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Comic Blog


Donnerstag, 16. April 2009

Die Blueberry Chroniken 12

Filed under: Abenteuer — Michael um 12:31

Die Blueberry Chroniken 12 - Das DuellClum hatte nichts Böses im Sinn. Im Gegenteil: Er wollte die Betroffenen warnen, schaffte es aber nicht. Seine Leiche wird bald nach seiner Ankunft in Tombstone in einem Korridor des Saloons gefunden. Und das ist erst der Beginn von Mord und Totschlag, wie es selbst diese kleine und heruntergekommene Stadt noch nie gesehen hat.

Blueberry ist alt geworden. Gut, er ist, was seine Lebensdauer auf dem Comic-Markt angeht, tatsächlich alt geworden (was gut ist, denn Langlebigkeit steht hier auch für Erfolg), aber er ist auch in der Geschichte alt geworden. Sein Gesicht ist nach der Schussverletzung hager und ausgezehrt. Weiße Haare zieren seine Schläfen. Er glaubt sich zwar auf dem Weg der Genesung, doch sein Körper will nicht so, wie er gerne hätte. Es kommt zu Zusammenbrüchen und Bewusstlosigkeiten. Jean Giraud führt dem Leser einen gewachsenen Helden vor. Blueberry gehört nicht zu den Figuren, die ein Abenteuer nach dem anderen erleben und sich nicht ändern.

Blueberry erzählt hier nicht nur seine eigene Geschichte fort (für einen Schriftsteller, der Blueberrys Biografie auf den Markt bringen will), er greift auch dank Giraud in gelebte Geschichte ein. Das berühmte Duell am OK Corral zwischen den Brüdern Earp (und Doc Holliday) und den Clantons ist ein zentraler Punkt der Handlung, die hier in den beiden Episoden OK Corral und Dust zum Ausdruck kommt. Inzwischen war dieses legendäre Duell Inhalt mehrerer Kinofilme und eine ganze Reihe von Hollywood-Größen hat sich an der Darstellung von Wyatt Earp und Doc Holliday versucht. Jean Giraud greift das tatsächliche Geschehen und die einzelnen Charaktere mit lockerer Hand auf. Authentizität ist nicht gefragt, der Unterhaltungswert steht im Vordergrund.

So mischt Giraud munter bestehende Elemente mit frei erfundenen und kreiert eine Geschichte, die vor Intrigen, Winkelzügen und Nebenhandlungen nur so zu wimmeln scheint. Die drei Earps und Doc Holliday erfahren vom Eintreffen der Clantons und McLaurys, doch die Falle dahinter wittern sie nicht. Aus dem Wissen um die Falle im Hintergrund wird eine Hatz, ein Krimi, eine Rettungsaktion sowie eine Flucht eines vollkommen Wahnsinnigen, der mit seinen Phantasien um seinen Vater, den Drachen, an die Figur des Dolarhyde aus Roter Drache. Aber gerade dieser irre Killer, der so gar nicht in einen Western zu passen scheint, macht aus einem Teil der Geschichte etwas besonderes. Wenn sich die erschreckte Menge bei Ansicht des Verrückten, der sich wie ein Skelett angemalt hat, hinter ihren Pastor stellt, werden sogar leichte Parallelen zu Silbermond über Providence sichtbar.

Ein anderer Teil der Geschichte beschäftigt sich mit Blueberrys Erlebnissen an der Seite von Geronimo. Diese Erzählungen, die er dem Autoren Campbell beschreibt, finden sich im Band Apachen vollständig zusammengefasst. Dort allerdings wurden die einzelnen Bestandteile noch durch neue Grafiken miteinander verbunden. Das Ergebnis ist der spannenden Handlung angemessen. Giraud stellte sich mit der ursprünglichen Zersplitterung dieser Episode aus Blueberrys Leben selbst ein Bein.

Es ist toll, die künstlerische Entwicklung von Jean Giraud zu beobachten, der als Moebius zu einem klaren Minimalismus fand und irgendwann viel von dem verloren zu haben schien, was ihn einmal ausmachte. Im vorliegenden Band hat er einen guten Mittelweg gefunden. Seine klassische Tuschearbeit verschmilzt mit Vereinfachung, jugendstilartigen Bildern. Sehr genau angelegte Linien bestehen neben Stricheleien von damals. Strahlende Farben machen aus dem Wilden Westen ein intensives Seherlebnis und reißen die Menschen von einst aus ihrer Angestaubheit, machen sie lebendig. Heraus kommt ein Augenschmaus und ein Zückerchen für Western-Fans.

Die Kreise schließen sich. Blueberry ist bankrott, aber, wie er mit einem Lachen feststellt, am Leben. Das genügt. Ist er auch gealtert, ist er auch noch sympathischer geworden, ein Raubein, aber liebenswert. Neben einer verschachtelten, doch durchweg spannenden Handlung rundet ein guter redaktioneller Teil das vorliegende Album ab. 🙂

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