Seit langer Zeit bekämpfen sich Engel und Drachen auf der Erde. Entgegen der landläufigen Meinung sind die Engel nicht die Guten! Nach ihrem ersten Tod muss die junge Moréa erfahren, dass sie zu den Drachen gehört, jener Gruppe, die die Menschheit in eine bessere Zukunft lenken will. Wir schreiben das Jahr 2082. Ort der Handlung: Kuba und die Vereinigten Staaten.
Es hat sich einiges getan in den letzten Jahrzehnten. Gegen jede Erwartung ist Kuba zu einem mächtigen Wirtschaftsstandort aufgestiegen. Und wider alle Erwartung ist das einstige gelobte Land der USA zu einem Dritte-Welt-Land verkommen, in dem alles streng überwacht wird und Puritaner die Oberhand gewonnen haben.
Durch das Attentat, das die Spitze des Superkonzerns der Doloniacs auslöschte, rückte ausgerechnet Moréa ganz nach vorne als Erbin der riesigen Firma. Eben noch unter ferner Liefen in der Nachfolgekette, regiert sie nun nicht nur sprichwörtlich über ein Imperium. Ein solcher Sprung bringt bereits genug Probleme mit sich, leider gehört Moréa auch noch zu den Auserwählten der Drachen. An ihrer Seite steht als Lehrer wie als Verbündeter Terkio, ebenfalls ein unsterblicher Drache, ein Mentor, der sie in die Geheimnisse der Unsterblichen und ihrer ungeschriebenen Gesetze einführen soll.
Moréa wird zwischen ihrer Bestimmung und ihrer Verantwortung hin- und hergerissen, denn ein neuerlicher Zwischenfall wirft ihr altes Leben noch weiter aus der Bahn.
Industriespionage gehört auch in der Zukunft zu sehr einträglichen wie auch sehr kriminellen Geschäften. Eine der neuesten Entwicklungen findet ihren Weg in die Vereinigten Staaten, in die jeder Gast zuallerst nackt einreist – Paranoia wird im amerikanischen Polizeistaat groß geschrieben.
Moréa und Terkio beschließen auf eigene Faust, den Geheimnissen auf den Grund zu gehen. Eine illegale Einreise in die Vereinigten Staaten gestaltet sich allerdings alles andere als einfach. Getarnt als Urlauber steuern sie die fremde Küste an, nur um sehr bald schon wieder in die wildesten Abenteuer und Verfolgungsjagden verwickelt zu sein.
Wer Moréa auf dem Cover betrachtet, könnte der Auffassung sein, jemand wolle hier Angelina Jolies nächste Action-Rolle in die Wege leiten.
Die Serie Moréa verheimlicht seine Anleihen und seine Vorbilder nicht. Das macht es für den Leser aber auch sehr leicht, sich sehr schnell zurecht zu finden.
Nach einer Einfindungsphase in ihr neues Schicksal hat sich Moréa hier in der zweiten Folge mit ihrer neuen Rolle arrangiert. Sie genießt ihr neues Leben, liebt die ungeheure Abwechslung, aber sie ist auch genervt von der Aufmerksamkeit um sie herum. Wie es sich für eine hochgestellte Persönlichkeit gehört, die es leid ist, ständig mit Leibwächtern umgeben zu sein, geht sie auch bald eigene Wege und taucht unter – sehr zum Leidwesen der Sicherheitsleute, die nun alle Hebel in Bewegung setzen, um ihre Schutzbefohlene wiederzufinden.
Wie gefährlich das Leben sein kann, zeigen auch erneute Attentatsversuche, denen es mit Leichtigkeit gelingt, bestehenden Sicherheitseinrichtungen zu umgehen – jedenfalls scheint es so zunächst.
Terkio hat seine eigenen Auffassungen, seinen Schützling zu testen. So reiht er sich nicht nur optisch hinter sein Vorbild Sean Connery ein, sondern erinnert einmal mehr an den spanischen Pfau, der bereits dem Highlander zeigte, wie es um das Leben der Unsterblichen bestellt ist.
Kuba, das neue Mekka der Schönen und Reichen, erinnert in seiner Konzeption an das Hong Kong vor der Rückkehr in den chinesischen Schoss. Dekadent, modern und traditionell gleichermaßen, aufstrebend, in die Höhe wachsend, exotisch, schnelllebig, rasant. Demgegenüber steht das wenig freundliche Amerika. Streng, metallisch glänzend, martialisch, voller Fremdenhass, zurückgeblieben. Aus den Vereinigten Staaten ist die Sowjetunion des neuen Jahrtausends geworden. Willkür lautet die Grundregel des Gesetzes. Paragraphen sind ebensolche Witzfiguren wie jene Anwälte, die später zur Hilfe von Moréa einreisen.
Neben all der Aktion (engl.: Action – kleiner Scherz) beweist Texter und Autor Christohpe Arleston mit diversen Nebenschauplätzen und Figuren auch seinen Humor. Die Anwälte der Doloniacs, zu dritt, gleich dick, gleich aussehend, nur durch ihre Größe zu unterscheiden, wirken wie von aktuellen humoristischen Anwaltserien inspiriert. In den Vereinigten, Verzeihung, in den Christlichen Staaten von Amerika, wie sie sich jetzt nennen, besitzen Anwälte kein großes Ansehen. Das gesamte Verhalten ist irgendwie klingonisch geworden. Wer vor Gericht gestellt wird, ist eigentlich schon verurteilt, eine Verteidigung hat keinerlei Auswirkung – auch wenn sie erlaubt scheint.
Arleston karikiert gegenwärtige Zustände und überspitzt sie mit leisem Humor. Es ist gerade ausreichend, um der die Geschichte die Härte zu nehmen, sie amüsant zu gestalten, ohne sie durch zu viel Witz zu verunstalten. So zünden die kleinen Scherze umso mehr, bleiben die Situationen realistisch genug und packend.
Thierry Labrosse hat sich ebenfalls der realistischen Darstellung verschrieben. Eine Welt, die sich an der Grenze zur Überfüllung befindet, wie sie in Genre-Filmen wie Das fünfte Element Ausdruck fand, verlangt einem Zeichner eine außerordentliches handwerkliches Können ab, das Labrosse aber immer wieder unter Beweis stellt. Technik und Architektur sind wieder einmal sehr gelungen, lebensnah und bieten die beste Kulisse für dieses SciFi-Märchen, das für beste Unterhaltung steht.
Neue Informationen erweitern die Welt um Moréa deutlich, machen sie plastischer, unterhaltsamer. Arleston und Labrosse navigieren ihre Heldin in eine scheinbar aussichtslose Situation und beenden diese Episode mit einem sehr gemeinen Cliffhanger, wie ihn die Urväter dieser Erzähltechnik nicht besser hätten schreiben können. Spaß, Spannung und eine hohe Erzählfreudigkeit machen Moréa zu einer klasse SciFi-Geschichte.
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