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Comic Blog


Dienstag, 12. April 2022

DER KILLER – SECRET AGENDA 3 – PRÄZISIONSARBEIT

Filed under: Thriller — Michael um 17:00

DER KILLER - SECRET AGENDA 3 - PRÄZISIONSARBEITEin ganz normaler Tag. Die Menschen flanieren über die Straßen. Plötzlich ändert sich alles. Zwei Männer halten mit ihrem Wagen und steigen, ihre Kalaschnikows im Anschlag, aus. DER KILLER weiß, was als nächstes geschehen wird. Er kennt das System, er seziert es im Geiste. Er ist ein Problemlöser. Lange Zeit im Auftrag, später für die eigenen Interessen und inzwischen für ein geheimes Aufräumkommando. DER KILLER hatte lange agiert, als könne er nicht erwischt werden, dabei hatten offizielle französische Stellen ihn längst im Visier. Aber dort wusste man seine Talente zu schätzen. Man stellte ihn vor die Wahl: Einfahren oder ausführen. DER KILLER entschied sich für Letzteres.

Bislang verlief seine Arbeit in der französischen Hafenstadt auf Befehl. Das Verbrechen beherrscht die Stadt. Dealer, Mörder, Korruption. Von oberster Stelle gedeckt. Von noch höherer Stelle aus ist man nicht mehr bereit, bloß noch zuzusehen. Durch eine falsche Identität geschützt, beobachtet DER KILLER und tüftelt im kleinen Team an Lösungen, die nicht erkennen lassen, ob es sich um Bandenkriege handelt oder ein ordentliches Ausputzen der Straßen …

MATZ (Autor) und LUC JACAMON (Zeichner) haben ihren KILLER in ein Szenario geschickt, das dem (französischen) Leser in manchen Belangen bekannt vorkommen muss. Politik in Frankreich gibt ein leicht unterschiedliches Bild von dem in Deutschland ab. Von außen betrachtet ist es lauter, etwas greller, teils pikanter, glorioser. Die politische Parteienlandschaft ist eine andere. Das ist der Historie geschuldet. Revolution und kopflose Könige sind noch in guter Erinnerung. Wer den dritten Band von SECRET AGENDA, PRÄZISIONSARBEIT, liest, wird dem zustimmen.

Und der Titel des zugleich dritten Zyklus ist Programm. Grundsätzlich faszinierend an der kompletten Serie ist die Ruhe und Beherrschung der Hauptfigur. Gönnte sich DER KILLER zu Beginn noch Ausrutscher wie das Gründen einer Familie, ist er nun auf dem Höhepunkt von Coolness und philosophisch sezierender Finesse. Das macht selbst seinen (ihm zugewiesenen) Partner während der einzelnen Aufträge zumindest unruhig. Töten ist Geschäft, lautet die klare Ansage. Töten ist nicht Spaß. Töten kann höchstens noch Selbstschutz sein, wenn die Gefahr besteht, wiedererkannt zu werden. Das lässt einzelne Situationen nach einem Kinderspiel aussehen. In Wahrheit behält DER KILLER selbst unter Druck noch den Überblick. Während um ihn herum andere sogenannte Profis, sei es von der Polizei oder aus der Gangsterriege, die Nerven verlieren und, kurz gesagt, sterben.

Wenn es ein Spiel in dieser Geschichte gibt, dann ist es jenes Leben, das DER KILLER zur Tarnung aufrecht erhält. Es sind diese kleinen Momente, die ihm ein Lächeln entlocken. Und es ist nicht leicht zu verstehen, ob es tatsächlich jene Momente sind oder die Bekundungen von Kollegen, die ihm unterstellen, ein Glückspilz zu sein. Es ist erstaunlich, wie bereitwillig (obwohl gegen seinen Willen) und wie hervorragend DER KILLER diese Alltagsrolle spielt. Seine Anpassungsfähigkeit sowie seine Intelligenz sind stark ausgeprägt. Es wird in SECRET AGENDA bereits deutlich. Kennt man seine bisherige Vorgeschichte, werden diese Eindrücke noch besser untermauert.

Seine Weisheiten aus dem Off, Erkenntnisse aus einem Leben voller Gewalt rund um den Globus, belegen einerseits, wie weit er sich bereits aus dem normalen Leben verabschiedet hat. Andererseits legt ihm Autor MATZ Gedanken in den Mund, die auch jenen Lesern kommen können, die lediglich einen Tag lang durch sämtliche Nachrichtenkanäle springen, um einen Gesamteindruck der Menschheit zu erstellen. Es würde in der Öffentlichkeit nur einen leicht pychotischen Eindruck hinterlassen, ähnliche Schlüsse zum Besten zu geben. Oder man ist Kabarettist. Doch davon ist DER KILLER weit entfernt.

LUC JACAMON trägt mit seinen auf Realismus ausgelegten Zeichnungen die Serie. Verabschieden müssen sich die Leser von exotischen, internationalen Kulissen. Dafür taucht der Leser in das Alltägliche ein, was den Realismus noch wichtiger werden lässt. Denn hier lauert hinter dem Alltag das Verbrechen und ungezügelte Brutalität. MATZ hat seinen Kollegen LUC JACAMON hier zwei Polizisten gestalten lassen, die als das postive Gegenelement des KILLERS gewertet werden können. Die aber gleichzeitig erkennen, dass eine Zeitenwende durch die Ereignisse in diesem Band stattfindet. Die beiden Buddys sind (als Nebendarsteller) fein illustriert und in der Geschichte aufgebaut (fast könnte man an die Vorbereitung eines Spin-offs glauben). LUC JACAMONS Illustrationen sind darüber hinaus gewohnt souverän. Stellenweise tragen sie die Atmosphäre hervorragend. Besonders die Tristesse von des KILLERS vorgestäuschtem Leben wird schnell fassbar.

DER KILLER ist ein Garant für einen Top-Thriller, gerade im dritten Zyklus, der dem europäischen Leser deutlich näher ist als die vorangegangenen Geschichten. Top illustriert von LUC JACAMON, top erzählt MATZ, der den Leser (könnte man sagen) zum Mitwisser macht. Die Kenntnis um die Ereignisse in den vorherigen beiden Bänden von SECRET AGENDA ist allerdings Pflicht. 🙂

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Montag, 04. April 2022

MORBIUS – DER LEBENDE VAMPIR

Filed under: Superhelden — Michael um 18:10

MORBIUS – DER LEBENDE VAMPIR – HELD AUS DER FINSTERNISDie Wachen des Gefängnisses sind beschäftigt. Die Gelegenheit ist günstig. Und DR. MICHAEL MORBIUS nutzt sie! Nach einer kurzen Verabschiedung von DR. CURT CONNORS (in Echsengestalt) ist DER LEBENDE VAMPIR auf der Flucht. Von den Erinnerungen an seine Kindheit und seine Verwandlung geplagt, sucht er sich den schlimmsten Stadtteil von BROWNSVILLE, der sich finden lässt, in der Hoffnung, dort vorläufig unterzutauchen. Doch der Wunsch unauffällig und unenddeckt zu bleiben, erfüllt sich nicht. NOAH ST. GERMAIN, eine örtliche Kriminellengröße, wird auf ihn aufmerksam und hat nichts besseres zu tun, als MORBIUS zu verprügeln. Ohne zu ahnen, dass DER LEBENDE VAMPIR sich nur mit Mühe zurückhält und seinen BLUTDURST unterdrückt …

Gerade noch im Kino, zuvor schon in einer prallen Ausgabe einer zusammengefassten Miniserie: MORBIUS, DER LEBENDE VAMPIR in seinem Abenteuer: HELD AUS DER FINSTERNIS. Ein Typ, der sich echt bemüht, anderen aus dem Weg zu gehen, nun zwischen die Fronten gerät und sich auf die Seite der Unterdrückten und Gepiesackten schlägt. Leider haben ihn seine Begierden mehr im Griff, als er gerne hätte und so schlägt die Natur des LEBENDEN VAMPIRS schneller als erwartet zu. Darüber hinaus kann er nicht ahnen, dass hinter den Kulissen längst eine viele größere Bedrohung in den Startlöchern steht. Und ein alter Bekannter namens SPIDER-MAN in dieser Angelegenheit zu einem wichtigen Mitstreiter werden wird.

Mehrere Zeichner mit unterschiedlichen grafischen Charateristika haben diese sehr stramm durcherzählte Geschichte betreut. Vornehmlich ist der MARVEL-Realismus Trumpf, aber es gibt auch Passagen eines abstrahierten Stils, kantig, düster, sehr fett getuscht. Das bricht optisch aus dem gewohnten Muster aus, packt die Geschichte aber im Kern und stellt die sehr breit aufwartende Finsternis dieses Comic-Thrillers klar ins Licht. Denn in der Bewährung für das Gute geht es für MICHAEL MORBIUS geradewegs in den Abgrund.

Die Gegner bleiben etwas konturlos. Das mag an ihrem eher unbekannten Stellwert innerhalb der MARVEL-Hierarchie liegen, hat aber auch einen netten Nebeneffekt. Die Handlung bleibt unvorhersagbar, überraschend und an manchen Stellen optisch ungewöhnlich. Was wiederum mit der Wahl der Waffen einer speziellen Gegnerin zusammenhängt. JOE KEATINGE, der den Löwenanteil des VAMPIR-Abenteuers geschrieben hat (neben DAN SLOTT), hat seinen Co-Künstlern am Zeichenstift eine Steilvorlage für einen klassischen CARPENTER-Look geliefert, ganz im Sinne einer KLAPPERSCHLANGE oder eines ANSCHLAG BEI NACHT. Die ACTION wirkt hier, vergleicht man es mit Filmen, handgemachter, realistischer. Sogar der Auftritt eines SPIDER-MAN trägt dem Rechnung.

Die spukigen Klamotten seiner Entstehungszeit sucht man hier vergebens. MORBIUS war eine Art DRACULA-Ersatz, ein Draculachen (obwohl der echte DRACULA ebenfalls im MARVEL-Universum herumturnte und in seiner Gesellschaft ein weiterer Held namens BLADE geboren worden war). Aber es brauchte einen Blutsauger, der auch tagsüber agieren konnte, eine Figur, die mit ihrer Existenz haderte (ein wichtiges Merkmal tragischer MARVEL-Helden). In den 1970er Jahren geboren, ist sein Dress jener Zeit eher ein düsteres Tanzoutfit, reif für ein vampirisches SATURDAY NIGHT FEVER oder ein fetziges AEROBIC-WORKOUT.

Der MICHAEL MORBIUS unserer Tage ist pragmatisch. Der Look ist lässig, alltäglich, mit JEANS und HOODIE. Nur einmal schlüpft er in eine Art Kampfmontur. Diese ist nicht stylisch, noch verfügt sie über irgendein erinnerungswürdiges Design. Dafür wirkt und agiert MORBIUS im Laufe der Handlung immer cooler, selbstsicherer, was ihn über seine Umgebung hinaushebt. Irgendwelche Booster-Tricks (hier puffend verschwinden, da puffend auftauchen) sucht man hier vergebens. Bei Hochgeschwindigkeitsaktionen herrscht Fehlanzeige. Gewaltausbrüche erinnern mehr an JOHN WICK oder NOBODY. Hier ist ein MICHAEL MORBIUS, der kämpft um sein Leben und seine Karten sind nicht die Besten.

Düsterer Knaller! Rauscht wunderbar durch von Anfang bis Ende. Kompromisslos erzählt, mit handgemachter ACTION inszeniert. Rückt den Anti-Helden in ein gutes Licht (obwohl die Handlung schon meistens nachts spielt). Ein vampirischer Superheld auf der Höhe der Zeit. Stark! 🙂

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