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Comic Blog


Mittwoch, 27. Dezember 2006

Tosca

Filed under: Thriller — Michael um 21:49

TOSCADas Leben des jungen Mannes bricht mit einem Schlag zusammen. Sein Bruder stirbt an einer Überdosis Drogen. Seine Mutter begeht wenig später Selbstmord. Für den jungen Mann gibt es nur eine Lösung: Die beiden Dealer, von denen sein Bruder seine Drogen kaufte, müssen sterben.
Das Rechtssystem hält nicht viel von Selbstjustiz. Der junge Mann wird kurz nach der Tat gefasst. Die Strafe folgt auf dem Fuße. Er wird zum Tode verurteilt.
Er hat bereits mit dem Leben abgeschlossen, da überlegen sich einige Männer bei der DEA, der amerikanischen Drug Enforcement Administration, dass der junge einen idealen Undercover-Agenten abgeben würde – nicht zuletzt, weil er einem Sohn des Tosca-Clans, einer führenden Mafiosi-Familie, sehr ähnlich sieht. Diese Chance darf nicht ungenutzt bleiben.

Und wer die Wahl hat zwischen der Todeszelle und einem kurzzeitigen Leben als Mafiosi mit der Chance, anschließend ein neues Leben zu beginnen, wird nicht lange überlegen: Wenn etwas schief läuft, wartet der Tod so oder so.

Der junge Mann stimmt zu und beginnt sein Training. Er erwirbt das Gedächtnis eines völlig Fremden. Ein paar kosmetische Operationen machen die Tarnung perfekt. John Tosca, den es auszutauschen gilt und der sich von seinem Vater losgesagt hatte, stirbt unerwartet. Fortan gibt es einen neuen John Tosca, einen, der sich wieder mit seinem Vater versöhnen möchte.

Die Tosca sind nicht mehr so mächtig, wie sie einmal waren oder wie sie es gerne sein möchten. Don Paliacci, ein eingefleischter Sizilianer, streckt seine Hand auf den amerikanischen Markt aus. Dabei sind ihm die Toscas im Weg. Für John Tosca bedeutet dieses Anliegen eine Chance – eine, mit der niemand gerechnet hat, auch nicht die DEA.

Das neue Leben ist gefährlich, aber auch reizvoll und aufregend. Nicht jeden Tag erhält man die Gelegenheit, die schöne Tochter eines reichen Mannes zu heiraten und so die Karriereleiter hinauf zu fallen. So manches könnte schön sein, wäre nicht die schöne Tochter Angelina ein Flittchen und ihr zwischenzeitlicher Geliebter ein recht humorloser und gemeingefährlicher Killer Don Paliaccis namens Cicero.
Vor dem Hintergrund einer verdeckten Operation entspinnt sich eine tödliche Dreiecksgeschichte.

Tosca ist ein Mafia-Thriller im Comic-Format, der mit den besten Vertretern des Genres, aus Roman wie auch aus Film, auf gleicher Höhe angesiedelt ist. Das Team um Autor Stephen Desberg, Zeichner Francis Vallès und Koloristin Marie-Paule Alluard hat hier eine sich stetig steigernde Geschichte rund um Verrat und Liebe zu Papier gebracht.
Im Original erschien Tosca über mehrere Alben verteilt, wird aber in der Ausgabe des Epsilon-Verlages in einem Band präsentiert.

Grafisch ist hier ein wunderbar kunstvolles Comic-Album gelungen. Mit wenigen, aber aussagekräftigen und exakten Strichen sind hier sämtliche Charaktere eingefangen worden. Francis Vallès zeichnet Menschen, die ein wenig Soap-Charakter haben, reich und schön sind, jedoch steckt hinter der Fassade nur Habgier und Missgunst – das Familiäre der Mafia wurde von ihm geradezu ästhetisch gezeichnet, um so erschreckender wirkt die Gewalt, wenn sie ausbricht.
Insgesamt sind die Zeichnungen überaus realistisch. Das Medium Comic wird hier zudem stark in die Nähe des Mediums Films gerückt. Viele Szenen kommen ohne Dialoge aus. Seien es Verfolgungsjagden oder Action-Szenen, aber auch atmosphärische Szenen wie in der Oper und auf dem Landsitz der Paliaccis.
Bei allem, was der Killer Cicero sagt, die rechte Hand von Don Paliacci, sind doch die Szenen die beeindruckendsten, wenn Cicero nichts sagt. Entweder geht er dann seiner Arbeit nach oder dreht regelrecht durch.

Unter dem Strich lässt sich Tosca auch als Hochglanz-Thriller titulieren. Verantwortlich für diese Atmosphäre ist auch die farbfederführende Marie-Paule Alluard. Ihre Farben verwandeln diese Geschichte in eine Theaterbühne, strukturiert mit klaren Farben. Sie stützen die Zeichnungen sehr schön, untermalen sie im Aquarell-Stil, so dass es zu feinen sehr natürlichen Effekten kommt.

Autor Stephen Desberg erzählt ohne Umwege – und führt damit den Leser ein ums andere Mal auf’s Glatteis. Denn, wer glaubt, den nächsten Schachzug der Charaktere zu kennen, der wird gehörig getäuscht. Der Schluss wartet ebenfalls mit einer Überraschung auf, nachdem es immer wieder Wendungen gegeben hat, die so nicht vorher zu sehen waren.

Ein perfekter Comic-Thriller, geradlinig erzählt, mit vielen Überraschungen und einer sehr sympathischen Hauptfigur – spannende Unterhaltung vom Feinsten. 😀

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Samstag, 04. November 2006

Jimmy Wynberg – Der Niedergang der Weißen

Filed under: Abenteuer — Michael um 17:22

Jimmy Wynberg - Der Niedergang der WeißenJimmy Wynberg besucht in den Ferien gute Freunde in Afrika. Die Aussicht, nach dem Ende der Ferien wieder nach Europa zurückzumüssen, reizt ihn überhaupt nicht. Zunächst genießt er seine letzten Ferientage, aber dann gerät er ihn höchste Gefahr.

Auf der Farm seines Freundes Schatzy fühlt er sich außerordentlich wohl. Inmitten dieses wundervollen Landstrichs möchte Schatzy eine Herberge einrichten. Die ersten Gäste, eine Frau mit einer Tochter in Jimmys Alter, mögen ihre Unterkunft. Jimmy freundet sich sogar mit Helene, dem Mädchen an, aber er muss feststellen, dass seine Vorstellungen von den Menschen dieses Landes gänzlich andere sind als von Helene. Ihre rassistische Einstellung kann er nicht leiden. Die beginnende Freundschaft endet so schnell, wie sie begann.

Da trifft es sich, dass Jimmy von Minister M’Boula eingeladen wird. In Europa hatte Jimmy das Glück sich mit dessen Sohn Napoleon anfreunden zu können. Jimmy freut sich sehr auf das Fest. Aber das Wiedersehen mit Napoleon fällt nicht so aus wie erwartet. Die Kluft zwischen Schwarz und Weiß, kulturelle Missverständnisse tun sich immer wieder grundlos auf – auch zwischen den Freunden.
Die Annäherung zwischen den Kulturen, von Minister M’Boula gefördert, stoßen nicht bei allen auf Entgegenkommen. Viele haben sich mit den alten verkrusteten Strukturen abgefunden, nutzen sie zu ihrer persönlichen Bereicherung aus. Bald ist Jimmy in eine Intrige verwickelt, in der es für ihn um das nackte Überleben geht. Denn obwohl er noch jung an Jahren ist, hat er sich bereits mächtige und skrupellose Feinde geschaffen.

Jimmy Wynberg – Der Niedergang der Weißen ist ein vollkommen klassisch frankobelgisch erzähltes und gezeichnetes Abenteuer. Zeichner Daniel Desorgher wuchs bis zum Alter von 12 Jahren im Kongo auf. Zusammen mit Autor Stephen Desberg bringt er eine Geschichte zu Papier, die den schmalen Grat der Verständigung recht gut inszeniert.
Nichts ist wirklich schwarz oder weiß, genauer, gut oder böse. Eine Seite verdammt die andere, ohne genaues Wissen oder auch wider besseres Wissen. Wer verletzt wird, warum auch immer, zieht sich schnell auf das Gebiet der Vorurteile zurück, denn dort kann er sich sicher wähnen. Man kann sich dort auf seine Gefühle verlassen und muss nicht nachdenken.
So ergeht es Napoleon, Minister M’Boulas Sohn, der wütend über Jimmys schlechte Gewinnermentalität ist. Sicher kann sich ein Gewinner freuen, doch er sollte sich hüten, den Verlierer runterzumachen. Napoleon deutet Jimmys Freude denn auch als weißes Geschwätz.

Ein wenig erinnerte mich der vorliegende Band, dessen Vorgänger noch in einem anderen Verlag erschienen, an eine Episode aus Peter und Alexander bei einem ihrer Ausflüge nach Afrika. Das Abenteuer-Duo, das mit ihrem Papagei, unterwegs ist, weist einen ähnlichen Zeichenstil auf. Außerdem erinnert Schatzy, Jimmys Mentor in Afrika, sehr an Nero aus Die Abenteuer von Nero und Co. Ob es tatsächlich Parallelen zu diesen doch recht alten Vorlagen gibt oder nicht, sei dahingestellt, der Stil mag altmodisch sein, aber er ist auch erfrischend geradlinig. Keine Schnörkel, keine Experimente, es ist eine zeichnerische Gestaltung, in der sich ein Leser sofort heimisch fühlen kann.

Die Erzählung ist so angelegt, dass sie sich ab einem gewissen Zeitpunkt von einem Schülererlebnis zu einem Abenteuer, fast einem Thriller wandelt. So gesehen, erinnert die Handlung an frühere Weihnachtsvierteiler. Es ist eine Geschichte für die ganze Familie und jede Altersstufe. Ein bißchen erzieherisch vielleicht, aber immer unterhaltsam und spannend. 🙂