Zum Inhalt springen


Comic Blog


Sonntag, 29. März 2009

Benjamin – One Day

Filed under: Klassiker — Michael um 16:46

Benjamin - One DayDie Bombe explodiert, doch ihr Rauch manifestiert sich nicht in einem gigantischen Pilz, sondern in einem riesigen Herzen. Ein Lied soll nur eine begeistern, aber selbst das gelingt nicht. Benjamin ist ein malender Dichter.

Glaubt man den Bildern und den Texten Benjamins, und es besteht keinerlei Veranlassung das nicht zu tun, ist er ein Künstler durch und durch. Schwankend zwischen Kunst und Kommerz, zwischen dem Drang frei arbeiten zu können und der Notwendigkeit Geld für den Lebensunterhalt zu haben, liegt hier ein Werk von dichter Beobachtungsgabe vor. Hinter dem scheinbar ziellosen und sorglosen Verhalten von Teenies und jungen Twens ist die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenbruchs ebenso hoch wie in jeder anderen Altersgruppe auch.

Benjamin seziert eine Alterstufe im Leben der Menschen, in der es andere Schwerpunkte gibt, in die Kindheitsträume zerbrechen und der Realität weichen. Die gerade entdeckte Liebe begeistert längst nicht nur, sondern schießt scharf. Selbstfindung gepaart mit Egoismus kämpft mit dem Wunsch nach Zweisamkeit. One Day begleitet in einer Szene einen Hanns-guck-in-die-Luft. In den Straßen der Großstadt ist am Himmel jedoch mehr los als in alter Zeit. Ein Geräusch ist ständig präsent. Allein die Gebäude verbreiten durch ihre Unregelmäßigkeit bereits Hektik. Allerdings endet für den Helden der Geschichte der Weg nicht im Wasser. Ein Mädchen auf einem Balkon reißt den jungen Mann aus seiner Lethargie: Sie zeigt ihm den Stinkefinger, jedoch mit einem Lächeln.

Zum Schluss erwartet ihn auch noch der Stinkefinger des Schicksals, den jeder einmal in dieser oder jener Form zu sehen bekommt. Es ist ein Ende, auf das laut Benjamins Handlungskonstruktion die Wiedergeburt folgt. Es bleibt nur die Frage offen, ob der Held der Geschichte nach all der Eintönigkeit überhaupt eine Wiedergeburt will.

Freude? Nein. Freude ist in Benjamins Welten selten. Hoffnung gibt es immer wieder. Eine Blume, die den Sommer nicht erlebt, eine Geschichte über die Liebe, kommt gänzlich ohne Text aus. Sie lässt Raum für Interpretationen und sie hat, auf ihre Art, ein gutes Ende. Benjamin lässt selbst in seinen Erläuterungen, Nachwörtern und Essays Platz für eigene Gedanken. Er ist weit davon entfernt, seinem Leser etwas vorschreiben zu wollen. Er schließt nicht von sich auf andere. In seinem Universum steht er im Zentrum. Er ist nur sich Rechenschaft schuldig. Das klingt so einsam wie die Ausstrahlung und Aussage mancher seiner hier vorliegenden Geschichten und Bilder. (Eigentlich ist es gerade in diesem Band so etwas wie eine heimliche Überschrift: Einsamkeit.)

Ist diese Einsamkeit in seinen Schwarzweißgeschichten bereits sehr stark ausgeprägt, knallt einem dieser Aspekt in seinen farbigen Grafiken geradezu ins Gesicht. Benjamin arbeitet mit einem gelungenen Pop-Realismus. Er setzt das Gesicht eines Menschen gerne ins Zentrum eines Bildes, gibt ihm die höchste Ausdruckskraft, während die Umgebung verwischt oder in Unschärfe verschwindet. Benjamin liebt die Blicke seiner Figuren, die er in Portraitbildern häufig den Betrachter ansehen lässt. Aber er lässt die Blicke auch gerne Richtungen vorgeben und Konfrontationen aufbauen. Ein Bild, das den Betrachter ansieht, macht es den Menschen vor der Leinwand schwieriger, sich dem Werk zu entziehen. Mitunter findet man Zweifel, Trauer, Schüchternheit, auch Unschuld in den Blicken.

Diese Augenblicke werden von einer Farbpalette unterstrichen, die äußerst grell ist. Pink kracht Meerestöne, Benjamin scheint die Neonbeleuchtung der Großstadt in seinen Bildern auffangen zu wollen. Im Buchformat sind die Grafiken eindrucksvoll, in Lebensgröße auf einer Leinwand würden sie den Besucher einer Galerie aus den Schuhen hauen.

Das Debut-Album von Benjamin zeigt bereits in dieser frühen Phase, wohin der Weg geht. Zu Beginn gibt es noch ein paar Schwächen, die sich nach Umstellung auf Farbe zu verlieren beginnen. Ein trauriger Blick auf die Jugend im Reich der Mitte, durchzogen von Hoffnung. Gut, aber nichts für einen düsteren Tag. 🙂

Benjamin, One Day: Bei Amazon bestellen

Keine Kommentare »

No comments yet.

RSS feed for comments on this post. | TrackBack URI

Leave a comment

You must be logged in to post a comment.