Soll Detective Macavoy sich nun von Risa Del Toro angezogen fühlen? Oder nicht? Sie ist nicht nur eine Vampirin, sondern auch noch eine Gangsterbraut. Man könnte aus polizeilicher Sicht auch sagen, dass sie ein verdammt schweres Verbrecherkaliber ist. Trotzdem, da ist es etwas an ihrer Art, dass Macavoy ziemlich nervös macht. Und Risa: Ihr Verhalten lässt keinen Zweifel daran, dass sie auch ein gewisses Interesse an ihm hat. Vielleicht aber spielt sie auch nur mit ihm.
Was haben Vampire nicht schon alles durchgemacht? Oder mitgemacht? Oder überhaupt gemacht? Sie haben einen auf Vampirjäger gemacht, auf Privatdetektiv und Rächer der Geknechteten. Sie waren Gangster (sehr schöne Parodie von John Landis: Innocent Blood) oder traten gegen Werwölfe an. Sie versuchten unter einer Art totalitärem Regime zu leben (The Breed) oder wollten unbedingt Daywalker werden.
Hier, in Bite Club, sind sie das bereits. Die Vampire leben unter den Menschen, nicht gerade akzeptiert, aber immerhin nicht isoliert. Ihre Verhaltensweisen schlagen zeitweilig über die Stränge, weshalb die VCU, die Vampire Crime Unit stets neue Arbeit bekommt. Risa Del Toro, weiblicher Vampir und Kriminelle, gewalttätig und sexuell hyperaktiv, wird eines Mordes verdächtigt, kann sich aber erst einmal mittels Alibi aus der Affäre ziehen. Doch eine große Klappe wird auch manchmal bestraft. Risa beißt auch einen Finger ab (keinen von ihren natürlich), wenn ein Ladeninhaber sein Schutzgeld nicht zahlen will. Manche Vampire sind mit ihrem Dasein nicht einverstanden und geben sich devot, lassen sich in sadomasochistischen Spielchen Zigaretten auf der haut ausdrücken.
Und ab und zu kriegen sich auch Vampire untereinander in die Haare. Ganz besonders dann, wenn sie zusammengepfercht in einem besonderen Vampir-Trakt im Gefängnis untergebracht sind. Rivalisierende Vampir-Clans machen sich ebenso viel Ärger wie menschliche Gangs. In bester C-Movie Manier fallen hier nackte Vampirinnen unter der Gefängnisdusche übereinander und saugen sich auch ein wenig aus. Blut ist Blut, zur Not wird bei Artgenossen getankt.
Howard Chaykin und David Tischman, die beiden Autoren, das lässt sich ohne Übertreibung sagen, bedienen hier wirklich jeden Trash, jedes Klischee (das sich ein pubertierender Teenager mit Flausen im Kopf ausdenken kann, möchte man meinen). Chaykin schrieb sich mit American Flagg! in die Herzen mancher Comic-Fans. Er durfte The Shadow neu beleben und holte sogar kurzzeitig den Schwarzen Falken zurück, eine tolle Grundstimmung, die ein wenig an den Film Sky Captain and the World of Tomorrow erinnert. Mit Black Kiss einer trashigen Vampirsexgeschichte legte er sozusagen den Grundstein für Bite Club.
Die Zusammenarbeit mit Tischman (Autor von Star Trek-Comics) fährt das Extreme von Black Kiss wieder auf ein niedrigeres Maß zurück. Allerdings könnte selbst das einem sensiblen Leser zu viel sein, wenn er nicht mit Buffy, Blade und Konsorten aufgewachsen ist.
Die Grafiken sind sehr einfach gehalten. Die Linien sind sehr gerade, es werden nur die nötigsten gesetzt, fast ließe sich von einem cartoon-artigen Stil sprechen, wenn er nicht doch realistischer ausfiele als z.B. bei The Batman. Hier steht die Grafik eindeutig dem Inhalt entgegen. Äußerlich ist der Stil harmlos und nicht abstrakt genug, um eine gruselige Atmosphäre wie in Hellboy zu schaffen. Wenn es allerdings zur Sache geht, hält der Stil den Leser auf Distanz (falls er nicht doch schon durch das anrüchige Szenario gebannt ist, aus den einen oder anderen Grund). Das gelingt nicht immer, wenn die Szene unmissverständlich ausgestaltet ist. Ein Mordfund spricht hier eine deutliche Sprache. Ein alter Vampir hingegen, der seine dritten Zähne herausnimmt, reizt eher zum Lachen.
Wer als Fan von Vampir-Geschichten eine neue Variante dieser Blutsauger erleben will, wem Abenteuer eines Detektivs aus Moonlight zu harmlos sind, wer mit sexuellen Anspielungen im Comic umgehen kann, der sollte einen Blick riskieren (allerdings ist ein Vorwissen des ersten Bandes schon besser). 🙂
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