Marcus Valerius Falco ist ein gestandener Soldat geworden. Kaum einer hätte diese Entwicklung für möglich gehalten. Am allerwenigsten hätte der alte Vater von Marcus dies einmal von seinen Sohn erwartet. Gewünscht sicherlich. Aber erwartet? Nein. Stehen die soldatischen Fähigkeiten, auch der Mut von Marcus außer Frage, gibt es doch Aspekte in seiner Kampfeswut, die zu denken geben. Marcus stürzt sich todesmutig ins Getümmel, als habe er keinerlei Angst, nicht zurückzukehren. Fakt ist: Marcus ist kein glücklicher Mensch. Die Liebe seines Lebens blieb ihm versagt. Wegen römischer Politik. Wegen Intrigen. Aus dem einstigen lebensfrohen Jungen ist ein verbitterter Mann geworden.
Arminius, der germanische Freund aus Jugendtagen, kann diese romantische Gefühlsduselei um eine einzige Frau nicht verstehen. Warum sich derart viel Ärger wegen einer Frau einhandeln wollen? Denn in Rom ist Liebe, wenigstens unter den Patriziern, den Politikern, den Rittern, eigentlich allen, die etwas zu sagen haben, nichts, dem man einen Wert beimisst. Allianzen werden unter Familien geschmiedet, auch unter Verbündeten. In solchen Fällen steht die Liebe nur im Weg. Marcus und Arminius, die beiden unterschiedlichen Kerle, die sich bei ihrer ersten Begegnung nicht leiden konnten und später enge Freunde wurden, droht der Streit um eine Frau nun zu entzweien. Oder ist es vielleicht schon geschehen?
Großes Kino! Der Film Gladiator machte das alte Rom in der Unterhaltung wieder interessant. Die Fernsehserie Rom, aufwändig produziert, nutzte die neue Popularität des Themas. Zeitlich betrachtet ist Die Adler Roms nach der Fernsehserie einzuordnen, als Kaiser Augustus all seine Widersacher beseitigt und seine Macht in Rom seit Jahrzehnten gefestigt hat. Es ist keine friedliche, so doch für das römische Reich immerhin eine relativ stabile Zeitspanne.
Enrico Marini schickt seine beiden Helden, Marcus und Arminius, in eine Zeit, in der Augustus alle seine Feinde zwar mundtot gemacht hat, aber nicht alle haben seine Säuberungen vergessen. So brodelt es regelrecht hinter den Kulissen. Augustus persönlich zeigt auch, dass er nicht bereit ist, von alten Methoden zu lassen. Ein Umstand, der die beiden Freunde auch persönlich betrifft. Enrico Marini, der hier nicht nur erzählt und zeichnet, sondern auch noch koloriert, schafft ein aus heutiger Sicht modernes Rom-Bild.
Marini ist ein Perfektionist. Optisch zeichnet er mit höchstmöglichem Realismus. Es gibt zwar einige Stereotypen in seinen Bilder, das ist jedoch wegen der Fülle der Figuren, der reichen Detailfreude und der vielen liebevoll gezeichneten Handlungsorte absolut vernachlässigbar. In seinem Realismus spart Marini nichts aus. Sex und Gewalt gehören zu Rom. Brutalität auf dem Schlachtfeld, Orgien hinter den Kulissen der Macht. Manchmal genügt die Andeutung, zeitweilig muss die Phantasie nicht mehr herangezogen werden.
Feine Linien und plastische Kolorierung zeigen ein Rom bei Tag und Nacht, Paläste, innen wie außen, die verkommenen Gassen. Der Wechsel zwischen den Gärten am Tiber, den Wagenrennen im Zirkus, den Schlachtengemälden, den Anschlägen und vielen anderen dargebotenen Szenarien wird für historisch Interessierte oder auch für Fans von Historien-Comics packend präsentiert. Auch in der zweiten Ausgabe der Reihe nimmt Marini den Leser auf eine spannende Reise und erzählt derart geschickt, dass das Ende überaus gemein ist und die Frage, wie es letztlich für die Freunde weitergehen wird, einfach beantwortet werden muss.
Freunde, Römer, Landsleute: Ein tolles Drama um zwei Jugendfreunde im alten Rom zur Zeit von Kaiser Augustus. Ein Rom, von der Welt gefürchtet. Ein degeneriertes Rom, ein dekadentes Rom. Aber auch ein starkes Rom. Vor allem eines, das ein Enrico Marini wunderbar aus den Geschichtsbüchern in den Comic holt. Authentisch. Düster. Spektakulär. 🙂
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