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Comic Blog


Freitag, 25. September 2009

Die schwarze Trilogie

Filed under: Thriller — Michael um 17:35

Die schwarze TrilogieDer Mann im Kittel: Eine Knollennase hält eine Brille mit kreisrunden Gläsern, hinter denen nur selten Augen zu sehen sind. Mit einer Mischung aus Argwohn und Belustigung beobachtet der ältere Mann mit dem unrasierten schmalen Kinn den viel jüngeren Paul. Aber ist der Mann auch real? Paul erblickt immer wieder ein Trugbild, eine Erscheinung, die ihn in noch in große Schwierigkeiten bringen wird. Bis dahin allerdings ist der Weg noch weit.

Das Leben ist zum Kotzen! Das ist nicht nur eine Feststellung der Hauptfigur der gleichnamigen ersten Geschichte der vorliegenden schwarzen Trilogie, man könnte es auch als generelle Überschrift aller drei Geschichten nehmen. Leo Malet (7.3.1909-3.3.1996), der Autor der Romanvorlagen dieser Comic-Adaptionen, ist kein unbeschriebenes Blatt. Mit seinen Romanen rund um den Privatdetektiven Nestor Burma hat er sich in der französischen Literatur verewigt. Über die Landesgrenzen hinaus wurde auch die Fernsehserie mit Guy Marchand in der Rolle des Titelhelden bekannt. Nestor Burma wurde bis in neue Jahrtausend hinein ausgestrahlt.

Ungleich tiefgründiger und düsterer ist die vorliegende Schwarze Trilogie, die Menschen am unteren Ende der sozialen Leiter zeigt. Mal sind sie Verbrecher, mal unverschuldete Arme ohne Hoffnung, mal sind sie Wahnsinnige, die sich immer mehr in ihre Taten verstricken und letztlich jede Hoffnung verlieren. Allen drei Geschichten ist zueigen, dass Malet seinen Figuren stets einen Knochen hinwirft. Mal handelt es sich um die Liebe, die in greifbare Nähe rückt oder die Freiheit, die Wirklichkeit werden könnte. Mal hängt beides sehr stark zusammen. Bereits nach der ersten Geschichte wird deutlich, dass Malet und der hier für die Adaption verantwortliche Phillippe Bonifay diese Stilmittel nur einsetzen, um den oder dem Helden nur um so nachdrücklicher in den verlängerten Rücken treten zu können.

Oftmals haben Autoren ein bestimmtes Verhältnis zu ihren Figuren. Sie lieben sie oder sie hassen sie. Malet seziert seine Figuren, mitleidlos, unter dem Mikroskop, wie in einem Versuchsaufbau, wie die berühmten Versuchskaninchen, mit dem Ziel sie versagen zu sehen. Allerdings kann ihm nicht nachgesagt werden, er würde auch nur ein Anzeichen von Freude darüber zeigen. Eher wird zwischen den Zeilen die Resignation deutlich, die vielleicht auch ein Zeichen der Zeit sind, in der die Romanvorlagen entstanden (1948-1949).

Die Comics selber transportieren dieses Gefühl der Verzweiflung, der Ausweglosigkeit mit großer Intensität. Gleich zu Beginn begegnet der Leser Jean, einem kleinen Gangster, der Gloria liebt, die unerreichbar für ihn ist. Jean steckt voller Eifersucht. Als selbst der Bucklige, ein Mitglied seiner Bande, eine Frau findet, die ihn liebt, wird es für Jean unerträglich. Von Hass zerfressen intrigiert er, tötet er, so lange, bis sein Weg zum Ziel frei ist und er sich doch in eine Sackgasse manövriert hat. Ein Psychoanalytiker, angelehnt an Sigmund Freud versucht der schwarzen Seele Jeans auf den Grund zu gehen, kann aber auch keine Lösung liefern, allenfalls Ausflüchte und scheitert am Ende an den Umständen. Hier gestattet sich Malet ein klein wenig Humor (der dunkelsten Sorte), der aber auf die Beobachter des Ganzen abzielt und nicht auf seine Charaktere.

Mit Jean kann auch der Leser kein Mitleid haben, mit Andre in der Episode Die Sonne scheint nicht für uns schon. Zwar verkehrt er in dubiosen Kreisen, doch er bemüht sich auszubrechen, als er mit Gina zusammenkommt. Sie sind das klassische Paar, das sich gesucht und gefunden hat. Und dem nur ein kurzes Glück vergönnt ist. Hier ließe sich Malet unterstellen, dass er seine Figuren wenigstens gemocht hat. Sicher kann man sich da aber auch nicht sein.

Youssef Daoudi zeichnet die Charaktere mit Härte, aber auch einer gewissen Zärtlichkeit, selbst jene, denen man als Leser kein Fünkchen Mitgefühl gönnen mag. Da findet sich eine Spur Giraud in den Bildern, aber auch Stalner. Daoudi ist um Realismus und Wiedererkennung bemüht. Da gibt es den leichten Strich ebenso wie die absolute Präzision. In den Geschichten selbst vollzieht sich auch ein Wandel. In der ersten Episode ist der Strich etwas schmaler, vielleicht auch an anderen, an Vorbildern orientiert. Am Ende ist es etwas ganz eigenes. Mit Angst im Bauch liefert Daoudi ein Meisterstück ab. Damie Callixte Schmitz stützt die Bilder mit der nötigen Kolorierung. Es wird etwas schattiert, Hintergründe werden feiner herausgearbeitet, um die Plastizität zu verstärken. Allerdings drängt sich die Kolorierung nicht in den Vordergrund und überlässt den Zeichnungen von Daoudi die Show.

Wer nichts gegen bissige Ansichten eines Autors hat, wer Düsternis aushalten und Hallo zur Tristesse sagen kann, der sollte einen Blick in diese abgründigen Balladen wagen, die sich durch ihre Thematik sehr wohltuend aus dem Comic-Genre hervorheben. 🙂

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