Diese verdammten Vogelbräute! Sie könnten den GOON doch tatsächlich schaffen. An einem Strick hängend geht es hinauf in die Lüfte. Mangels Luft fällt GOON die Gegenwehr zunächst nicht leicht, doch als er zurückschlägt, haben diese Harpyien sehr schlechte Karten auf einen Stich. Der Kampf endet unentschieden. Pech für die Vogelbräute, dass GOON ein Gedächtnis wie ein Elefant hat und äußerst nachtragend sein kann. Dynamit ist das Mittel der Wahl, um den verdammten dämonischen Viechern zu zeigen, wo der Hammer hängt.
GOON ist etabliert, darf aber immer noch als Comic-Anarchie bezeichnet werden. Obwohl so lange am Markt vertreten, mit Preisen bedacht, ist Eric Powells GOON weiterhin bemerkenswert unangepasst und verweigert sich gängigen Mustern. Gerade das macht ihn so gut und bei seinen Fans so erfolgreich. Im Leben von GOON ist nun ein wenig Ruhe eingekehrt. Er hat die letzte Attacke durch die Wechselbälger überlebt und ordentlich aufgeräumt. Er hat einen Kraken, riesenhaft und mit Dutzenden von Augen versehen, bekämpft und gesiegt. Doch es ist nicht wie vorher. Es brütet im Hintergrund, bereitet sich vor. Und schließlich kehren zwei Damen zurück, die GOONs Partner Franky bereits einmal ärgerten. Damit fängt der Schlamassel für GOON, der die ruhige Zeit auch genossen hat, wieder an.
Der Ort, an dem das Unheil gedeiht, so lautet der Titel des 8. Bandes aus der Reihe THE GOON. Es gedeiht. Allerdings läuft es weder so ab, wie der Leser es vielleicht denken mag. Noch verhält es sich so, wie es die dunklen Helden der Reihe gerne hätten. GOONs alter Feind, derjenige, mit dem so zu sagen alles begann, der Priester und Totenbeschwörer, scheint ganz unten angekommen zu sein. Alle Pläne, seinen Widersacher zu vernichten, sind gescheitert. Ein solcher Fiesling, der innerhalb einer größeren Verbindung agiert, kann nicht lange auf seinem Versagen sitzen bleiben. Da GOON seine Arbeit nicht zu Ende brachte, besorgen das nun andere für ihn und ein Nachfolger des Priesters steht schon in den Startlöchern. Doch zuvor wird bestraft …
Eric Powell ist kein Künstler, der mit seiner Erzählung oder seinen Bildern Kompromisse eingeht. (Vielleicht schon, erkennbar ist es für den Leser jedenfalls nicht.) THE GOON kennt keine politische Korrektheit. Besonders Franky lässt keine Gelegenheit aus, um sexistisch zu sein. GOON arbeitet vornehmlich blutig. Am Treiben hinter den Kulissen, hat dieser zunächst wenig zu schaffen. Diesmal sind andere ganz besonders blutig am Werke. Daneben ist der Humor pechschwarz. Nagel, der augenlose Zombie, der sich seinen Verstand bewahren konnte und seinen Appetit auf Menschenfleisch erfolgreich unterdrückt, bereichert im Team um GOON die Handlung um einige kleine Gags am Rande. Die kleinen Strolche, genauer eine Persiflage auf die kleinen Gauner, verdienten wenigstens ein kleines Spin-Off.
Die Optik spielt mit rüden, teilweise normalen Figuren, wie sie auch in Filmen der Schwarzen Serie auftauchen. Hier leben die 30er, 40er und 50er Jahre des letzten Jahrhunderts auf. Auch mögen die Stimmungen alter Horrorfilme hier zu finden sein, wie sie einst durch Gruselklassiker wie Ich folgte einem Zombie vertreten wurden. Wer alte Filmplakate des Genres jener Tage mit den Stimmungen auf den Titelbildern von THE GOON vergleicht, wird sehr schnell Parallelen feststellen.
Neben einprägsamen Visagen, eindrücklichen Horrorbildern, gelingen Eric Powell auch sehr einfühlsame Grafiken, die keiner Worte bedürfen und den Leser näher an die Figuren heranbringen. Allerdings, als sei ihm eine gewisse Gefühlsduselei eher peinlich, zwängt Powell derlei Szenen zwischen Sarkasmus und schwarzen Humor, so dass für den Kloß im Hals nicht viel Zeit bleibt. Mehr als nur nebenbei darf der Leser nicht nur diese feinen Grafiken genießen (ob man die Motive nun mag oder nicht, die Qualität von Powells Grafiken steht außer Frage).
Ein zweiter Garant für das kleine cineastische Erlebnis auf Papier ist der Kolorist Dave Stewart, der sich sattsam einen Namen im Medium Comic gemacht hat, als Zauberkünstler für die rechte Farbgebung. Er arbeitete nicht nur für bekannte Serien, sondern auch neben bekannten Comic-Machern wie Mike Mignola, Carlos Pacheco oder Darwyn Cooke. Weich lasierend legen sich Aquarellschichten über die Bleistiftzeichnungen, imitieren sie perfekt eine natürliche Kolorierung. Kontrastreich, eher sanft als grell, könnte diese Technik auch in einem Bilderbuch Verwendung finden. Powell frönt als federführender Künstler auch hier den Gegensätzen von Ausdruck und Inhalt.
Band 8, Der Ort an dem das Unheil gedeiht, ist etwas wie der Beginn eines neuen Kapitels innerhalb der Reihe. GOON begegnet seiner Vergangenheit mit einer veränderten Sicht und die Hinweise verdichten sich, dass diese Geschichte noch lange nicht ausgestanden ist. Gewohnt makaber, gewohnt gute Optik, Powell lässt sich nicht einzwängen. Sehr gut. 🙂
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