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Comic Blog


Samstag, 10. April 2010

Die Abenteuer von Tanguy und Laverdure 3

Filed under: Abenteuer — Michael um 16:51

Die Abenteuer von Tanguy und Laverdure 3 - Cap ZeroWo ist Laverdure? Um diese Frage zu klären ist Tanguy sogar bereit, sich durch einen engen Kamin zu zwängen, um an Informationen zu gelangen. Die Schlittenhunde, die in der Hütte aufpassen, lassen sich durch eine zusätzliche Mahlzeit besänftigen. Wenig später macht er sich in Begleitung eines Inuit auf den Weg. Eine Spur scheint brandheiß zu sein. Wie heiß, zeigt sich kurz darauf: Die Besatzung eines kleinen Transportflugzeugs will Tanguy und seinem Begleiter nicht erlauben, das eigens gesteckte Ziel zu erreichen. Es hagelt Kugeln und Granaten. Tanguy ist wieder einmal in Lebensgefahr.

Asterix war schuld! Der Erfolg des kleinen Galliers schien es Albert Uderzo vor langer Zeit, nach der 8. Episode von Tanguy und Laverdure unmöglich zu machen, die Fliegerreihe fortzusetzen. Jean-Michel Charlier war strikt gegen das Aussteigen des Zeichners. Doch Uderzo hatte eine Lösung: Er wollte erst gehen, wenn ein entsprechend fachmännischer Nachfolger eingearbeitet war. Und so fand sich Joseph Gillain, besser bekannt als Jije.

Bevor es jedoch in diesem Band an den Schichtwechsel geht, darf der Leser eine kleine einseitige Episode in Augenschein nehmen, die stark an den Klassiker Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten erinnert. Anstelle eines Gert Fröbe steigt allerdings Tanguy im Ballon auf. Stolz und in militärischer Pracht gekleidet, steigt der Offizier gen Himmel, nur um von einem Laverdure mit einem neuen Raketenexperiment wieder auf den Boden der Tatsachen gebracht zu werden.

Aus Spaß auf einer Seite wird ein eiskaltes Abenteuer in der Arktis in Albumlänge. Laverdure ist verschwunden. Und mit ihm seine Mirage. Letzteres ist wichtig, doch Tanguy macht sich mehr Sorgen um seinen Freund. Im Abenteuer Cap Zero, auch titelgebend für die dritte Gesamtausgabe, wird der Wechsel der beiden Zeichner vollzogen. Blättert man durch die Seiten, kann man (in diesem Falle ich) von einem schleichenden Wechsel sprechen. Vergleichbare Fälle gibt es in der Comic-Literatur bereits (wie z.B. bei Blueberry), allerdings ist es nur selten so fließend und beinahe unmerklich vor sich gegangen.

Das Wörtchen beinahe ist hier von Bedeutung, denn: Jije ist sehr gut, aber Uderzo ist besser. Der Strich von Uderzo ist feiner, genauer, er wirkt druckreifer. Jijes Technik ist näher an einem Jean Giraud (früherer Zeichner von Blueberry). Der Tuschestrich ist künstlerischer, markiger, energischer, impulsiver, auch ein wenig wie bei Jordi Bernett. Jeder für sich ist ein phantastischer Zeichner, aber Uderzo ist auf seine Art nicht nur Künstler, sondern auch ein Komödiant. Besonders ein Laverdure wurde von ihm mit großer Eindeutigkeit festgelegt, während ein Tanguy eher ein Bond ist, dem es rein äußerlich egal ist, ob er von einem Connery, einem Lazenby, einem Dalton oder einem Brosnan gespielt wird. Mit schwarzen Haaren und kantigem Kinn könnte die Figur des Tanguy auch sofort als Michel Vaillant anfangen.

Insgesamt aber, Zeichnervergleich hin oder her, ist die Mischung aus stimmigen Charakteren, Abenteuer und Fliegertechnik weiterhin in der Richtung unterwegs, die Jean-Michel Charlier beizubehalten wünschte. Es müssen goldene Zeiten gewesen sein, als ein Zeichner eine erfolgreiche Serie verlassen konnte, um sich nur noch einem kleinen Gallier zu widmen. Nach Cap Zero bestritt Jije Piraten des Himmels allein, ein Abenteuer im Stile eines Bob Morane, während der Nachfolger Sondereinsatz eher im Sinne eines James Bond daher kommt, inklusive Skiabfahrt und geheimnisvollem Fremden mit Augenklappe.

Eine geballte Ladung Abenteuer mit kaum merklichen Zeichnerwechsel. Jean-Michael Charlier erzählt, doch Uderzo hört auf und übergibt den Zeichenerstift an Jije. Geballte Action quer durch die Klimazonen mit immer neuen Überraschungen. War Top, bleibt Top! 🙂

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Donnerstag, 08. April 2010

Prophet 3 – Pater Tenebrarum

Filed under: Mystery — Michael um 20:07

Prophet 3 - Pater TenebrarumAthenais geht es nicht sehr gut. Das Mädchen scheint sich zu verwandeln. Bisher war sie nur mächtig, jetzt wird sie … Keiner weiß es. Es wird machtvoll sein. So viel steht fest. Wer sie jetzt berührt, verbrennt sich. Vielleicht, nach der Verwandlung, wird jener, der sich in ihre Nähe wagt, sterben. Aber, macht das noch einen Unterschied? Die Welt steht nicht am Abgrund. Sie hat bereits mehrere sehr weite Sätze darüber hinaus gemacht. Die Welt befindet sich im Sturzflug, im freien Fall, hin zum endgültigen Aus. Allerdings ist da noch ein Mann, der das Blatt wenden könnte. So unwahrscheinlich diese Annahme auch klingen mag. Der Name dieses Mannes lautet Jack Stanton. Und er kann diese Annahme selbst nicht glauben.

New York ist die Hölle! Einige mögen das heutige New York oder wenigstens das New York der 70er dafür halten, hier allerdings ist es das apokalyptische New York von Mathieu Lauffray, der seinen ungewollten Helden Jack Stanton quer durch die zerstörte Stadt schickt. Wir erinnern uns: Stanton fand etwas sehr altes, das er nicht hätte finden sollen, schrieb darüber und öffnete mit seinem Verhalten der Hölle auf Erden Tür und Tor. Und so ganz langsam dämmert es Jack, dass er die Schuld an diesem unsäglichen Leid trägt.

Aber Jack ist noch etwas anderes: Ein Prophet. Jedenfalls halten ihn die wenigen Überlebenden, auf die Jack traf, dafür. Jack selbst glaubt nicht daran. Er lässt sich treiben, versinkt in Selbstmitleid. Doch Mathieu Lauffray, der das Szenario nicht nur geschrieben, sondern auch gezeichnet hat, lässt Jack keine Zeit dafür. Lauffray hat sich einige Besonderheiten für diese Postapokalypse einfallen lassen.

Ghosts! Geisterhaft ja, aber beileibe nicht so wohl gesonnenen wie es ein Patrick Swayze seinerzeit war. Und nicht nur das: Mit dem Heuler hat Mathieu Lauffray ein unheimliches Wesen hinzu erfunden, das den Unheimlichkeitsfaktor um noch einige Stufen in die Höhe schraubt. Insgesamt schafft Lauffray mit seinem Design der Dämonen und Titanen, Dämonen, größer als Wolkenkratzer, eine Umgebung, die ein starkes Leinwandgefühl besitzt. Wer schon einmal Designvorlagen für phantastische Kinostreifen gesehen hat, wird hier einen ähnlichen Effekt erleben. Auch lassen sich leicht Parallelen zur Optik eines Storyboards herstellen.

Aus diesem Grund, der absolut filmischen Erzählweise, jagt die Handlung voran. Der Blick rast auf die fremden Geschöpfe zu oder sieht sich einem Überblick gegenüber, den sich ein Roland Emmerich für einen seiner Katastrophenfilme ausgedacht haben könnte. Bei allen technischen Parallelen hat Mathieu Lauffray hier aber seine ganz eigene Geschichte kreiert. Denn der Einfallsreichtum, der als Basis der Handlung zugrunde liegt und für ständig neue Überraschungen sorgt, ist sehr gut. Der Heuler, ein Wesen, das zwar optisch einzuordnen ist, dem aber ansonsten sämtliche Vergleichsmöglichkeiten fehlen, besticht durch seine Präsenz, sein langsames und unaufhaltsames Vorwärtsschreiten. Das ist, neben vielen anderen Geschehnissen, perfekter Grusel.

Die Strichtechnik ist weiterhin klassisch, mit feinen bis groben Tuschestrichen ausgeführt. Schwarz wird großzügig eingesetzt, Farben werden verhalten aufgetragen und dienen eher einer atmosphärischen Stütze als zur genauen Wiedergabe der Wirklichkeit. Auch diese Technik ist filmisch. Es reduziert, bringt auf den Punkt und wird, vergleicht man die einzelnen Seiten, sehr sorgfältig auf jede Szene abgestimmt.

Für Freunde des Phantastischen und des Horrors eine große Empfehlung. Hier findet Action wohl dosiert statt, eine Handlung steht im Vordergrund. Es ist mysteriös, überraschend und spannend. Kommende Publikationen in diesem Genre haben sich an dieser Geschichte zu messen. 🙂

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Mittwoch, 07. April 2010

Franka 20 – Die weiße Göttin

Filed under: Abenteuer — Michael um 11:43

Franka 20 - Die weiße GöttinRix ist tot! Dieser Satz kreist unentwegt durch Frankas Kopf. Rix ist tot! Bei der Jagd auf das Schwert von Iskander musste er durch den Angriff von skrupellosen Verbrechern sein Leben lassen. Abgrundtief traurig kehrt Franka aus der Türkei nach Amsterdam zurück, in die Obhut ihrer Familie, dort wo sie sich immer wohlgefühlt hat. Aber das genügt nicht. Franka ruft ihre Freundin Laura Lava an, ihres Zeichens Modeschöpferin und gerade schwer verliebt. Obwohl sie im siebten Himmel schwebt, bricht sie ihren Aufenthalt bei ihrem Geliebten Jamaica ab und macht sich auf den Weg in die Niederlande. Franka freut sich auf die Freundin, nicht wissend, dass Laura ausgerechnet in einen der Drahtzieher des gesamten Geschehens verliebt ist. Einen Mann, der auch nicht davor zurückschreckt, einen gedungenen Mörder auf Franka anzusetzen.

Mit Die weiße Göttin setzt Henk Kuijpers das Abenteuer fort, in dem seine Heldin Franka einen der größten Tiefschläge ihrer Comic-Karriere einstecken muss. Doch wie ihre Freundin Laura zurecht feststellt: Die schlägt zurück. Die stoppt nicht.

Henk Kuijpers lässt seine Franka nicht im Stich. Sie stürzt sich geradewegs in ihre Ermittlungen. Als Leser mag man diese Disziplin angesichts einer eben überwundenen Trauer bewundern. Doch Fehlanzeige. Auch Franka macht sich etwas vor. Auch Franka ist nur ein Mensch. Kuijpers jedenfalls vergisst nicht, Franka genügend menschliches mitzugeben. Allerdings bleibt für Trauer nicht viel Zeit, schon gar nicht wenn das eigene Leben auf dem Spiel steht.

Vor tollen Kulissen, angereichert mit vielen Einzelheiten agiert Franka bald schon wieder international. Die vielen Orte auf der Welt, die Franka während ihrer Abenteuer besucht, exotische Länder, ferne Küsten und fremde Kulturen, unterschiedliche Gesellschaftsschichten begründen die Faszination der Leser und den langlebigen Erfolg der Reihe. Henk Kuijpers ist immer ausgreifender geworden und hat Ansichten entwickelt, wie sie sonst nur in sehr fantasievollen Abenteuerfilmen und Thrillern zu sehen sind, aber bei weitem nicht in dieser Masse. Eine sehr schöne Szene spielt gar auf dem Kajütendach eines gesunkenen Schiffes, das wunderbar unter der Wasseroberfläche zu erkennen ist.

Kuijpers Interesse an Ausstattung äußert sich nicht nur in modernen Fahrzeugen oder Inneneinrichtungen. Auch ältere Fahrzeuge, so genannte Klassiker wie der Citroen DS, die Göttin, haben es ihm angetan. Und so ganz nebenbei bezieht Kuijpers auch noch die Entstehung eines Krimiklassikers, den Mord im Orient-Express, in seine Handlung ein. Dabei geht niemals der Handlungsstrang oder die Optik verloren. Trotz der Rückblicke, der kleinen Einschübe bleibt die Geschichte wunderbar in Schwung. Grafisch hat Kuijpers seine Technik vervollkommnet und unverwechselbar gemacht. Die vermeintliche Einfachheit des Grundstils wird durch die überbordenden Details mehr als wett gemacht.

Henk Kuijpers hat seinen eigenen Klassiker geschaffen: Franka bestreitet ihr 20. Abenteuer mit, im wahrsten Sinne des Wortes, Klasse und Ideenreichtum. Die Vorkenntnis von Band 19 ist hilfreich, doch den werden die Fans ohnehin haben. 🙂

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Dienstag, 06. April 2010

Baker Street 1

Filed under: Cartoon — Michael um 19:50

Baker Street 1Mrs. Hudson kocht so, wie sie es gelernt hat. Deftig. Mit Gedärm. Solange Holmes und Watson nicht wissen, was auf dem Teller liegt, ging alles gut. Jedenfalls bis zu jenem schicksalhaften Tag, als Mrs. Hudson unbedingt mit der Wahrheit herauskommen musste. Aber was sind schon Mrs. Hudsons Kochkünste gegen einen zünftigen Kriminalfall. Sherlock Holmes und sein Partner Dr. Watson müssen nicht lange warten, bis Inspektor Lestrade sich mit einer neuen Aufgabe einstellt. Zwar bemühen sich beide, dem nervigen Inspektor nach Möglichkeit aus dem Weg zu gehen, doch Holmes besondere Intelligenz wird vermutlich nur durch Lestrades Hartnäckigkeit übertroffen. Und so kommt es, wie es kommen muss. Sherlock Holmes ermittelt … und liegt komplett falsch.

Sherlock Holmes und Doktor Watson waren ein Traumduo der Kriminalgeschichte lange bevor Namen wie Hans Albers und Heinz Rühmann oder Robert Downey Jr. und Jude Law in die Rollen der passionierten Verbrecherjäger schlüpften. Nun haben sich vor rund 10 Jahren der Autor Pierre Veys und der Zeichner Nicolas Barral zusammengetan und die wirkliche Geschichte über das Wirken und Zusammenleben der beiden Ausnahmekriminologen zu erzählen. Herausgekommen ist ein Blick auf einen Detektiv, der weniger ist, als er zu sein scheint. Der um sieben Ecken denkt, wenn die Lösung gleich vor seiner Nase sitzt. Und hin und wieder von seinem immer wieder gedemütigtem Partner Dr. Watson übertrumpft wird.

Operetten-Detektiv! Die verschiedenen Geschichten im vorliegenden ersten Band der Baker Street Reihe werden zu einem großen Ganzen voller Humor und Anspielungen. Man versteht den Humor auch ohne die Geschichten des Originals gelesen zu haben, aber es ist eindeutig besser, sich ein wenig in der Welt des Sherlock Holmes auszukennen. Holmes weiß in den originalen Erzählungen sehr viel. Seine Aufklärungstechniken beruhen auf einem enormen Allgemeinwissen und einer Reihe von Experimenten und eigens erstellten Wissenssammlungen. Pierre Veys treibt dieses Wissen auf die Spitze. Es ist zu jeder Zeit abrufbar, es werden quer gegen jede Vernunft und Wahrscheinlichkeit Fälle rekonstruiert, die zwar spannend klingen, aber so nicht stattgefunden haben.

Holmes, in den Geschichten von Sir Arthur Conan Doyle zeitweilig aus Langeweile dem Kokain und Morphium zugetan, hat hier seinen geschätzten Watson durch seine gehässige und herablassende Art in den Suff getrieben. Dennoch: Einen gibt es, an dem Holmes zu scheitern droht, an dem sein enormes Ego zerbricht. Professor Moriarty. Dort, wo Pierre Veyes all diese Zutaten genüsslich, intelligent und urkomisch vermischt, setzt Nicolas Barral mit seinen Zeichenkünsten an und treibt die Szenerie auf die Spitze.

Nicolas Barral, Comic-Fans hierzulande auch durch die Geschichte um Philip und Francis bekannt (ebenfalls im Team mit Veyes), beherrscht den Funny-Strich exzellent. Zart, zerbrechlich, wie es sich oft bei den Großen dieser Stilrichtung findet entstehen hier komödiantische Szenen, in denen es auch abseits der eigentlichen Handlung einiges zu entdecken gibt. England, so scheint es aus der Sicht des Festlandes, ist ein Flecken für ein sehr skurriles Völkchen mit seltsamen Gewohnheiten und merkwürdigem Aussehen. Wenigstens was ersteres anbelangt, hat schon Sir Arthur Conan Doyle eifrig davon Gebrauch gemacht.

Very british: Sehr viel Humor, auch durchaus mal schwarz. Pierre Veyes und Nicolas Barral rütteln am Detektivdenkmal Sherlock Holmes. Dieser selbst gestellten Aufgabe kommen sie mit Fingerspitzengefühl, dem besten Sinn für Pointen und Karikaturen nach. Ganz prima, auch, aber nicht nur für Fans von Sherlock Holmes. 🙂

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Donnerstag, 01. April 2010

The Walking Dead 10 – Dämonen

Filed under: Horror — Michael um 18:40

The Walking Dead 10 - DämonenEinkaufen ist nach dem Fall der Welt etwas anders aus. Leise sein, schnell sein, den Weg frei schießen. Das ist Einkaufen. Und natürlich muss das Glück einem hold sein: Die gefundene Nahrung muss auch noch genießbar sein. Es ist Routine in die täglichen Verrichtungen auf der langen und beschwerlichen Reise eingekehrt. Sergeant Abraham Ford hat das Kommando übernommen. Zu gehorchen ist wichtig, niemand darf aus der Reihe tanzen. Der Sergeant liegt nicht so falsch mit seiner Taktik. Aber es kommt der Tag, da er beinahe einen großen Fehler begeht.

Etwas Hoffnung, aber kein Glück. Dafür eine Menge Schwierigkeiten. Nun hat in einer Welt, in der die Toten auf Erden wandeln, das Wort Schwierigkeiten eine vollkommen neue Bedeutung. Hat das Leben in dieser Welt überhaupt noch einen Sinn? Zwar haben sich einige Überlebende zusammengefunden, um einen neuen Weg aus dieser Misere zu finden, doch dieser Weg wird kein leichter sein (kleiner Scherz). Möglicherweise gibt es eine Art Gegenmittel, wenigstens eine Theorie über den Ursprung der Epidemie, doch darüber lässt uns der maßgebliche Charakter der Geschichte bislang im Dunkeln. Und Robert Kirkman, der Autor, auch.

Robert Kirkman, der Erzähler und Erfinder der Geschichte, darf sich, glaubt man den Meldungen, in diesen Tagen freuen. The Walking Dead findet nämlich auch einen Weg und zwar ins Fernsehen. Mit der 10. Folge verfolgt Kirkman im Comic den neu eingeschlagenen Weg nach dem Niedergang der kleinen Siedlung in einem ehemaligen Gefängnis weiter. An diesem Punkt existiert die Möglichkeit eines Neueinstiegs. Da viele Brücken sprichwörtlich hinter den Protagonisten abgebrochen sind, sind Vorkenntnisse nur noch begrenzt erforderlich. Wer sich allerdings von der hier vorherrschenden Spannung einfangen lässt, wird höchstwahrscheinlich auf die ersten neun Folgen nicht mehr verzichten wollen.

In The Walking Dead wird der Überlebenskampf einiger weniger Menschen in einer von Zombies überrannten Welt beschrieben. Zuerst gab es einen gewissen Enthusiasmus. Jetzt wendet sich das Blatt. Kirkman lässt seine Helden müde werden, auch lebensmüde. Inmitten ständiger Bedrohung und fortwährenden Leides geht einigen jeder Mut und jede Hoffnung verloren. Einige werden von ihren inneren Dämonen heimgesucht, bei anderen offenbaren sich Charakterzüge, die besser im Verborgenen bleiben. Das Dunkle in der Geschichte gewinnt mit dem zehnten Band eine neue Qualität.

Charlie Adlard, Nachfolgezeichner von Tony Moore, ist mit der Serie und an ihr gewachsen. Seine Bilder wirken gereifter, lebendiger, vielleicht auch, weil er die einzelnen Figuren bestimmt schon im Schlaf zeichnen kann. Dabei sind inzwischen mehr Charaktere wieder verschwunden, als überlebt haben. Rick Grimes ist optisch immer mehr zerfallen. In einigen Großaufnahmen nähert sich der Leser ihm an, beobachtet ihn und rückt doch von ihm ab, denn es fällt schwer Grimes als Sympathiefigur zu begreifen. In langen und vielen Kämpfen ist den Menschen ihre Menschlichkeit abhanden gekommen, ist das endgültige Vernichten zur Fingerübung geworden. Deshalb ist das vorliegende Titelbild mit einem blutverschmierten Grimes, einhändig angreifend, mit von Wut verzerrtem Gesicht die heimliche (optische) Überschrift der neuen Handlung.

Neben Angriffen von Untoten gestaltet Adlard auch den Angriff menschlicher Ungeheuer, der weitaus grausamer wirkt als eine spätere Überraschung, die Kirkman eingebaut hat, um zu verdeutlichen, woher die Reihe ihren Namen hat. Weiterhin ist die Serie in Graustufen koloriert. Das nimmt ein wenig den Schock aus den Bildern, aber eben nicht sehr, denn ebenso wie bei Frank Millers Sin City das Blut in Weiß daherkommt, so ist auch hier jedem bewusst, welche Farbe dieser oder jene Blutstoß, jene Wunde oder Fontäne wirklich haben.

Spannung und Hoffnungslosigkeit. Zwar gibt es eine neue Spur, doch mittlerweile sind die Figuren an einem Punkt angelangt, an dem ihnen das egal geworden zu sein scheint. Kirkman erzählt wie gewohnt gut, konsequent und zügig. Adlard ist aus der Reihe nicht mehr wegzudenken. 🙂

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