alle Ereignisse nebeneinander betrachtet wird einem erst bewusst, wie viele (auch für zukünftige Abenteuer) Geheimnisse hier gelüftet wurden. Grzegorz Rosinski malt seine Seiten im Durchschnitt mit fünf, manchmal auch nur drei Bildern. Starke, sichere Tuschestriche begrenzen eine einfache Kolorierung. Der Gesamteindruck ist im Vergleich zu neueren Veröffentlichungen noch etwas klobiger, ohne den Begriff negativ zu meinen. Mit der Kantigkeit seiner Figuren findet er sich stilistisch neben Zeichnern wie Jean Graton (Michel Vaillant) oder Philippe Francq (Largo Winch) wieder.
Es beginnt wie ein normales historisches Abenteuer und mündet in eine große Überraschung: Jean van Hamme legt mit dem Abschluss dieses Abenteuers den Grundstein für die folgende Richtung der Serie. Klassisches Artwork von Grzegorz Rosinski setzt den Serienauftakt, der hier erst abgeschlossen ist, packend in Szene. 🙂
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