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Comic Blog


Freitag, 11. August 2006

Smoke – Good Boys Grow Up To Be Soldiers

Filed under: SciFi,Thriller — Michael um 17:45

Smoke - Good Boys Grow Up To Be SoldiersLondon, The Big Smoke im Volksmund, ist ein Moloch geworden. Terror von oben, Armut von unten, Irre aus der Mitte, nichts stimmt mehr im bekanntesten Königreich der Welt.
Rupert Cain war einmal ein respektables Mitglied der englischen Gesellschaft. Bis zu seinem Geburtstag, als eine Bombe sein Leben zerstörte. Wir schreiben die Zukunft. London erfüllt seine Vorurteile. Walled City, auch Soho genannt, ist endgültig ein Auffangbecken für den Bodensatz der Gesellschaft geworden. Hier ist Cain zu Hause. Für Menschen wie ihn ist es der sicherste Platz der Welt, denn der Teufel verunreinigt nicht das eigene Heim. – Außerdem ist es der einzige Flecken Erde, auf dem ein Albino wie Cain nicht schräg von der Seite gestarrt wird.

Nicht mehr viele Verbindungen existieren zu Cains altem Leben. Aber eben jene Verbindungen sind Cain heilig. Als eines Tages ein Freund aus jener Zeit umgebracht wird, die ihm aus heutiger Sicht die schönste scheint, zerbricht etwas in ihm. Cain beginnt damit, Nachforschungen anzustellen.
Der Ausblick in die Vergangenheit wird für ihn äußerst schmerzhaft. Alte Wunden werden aufgerissen.

Unabhängig von Cain nimmt das Chaos seinen Lauf. Der Vorsitzende der OPEC, Morales, ist zu Gast in Großbritannien. Das Königreich bettelt um mehr Öl, während das englische Königshaus seinen Rausch im eigenen Erbrochenen und inmitten von Huren ausschläft. Und da der Teufel Soho in Ruhe lässt, wählt er den Rest von London für seine Zwecke aus. Eine terroristische Vereinigung, die für sich das Recht in Anspruch nehmen möchte, auch schön zu sein, entführt den OPEC-Vorsitzenden. Spätestens jetzt wird aus London ein Irrenhaus.

Smoke – Good Boys Grow Up To Be Soldiers ist ein Blick in eine Zukunft, die so abwegig bei genauerer Betrachtung nicht erscheint. Die Trennung zwischen Arm und Reich ist stärker denn je. Maßstäbe von Reichtum, Macht und Schönheit bestimmen das tägliche Leben und die Schicksale der Menschen.
Die Autorin Alex de Campi nimmt in dieser Geschichte kein Blatt vor den Mund. Dieses London scheint in naher Zukunft erkennbar. Slums, wie mit Soho beschrieben, sind nicht abwegig. Der englische Königsspross ist dekadenter als alles, was sich derzeit in den europäischen Königshäusern tummelt. Butler sind englischer, als es die Queen erlauben würde – wie ein Hof-Butler einen unanständigen Antrag in vornehmes Amtsenglisch übersetzt, ist ein echter Brüller.
Damit nicht genug. De Campi setzt die Bilder einer Fasanenjagd denen eines Attentats gegenüber. Vielleicht ungewollt, vermitteln die Bilder der Jagd das Gefühl des Attentats. Der Jäger ist zuerst skeptisch, macht sich Gedanken, ob das Gewehr vielleicht sogar zu laut sei, schließlich spricht sein Gesicht Bände: Es macht ihm höllischen Spaß, als die Fasane ringsum ihn zu Boden prasseln.
Cain, der Attentäter, der diese Gefühle möglicherweise auch hegt, entschuldigt sich nach der Tat bei seinem Opfer.

London ist ein wichtiger Protagonist in diesem Szenario. Better Living Through Chemicals verspricht ein Werbeplakat. Oder Mrs. Beaton’s Ready Meals – Because Fresh Food Has Germs! – verkehrte Welt. Wo es an Öl zur Energiegewinnung fehlt, dominieren künstliche Nahrung und Chemikalien aus dem Land des größeren Verwandten USA.
Schlank- und Schönheitswahn sind schuldig daran, dass sich eine terroristische Vereinigung gebildet hat, die ihre Schönheit(schirurgie) mit Gewalt erzwingen will, da sie sich die Kosten nicht leisten können.
Ausgerechnet ein Auftragsmörder ist in dieser Geschichte die normalste und ehrlichste Figur – und bringt dies auch durch das Weiß seines Äußeren zum Ausdruck.

Für die zeichnerische Umsetzung ist Igor Kordey verantwortlich. Er war bereits in den verschiedensten erzählerischen Universen unterwegs: Star Trek, Batman/Tarzan oder X-Men. Kordey verschafft der Geschichte ein beinahe dokumentarisches Leben, arbeitet ein wenig wie ein Zeichner, der Momentaufnahmen dieser Welt abliefern musste. Sein Zeichenstil ist schnell, skizzenhaft, immer auf dem Punkt.
Das verstärkt den Blick auf dieses äußerst pessimistische Zukunftsbild.
Interessant wie unterschiedlich Kordey die beiden Hauptkiller dieser Geschichte gestaltet. Während Cain eher ein Todesengel ist, irgendwie rein in dem, was er macht, ist die Anführerin der Terroristen eine Art überzüchteter Sinéad O’Connor, ohne gesangliches Talent, dafür mit einer gehörigen Portion brutalem Durchsetzungsvermögen ausgestattet.

Persönliches Fazit: Ein sehr durchdachter, sehr gut konstruierter Thriller mit Science Fiction- und einer Menge Satire-Elementen, die eine verdammt spannende Handlung ummanteln und in perfektem Artwork präsentiert werden. 😀

Links: Alex de Campi Homepage

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