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Comic Blog


Mittwoch, 28. Mai 2008

Die Blueberry Chroniken 9 – Tsi-Na-Pah

Filed under: Abenteuer — Michael um 20:20

Die Blueberry Chroniken 9 - Leutnant Blueberry - Tsi-Na-PahAm Trading Post machen sich Tolson und seine Männer einen Spaß daraus, auf Indianer zu schießen. Die Angehörigen der Armee sind zwar empört, aber ihnen fehlt es ganz eindeutig an Durchsetzungskraft. Anders die Indianer: Sie wollen die Schmähungen nicht länger hinnehmen und ersinnen einen listigen Plan, um sich zu rächen.
Als eine Postkutsche im Trading Post hält, denken sich Tolson und seine Männer nichts Böses. Doch die Passagiere sind alles andere als harmlose Reisende.

Die 9. Ausgabe der Blueberry Chroniken beschäftigt sich mit einer der dunkelsten Seiten der amerikanischen Geschichte. Immer weiter zurückgedrängt, wissen viele Indianer nicht mehr ein noch aus. Einige lehnen sich auf, andere fliehen, wieder andere geben sich auf. Mit den Geschichten Gebrochene Nase, Der lange Marsch und Der Geisterstamm, zusammengefasst unter dem Titel Tsi-Na-Pah, erzählen Jean-Michael Charlier und Jean Giraud das spannende Schicksal des Stammes, bei dem Blueberry nach seiner Flucht vom Attentatsort auf den Präsidenten der Vereinigten Staaten Zuflucht fand.

Die Chiricahua, bei denen Blueberry Unterschlupf findet, gehören zu den Apachen-Stämmen, die durch die amerikanische Geschichte (und einen bekannten Erzähler namens Karl May) besonders bekannt sind. Bereits früh wurde ein Blueberry gezeigt, der sich auf die Indianer als gleichberechtigte Gesprächs- und Verhandlungspartner einlässt und nichts auf die vorherrschenden Ansichten der Weißen gibt.
In dieser Trilogie verstärkt Charlier diesen Aspekt noch, indem er Blueberry auch in den Sitten und Gebräuchen des Stammes aufgehen lässt. Sein Kampf gegen den Adler, den er nur vollzieht, um eine indianische Frau zu beeindrucken, spricht Bände.

Wie wenig Eindruck er – ebenso wie Vittorio, sein indianischer Rivale – dabei hinterlässt, ist einer der gelungenen humoristischen Einsprengsel in diesen drei Geschichten, die es bei aller Dramatik und Tragik gibt.
Ob sie weiß sind oder rot, die Männer sind Dummköpfe! Der eine bringt mir einen Revolver mit, der andere einen stinkenden Geier, und dann wollen sie, dass Chini ihnen um den Hals fällt.
Ein moderner Zeitmesser wäre Chini lieber, die sich hier durch Mut und Weitsicht als moderne amerikanische Frau darstellt.

Weder erzählerisch noch optisch ergehen sich Charlier und Giraud sich im berühmten edlen Wilden, denn beide stellen auch ganz klar: In der Verzweiflung ist für Edelmut kein Platz, allenfalls für einen letzten Rest Vernunft.
Trotzdem mag man als Leser den Eindruck gewinnen, dass die Figuren allgemein etwas schöner geworden sind. Blueberry sind wieder die Haare gewachsen (die ihm während seines Gefängnisaufenthalts gestutzt worden waren) und selbst Mikes alter Freund Jimmy und auch Red Neck sehen besser aus. Im Vergleich zu vorhergehenden Ausgaben wurde der Strich noch leichter geführt, feiner, zierlicher, zum Teil wie eine ganz eigene Rasterimitation aussehend.

Insgesamt mag sich Charlier selbst nicht einig gewesen sein, wie er seinen Stamm nun zuordnet – Navajo oder Apachen – letztlich aber schildert er sie sehr behutsam, freundlich, auch Mitleid erregend. Es besteht gar keine Frage, auf welcher Seite die Sympathien dieser Geschichte liegen, obwohl mit Vittorio ein recht unbequemer Zeitgenosse eine der Hauptfiguren ist. Und das ist noch sehr vornehm ausgedrückt. Andere würden einfach sagen, dass es sich bei Vittorio um einen halsstarrigen Idioten handelt.
Aber solche Gestalten gibt es auf beiden Seiten. Egg Head und auch Wild Bill Hickok sind äußerst unverträgliche Zeitgenossen. Ersterer ein Indianerhasser ohne Grenzen, letzterer wird als Dandy mit Kopfgeldjägerambitionen gezeigt.

Charlier weicht von den realen Ereignissen des Wilden Westens im Sinne einer spannenden Geschichte ab, ohne den Kern der Historie zu verfälschen.
Im Gegenzug scheint es, als würde er die Odyssee auf amerikanische Verhältnisse übertragen. Nirgends sicher fliehen Blueberry und seine Freunde immer weiter und lassen sich stets neue Pläne einfallen, um zu entkommen. So ist eine sehr verschachtelte Trilogie entstanden, die auch alte Bekannte wie Jimmy oder Chihuahua Pearl zurückholt. So finden sich ebenfalls beste Voraussetzungen, um Girauds Gestaltungsfreude aus der Reserve zu locken. Zur Freude des Lesers sind dadurch grandiose Eindrücke entstanden.

Der Postkutschenüberfall, Mikes Kampf mit dem Adler und sein Aufenthalt bei den Chiricahua, Pearls Hilfestellung bei Blueberrys Flucht und einige Szenen mehr haben Vorbildcharakter, nicht nur auf zeichnerischer Ebene, sondern generell für einen schönen Bildaufbau und einen guten Sinn für Perspektive.

Ein aussichtsloser Kampf, eine packende Flucht. Charlier ist ein mitreißendes Western-Spektakel geglückt, in dem die Weißen die Bösen sind. Ein dunkles Kapitel amerikanischer Geschichte, dank der Bilder von Giraud eine tolle Abenteuertrilogie. Eine der besten. 😀

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