Eine Kunstauktion. Die Bieter im Publikum sind begeistert, der Preis ist hoch und steigt noch. Als der Zuschlag erfolgt, fällt ein Schuss. Dem Gewinner der Auktion fliegt der Schädel weg. Die Mörderin flieht. Das Sicherheitspersonal kann sie nicht erwischen. Zurück bleibt allein ein Schuh, den die Mörderin verloren hat. SASCHA JÄGER übernimmt einen Auftrag: Finde die Killerin.
Die Welt hat sich verändert. BERLIN im Jahre 2099. Reisen ist zum Luxus geworden. Viele Menschen werden Berlin ihr ganzes Leben lang nicht verlassen. Denn Fakt ist, wer geht, macht alles richtig und kann sich Reisemeilen verdienen. Wer sich fahren lässt, verursacht Kosten und muss bezahlen. So ist der Gang zu Fuss nicht nur allgemein schonender für eine ramponierte Umwelt, erlaufene Strecken sind gleichzeitig Währung. Andererseits haben sich die Menschen arrangiert. Wie es heute schon dort der Fall ist, wo Überbevölkerung herrscht, sich Millionen auf engstem Raum drängeln, findet das Leben, der Mensch irgendwie einen Weg. Nicht immer den schönsten oder den besten, aber einen, der zeitweilig haltbar ist. Vor diesem Hintergrund wird von FRED DUVAL ein Krimi erzählt.
Ich freue mich immer auf eine neue von INGO RÖMLING illustrierte Geschichte. Seit der ersten Ausgabe von MALCOLM MAX und spätestens seit dem von ihm animierten Musikvideo von MELOTRON (Titel: Du bist es nicht wert) bin ich auf das nächste Werk gespannt. INGO RÖMLING ist auf seinem Gebiet ein Perfektionist. Das hat er mit den bisher insgesam sechs Ausgaben von MALCOM MAX, aber auch mit der Trilogie DIE CHRONIKEN DES UNIVERSUMS reiflich bewiesen. Seine Arbeiten für STAR WARS und jüngst der Ausflug ins BATMAN-Universum nicht zu vergessen.
Nun also wieder Science Fiction, aber nicht ins SPACE-OPERA-Fach, sondern in ein dystopisches Szenario. Die Welt, hier am Beispiel BERLIN, hat ihre Zukunft verspielt. Konsum, übermäßiger Energieverbrauch, Überbevölkerung hat zu einem zivilisatorischen Rückfall gesorgt. Einiges hat sich weiterentwickelt (wie VIRTUAL REALITY und CYBERSPACE), manches ist rückwärts gewandt (wie der Verkehr). Aus der Weite der Möglichkeiten wurde für nicht wenige Menschen eine Art knastvolle Enge auf Lebenszeit. Vielleicht mit ein wenig mehr Auslauf.
Dieses Berlin der Zukunft ist ein Schatten desjenigen unserer Gegenwart. Gedränge allerorten, es gibt mehr Verfall als Aufbau. Roboterhunde helfen beim Trieb einer Ziegenherde, Fahrradrikschas (CYCLIFTS) transportieren jene, die es sich leisten können. Humanoide Roboter (GYNOIDEN) agieren als Hilfspolizisten. Darüber hinaus sind Mode und Architektur ins Hintertreffen geraten. Dort herrscht Stillstand. INGO RÖMLING zeichnet brillant, aber die Aussichten auf dieses Berlin sind trüb. Grafisch stark, detailreich, vermittelt INGO RÖMLING ein tragisches Bild der Zukunft. Aber nicht zuletzt auch ein spannendes.
Denn neben der gezeigten Welt, der Gesellschaft und ihrer Regeln gibt es einen Mord aufzuklären, dessen Inszenierung gleich zu Beginn auch sehr viel über das futuristische Berlin verrät. So gehen detektivische Arbeit, ACTION und atmosphärische Schilderung von der ersten Seite an Hand in Hand. Für Science-Fiction-Freunde ist das großartig umgesetzt.
Mal eine Lanze brechen: In den überwiegenden Fällen finden sich vorne auf dem Cover der oder die Namen der AutorInnen und/oder der ZeichnerInnen. Manchmal übernimmt der Zeichner oder die Zeichnerin auch die Arbeit des Tuschens (falls das nicht ohnehin am Rechner erfolgt und somit ein Aufwasch ist) sowie die Kolorierung. Aber oft ist gerade letzteres nicht der Fall. INGO RÖMLING ist jemand, der meisterhaft kolorieren kann, dies jedoch in METROPOLIA nicht übernommen hat. Vielmehr hat CHRISTOPHE BOUCHARD diese Aufgabe im vorliegenden Band und sorgt für die farbliche Stimmung.
Die hier gezeigte Zukunft ist nicht neonbunt, sie strahlt eher Blade-Runner-Vibes aus. Es ist farblich zurückgenommen. Das Titelbild übertreibt in dieser Hinsicht gehörig. Atmosphärische Kolorierung ist hier Methode, denn die Zukunft Berlins, dem Handlungsort, ist farblich einigermaßen trist. Aber es gibt Farbtupfer, und die stammen ausgerechnet aus der Vergangenheit. Schönstes, besonders einprägend, Beispiel sind vier gelbe Spielzeughühner aus Kunststoff, auf breiten Sprungfedern befestigt, wie sie sich in unseren in unzähligen Varianten auf Spielplätzen finden lassen. Dort, in METROPOLIA, stehen die Dinger auf einem grauen Dach und haben, ganz im Gegensatz zum Rest der Gesellschaft, ihr fröhliches Grinsen bewahrt.
Darüber hinaus bringt die Virtual Reality Farbe ins Spiel und zeigt eine gesunde Welt. Bestes Beispiel hier ist, als sich Sascha, der Hauptcharakter, mit seiner, nennen wir sie, Freundin trifft. Aber eben nicht in der Realität, sondern in der VR, weil ein kompletter Ozean zwischen ihnen liegt. Er befindet sich in Europa, sie in Nordamerika. Ihr Treffpunkt ist ein nachgeahmter fast schon kitschig grüner Wald. Sobald Sascha in die echte Welt zurückkehrt, herrscht wieder ein ungesundes rötliches Licht vor.
Das ist für Fans von dystopischer Science Fiction ebenso für jene von Krimis und Thrillern der Schwarzen Serie. FRED DUVAL (Autor) vermischt beides gekonnt. Durch die künstlerische Umsetzung von INGO RÖMLING (Zeichner) und CHRISTOPHE BOUCHARD (Kolorist) wird ein grafisches Fest daraus. Beide Daumen rauf für diesen dichten SciFi-Thriller! 🙂
METROPOLIA 1, BERLIN 2099: Bei Amazon bestellen.