Zum Inhalt springen


Comic Blog


Samstag, 12. April 2008

Whiteout 2 – Melt

Filed under: Thriller — Michael um 18:19

Whiteout 2 - MeltDie Antarktis. Eine entmilitarisierte Zone. Eigentlich. Offiziell. Hinter so manchem Deckmantel, so mancher Tür, die angeblich zu einer Forschungseinrichtung führt, sieht es anders aus. In der Antarktis war der Krieg schon immer kalt.
Als US-Marshal Carrie Stetko ihren Urlaub in der Wärme Neuseelands genießt, ahnt sie noch nicht, wie schnell sie wieder im ewigen Eis unterwegs sein wird. Ihr neuer Fall ist nicht nur spektakulärer als der letzte, sondern er bringt ihr auch eine einzigartige Gelegenheit. Erledigt sie alles zur Zufriedenheit, kann sie runter von diesem verdammten Eisklumpen!

Die Antarktis ist eine fremde Welt, ein Stück außerirdischen Lebensraumes, allerdings ist die Definition von Lebensraum hier völlig anders zu interpretieren. Der Schwerpunkt liegt auf Raum und die Aufgabe, die Carrie in dieser eisigen Einöde zufällt, ist keine geringere als die, einige Atomsprengköpfe wiederzubeschaffen. Diesmal wartet nicht kriminalistische Kleinarbeit auf die resolute Polizistin, sondern eine handfeste Jagd, an deren Ende nicht nur skrupellose Verbrecher, sondern auch ehemalige Angehörige einer russischen Spezialeinheit warten.

Zieht man die Spannung in Betracht, mit der dieser Thriller aufwarten kann, dann geht es in der Tat heiß her. Insofern ist der Untertitel Melt gut gewählt.
War der erste Teil von Whiteout trotz seines entlegenen Szenarios nichts für klaustrophobische Gemüter, gehen Greg Rucka und Steve Lieber nun den entgegen gesetzten Weg und verlieren sich in der Weite der Antarktis.

Die weiten Flächen mögen gefahrlos wirken – sieht man einmal von den unendlich erscheinenden Flächen ab – doch in Wahrheit kann jeder Schritt den Tod bedeuten. Dies müssen auch die ehemaligen Speznaz-Kämpfer sehr schnell feststellen, die sich eigentlich als Herren der Lage wähnten. Dass diese Kämpfer aber auch von anderem Kaliber sind als einfache Mörder, auch das muss Carrie bald in ihr Tagebuch schreiben.

Greg Rucka spielt mit dem Genre. Besonders für Thriller-Freunde ist sehr schön, wie Rucka Altbewährtes neu mischt, Gegensätze aufbaut oder auch Bekanntes auf den Kopf stellt. Eine Beamtin im Rang eines US Marshals am Ende der Welt, eher klein, von ihrem Job angenervt, übernimmt die Ermittlungen in einem Fall, der internationale Ausmaße hat. Sie ist der Jäger. Das Wild sind schwer bewaffnete Soldaten, ausgebildete Kämpfer, die keine Skrupel haben, ihre eigenen Leute zu töten. Wie in einem Western ist das Land der zweite Gegner.
Unwillkürlich erinnert man sich als Leser vielleicht an Szenarien wie Der schwarze Falke oder Eisstation Zebra. In beiden Filmen spielt die Landschaft eine große Rolle. John Wayne ist zwar nicht Carrie, aber auch sie ist auf der Suche. Sie drang gemeinsam mit anderen Menschen in diese Lebensfeindliche Welt vor, am Ende geht sie allein ins Nirgendwo, wie ein Sheriff, der seine Aufgabe erfüllt hat und erst wieder gebraucht wird, wenn es Ärger gibt.

Altmeister Alistair MacLean schrieb die Vorlage für Eisstation Zebra, eine Agentenhatz an den Nordpol, wo ein russischer Spionagesatellit abgestürzt ist. Zieht man als Leser Parallelen zur Geschichte von Greg Rucka, ließe sich behaupten, dass Rucka in die Fußstapfen eines Großen tritt und das altmodische Thriller-Abenteuer zurückbringt. Dieses besitzt zwar Action, ist aber in erster Linie elegant inszeniert und erzählt.

Die Antarktis ist nicht schwarzweiß, aber sie dürfte dennoch eine Welt sein mit ganz eigenen Farbeindrücken. Wieder hatte Steve Lieber die Aufgabe diese Welt zu Papier zu bringen.
In feinen Einleitungen kommt, um es so auszudrücken, auch die Antarktis persönlich zu Wort, indem von ihrer Historie erzählt wird, genauer von den Momenten, in denen der Mensch versuchte sie zu erobern, sich an ihr zu messen. Fast wünschte man sich, der spannende Beginn um das Wettrennen zwischen Amundsen und Scott würde noch ausführlicher erzählt. – Vielleicht auch ein neuer Ansatz, um echte Geschichte noch interessanter zu machen.

Das wirklich Schöne – auch insgesamt – ist der Mut, mit dem Lieber zu Werke geht. Er schießt sich nicht auf eine bestimmte Technik ein. Er probiert weiter aus, so wie er es schon im ersten Teil tat. Auch der Erfolg hat ihn von dieser Vorgehensweise nicht abbringen können. Daher lässt sich auch nie sagen, was einen auf der nächsten Seite erwarten wird. Sind es Rasterfolien, feine Tuscheschraffuren oder grobe Pinselstriche, wurde mit dem Bleistift oder mit Kohle über die Zeichnung gerieben oder setzt er nun fette Schwarzflächen und rasante Bewegungsstriche ein. Steve Lieber zeichnet, wie es seiner Meinung nach gerade passt. Das Auge muss sich immer wieder neu einfinden – so wird die Zeichentechnik letztlich, wie es die Beleuchtung in einem Film erreichen kann, zum spannungssteigernden Element.

Auch in der Fortsetzung können sich Greg Rucka und Steve Lieber noch einmal steigern, indem sie das bisherige Konzept auf den Kopf stellen und ihre Arbeitsweise verfeinern. Kampf gegen die Elemente, gegen Terroristen, gegen sich selbst – Carrie Stetko dürfte eine der gelungensten Frauenfiguren im Thriller-Genre der letzten Jahre sein. 🙂

Whiteout 2 – Melt: Bei Amazon bestellen

Keine Kommentare »

No comments yet.

RSS feed for comments on this post. | TrackBack URI

Leave a comment

You must be logged in to post a comment.