Die Daltons kommen gerade erst wieder im Gefängnis an. Doch es dauert nicht lange, da fühlen sich Joe Daltons Nerven vom scheinbar ewigen Predigen des falschen Propheten etwas überstrapaziert. Wie es Joes Art ist, lässt ein Wutausbruch nicht lange auf sich warten. Aber Joe ist auch ein gewieftes Kerlchen und bald, sehr bald, nimmt ein neuer Ausbruchsplan Gestalt an.
Zuvor müssen einige Gefängnisinsassen, und die übrigen Dalton-Brüder ganz besonders, zu ihrem Erstaunen feststellen, dass die Worte des Propheten bei einigen auf fruchtbaren Boden zu fallen scheinen. Wenn Averell Dalton nichts mehr essen will, dann ist etwas faul im Knast.
Die Abenteuer mit dem falschen Prediger liegen noch nicht lange hinter Lucky Luke, da hat er bereits wieder eine Begegnung der besonderen Art. Diesmal jedoch lernt er einen Mann kennen, der ganz auf seiner Linie liegt. Frederic Remington ist von Zuhause wieder einmal auf und davon und malt seinen Wilden Westen. Remington, kurz Fred, ist ein Genussmensch. Er liebt seiner Malerei, er liebt eine zünftige Mahlzeit, Whisky und zuweilen auch eine gute Schlägerei.
Während seiner Ausflüge lebt er jedoch alles andere als ungefährlich. Aus diesem Grund stellt man ihm einen Mann zur Seite, der schneller schießen kann als sein Schatten: Lucky Luke.
Damit beginnt für den einsamen Cowboy wohl eines seiner vergnüglichsten Abenteuer.
Der Wilde Westen ist bereits zu seinem eigenen Mythos geworden, als Lucky Luke die Einladung erhält, an einer Wildwestshow unter der Leitung des berühmten William Cody teilzunehmen, der noch berühmter unter dem Namen Buffalo Bill ist. Aber für Luke ist das alles ein riesiger Zirkus, was es in Wahrheit auch größtenteils ist. Und es ist auch das berühmte Showbusiness. Alles ist irgendwie überzogen, Berühmtheiten kommen und vergehen in Windeseile. So werden auch jene verehrt, die in den Knast gehören (wo sie auch gerade sind) – die Daltons nämlich. Denn nachdem vier Doubles ihre Rolle in der Wildwestshow übernommen haben, erhalten die echten Daltons plötzlich eine Anerkennung, die sie nur zu einem nutzen: zur Flucht.
Der Prophet, Der Kunstmaler und Eine Wildwest Legende sind die letzten Abenteuer, an die Morris Hand anlegte, bevor er im Jahre 2001 überraschend starb. Bis ins hohe Alter hat er an seinem Lucky Luke gearbeitet, der inzwischen schon Generationen mit seinem Humor begleitet hat.
Die letzten drei Bände, die in der Gesamtausgabe 1999-2002 versammelt sind, beschäftigen sich mit drei Themen. Ersteres, Der Prophet, hat einen oberflächlichen Humor und zeigt dem Leser einen Prediger, der einen Haufen Unsinn daher redet und dem es tatsächlich gelingt, mit seinem Geschwätz einige leichgläubige Geister zu beeindrucken. Darunter sind auch Averell Dalton und Rantanplan, der Hund, der im Gefängnis … Nun, was er eigentlich im Gefängnis macht, weiß niemand so genau.
Paradise Gulch, in dem sich der Prediger und die Daltons kurzzeitig niederlassen, wirkt sehr unamerikanisch – und auch wieder nicht. Denn nirgends auf Welt gibt es wohl eine derartige Religionsvielfalt mit unzähligen Glaubensnuancen wie in den Vereinigten Staaten. Patrick Nordmann trifft im Szenario dort mit seiner Satire, wo es treffen soll, bei den falschen Heiligen, die schon ein Steve Martin aufs Korn nahm.
Der geläufige Humor bleibt nicht außen vor. Im Gegenteil sind die Daltons sehr zentral in der Geschichte platziert – und auch deplatziert. Denn wie raubt ein ehrenwerter Bandit eine Bank aus, wenn es am Ort keine einzige Bank gibt? Und kein Geld? Allein aus dieser Konstellation scheint die Geschichte ganz automatisch ihren Lauf zu nehmen.
Mit Frederic Remington und Buffalo Bill wurden zwei amerikanische Prominente ausgewählt, die beide auf ihre Art zur Bildung der Legenden über die Romantik des amerikanischen Westens beigetragen haben.
Remingtons Bilder zeigen Szenen des Lebens, des Kampfes, die zeigen Charaktere, die den Weiten des Westens gelebt haben. Er unterschied nicht zwischen den Hautfarben. Seine Bilder werteten nicht. Mit einem lebhaften und das Leben liebenden eigenen Charakter ausgestattet verschwindet Remington zeitweise in der Prärie, bevor wieder in die Zivilisation zurückkehrt.
Bob de Groot beschreibt einen Mann, überzogen zwar, aber einen Künstler, der selber mit seiner Lebensart ins Bild passt und die gängigen Künstlerklischees bedient. Dank dieser Figur entsteht eine tolle Komödie, bevor Patrick Nordmann wieder die Schreibmaschinentastatur übernimmt und die nächste Wildwest Legende in den Mittelpunkt stellt.
Buffalo Bill alias William F. Cody dient zur Skizzierung eines Showbusiness, wie es anscheinend nur Amerikaner erfinden konnten. Laut und grell, mit richtigen Promis oder B- und C-Promis, mit Managern und Agenten und Künstlern, die eigentlich gar nichts können. Dies wird besonders schön persifliert, wenn ein Pferd seinen Kopf von selbst unter das herabfallende Lasso hält, um gefangen zu werden. – Was soll es auch anderes machen, wenn Joe Dalton das Lasso kerzengerade nach oben wirft? Dort sind eben keine Mustangs.
Morris schickt seine vier Banditen ganz in Weiß auf die Bühne, ähnlich wie er es Lucky Luke und dem weißen Reiter tat und entwirft zuletzt noch eine kleine Hommage an das eigene Schaffen. So schließt sich letztlich der Kreis.
Zum guten Schluss von Morris’ Werk noch ein gelungener Blick auf den Wilden Westen, als er so langsam begann, nicht mehr ganz so wild zu sein. Patrick Nordmann und Bob de Groot bieten Humor, Satire und Slapstick – ganz so wie in den guten alten Zeiten von Lucky Luke. 🙂
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