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Comic Blog


Freitag, 15. Oktober 2021

FAKE STORY

Filed under: Thriller — Michael um 21:45

FAKE STORY30. Oktober 1938. Ein korpulenter Junge, eine Gasmaske auf dem Gesicht, mit einer Pistole in der Hand und einer Schussverletzung in der Brust wird nachts auf der Straße von einem Auto angefahren. Sichtlich verwirrt stammelt der Junge etwas von Marsmenschen. Niemand weiß zunächst mit diesen Worten etwas anzufangen. Wenig später liegt der Junge im Krankenhaus. Sein komatöser Zustand macht jede Vernehmung unmöglich. Auch eine Operation scheint in weiter Ferne, denn die Kugel in seiner Brust steckt zu nahe am Herzen …

Das wohl bekannteste Hörspiel der Welt bildet die Grundlage der Comic-Adation von DOUGLAS BURROUGHS‘ Roman FAKE STORY. Der Roman hingegen ist ebenfalls ein FAKE. Gut inszeniert von LAURENT GALADON und JEAN-DENIS PENDANX. Nicht alle mögen das Hörspiel KRIEG DER WELTEN von ORSON WELLES gehört haben. Das Stück Radiogeschichte ist an den gleichnamigen Roman von H.G. WELLS angelehnt. Das ist kein FAKE.

Noch nie vom KRIEG DER WELTEN gehört? In Kurzform: Marsianer greifen die Erde an. Sie wollen die Erde erobern. Die Menschen sind dabei im Weg und werden gnadenlos vernichtet. Am Ende sind es nicht die Menschen, die den Krieg gewinnen, sondern Mikroben, Bakterien, Viren machen dem extraterrestrischen Gegner den Garaus. So jedenfalls im Original von H.G. WELLS. ORSON WELLES machte daraus eine Hörspielversion in Form einer Radioreportage im Jahre 1938. Die Welt lag damals in den Wehen eines heraufziehenden Zweiten Weltkriegs, die Nerven lagen blank und plötzlich berichtete das RADIO live von einer außerirdischen INVASION. Das war blanker Horror, denn so mancher begriff die Übertragung NICHT als Hörspiel.

FAKE STORY nimmt sich eines Ereignisses an, das sich im Laufe und der Folge der Hörspielsendung zugetragen haben soll. Nun, eigentlich beginnt die Handlung sogar noch vor der Sendung, aber das wird erst während der Ermittlung zum Geschehen deutlich. Der Journalist und Autor DOUGLAS BURROUGHS soll im Auftrag des Senders CBS herausfinden, ob sich tatsächlich wegen des Hörspiels eine Familientragödie abgespielt hat, in deren Verlauf der Vater und die Mutter des Jugendlichen TED OATES zu Tode kamen. Der Junge selbst liegt schwer verletzt im Krankenhaus.

DOUGLAS BURROUGHS trifft aus der Großstadt NEW YORK im kleinstädtischen GROVERS MILL ein, wo, dem Hörspiel zufolge, die INVASION der MARSIANER stattgefunden haben soll. Zuerst entdeckt der JOURNALIST nur das übliche Gemisch aus Wissen, Nichtwissen, Hörensagen und Gerüchten. Die Wahrheit liegt natürlich viel tiefer vergraben und hat rein gar nichts mit Außerirdischen zu tun. Doch das wird dem Leser allzu schnell klar. Und wenn die Wahrheit ans Licht drängt, ist die Geschichte noch lange nicht vorbei.

LAURENT GALADON, Szenarist, und Illustrator JEAN-DENIS PENDANX nehmen den Leser mit ins Jahr 1938. In NEW YORK lebt man massenorientiert der Zukunft entgegen. In GROVERS MILL, dem späteren Handlungsort, hält die Zeit noch den Atem an. Man begnügt sich mit zwei Polizisten. Nachbarn haben ein Auge auf ihre Umgegend. Im Lokaljournalismus ist das Handwerk etwas schludderig ausgeprägt. Die Sensation liegt im Blick, nicht unbedingt die nervenaufreibendere Wahrheit. Doch DOUGLAS BURROUGHS vergräbt sich in diese Welt, die mit dem CHARME ALTER FOTOGRAFIEN jener Ära daherkommt.

JEAN-DENIS PENDANX‘ Grafiken vermitteln einen handgemachten, uncomputerisierten Eindruck. Gouache, vielleicht Aquarellfarben mögen hier Verwendung gefunden haben. Mit leichtem Strich lässt JEAN-DENIS PENDANX Charakterköpfe und -gestalten entstehen. DOUGLAS BURROUGHS, der ermittelnde Großstädter, hager und abgeklärt, agiert mit detektivischer Sicherheit und optisch nüchternem Auftreten. Er ist der Mann, der Eventualitäten abwägt, sorgsam Beweise sammelt, die richtigen Schlüsse zieht. Ganz anders sein Pendant, die junge REPORTERIN der HEATHCOTE NEWS, ARETHA MILLER. Wenn sie auf ihrem Motorrad zum Tatort düst, mit Beteiligten wie der jungen ORNELLA YATES spricht, hält die starke zur Schau getragene Neugier so manchen auf Abstand und zwingt teilweise sogar zum Widerstand. All das transportieren die Bilder von JEAN-DENIS PENDANX, ohne dass es einer weiteren Erklärung bedarf.

Ein warmer, märchenhafter Vintage-Retro-Look verbirgt das Bitterböse im Kern und das vordergründig Offensichtliche der Handlung. FAKE STORY ist in diesen Zeiten sicherlich kein zufällig ausgewählter Titel. Zu jeglicher Zeit existierte die Bereitschaft das Unglaubhafte zu glauben, wenn Unwissenheit das Fundament bildet. Und sogar ein innerer Zwang jeder Korrektur des Unwissens entgegensteht. Das hier so eingefangene Bitterböse andererseits besitzt ähnlich aktuelle Bezüge und genügend historische Beispiele, leider.

Vordergründig leichtfüßig, hintergründig abgründig. Die schönen, stimmungsvollen Illustrationen von JEAN-DENIS PENDANX tragen eine düster-tragische Handlung, die Krimi und Drama zugleich ist. Das Szenario von LAURENT GALADON schärft durch die Verwendung einer vergangenen Zeit für die Geschichte den Blick auf aktuelles Geschehen. So ganz nebenbei. 🙂

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Oder bei Schreiber und Leser.

Sonntag, 10. Oktober 2021

CONAN – GESCHICHTEN AUS CIMMERIA

Filed under: Abenteuer — Michael um 16:56

CONAN - GESCHICHTEN AUS CIMMERIACONAN versucht noch mit seinen Rausch der letzten Nacht fertig zu werden, als ihm ein Angebot gemacht wird. Leider beinhaltet der Auftrag MAGIE. CONAN hält sich allzu gern von solchen Umständen fern. SCHWERTER und MAGIE vertragen sich nicht. Außerdem sehen jene, die ihm das Angebot unterbreiten, wie blutige Anfänger auf dem Gebiet der MAGIE aus. Davon lässt man sowieso besser die Finger. Und CONAN soll Recht behalten …

CONAN ist ein Phänomen innerhalb einer Reihe von Helden, denen eine jahrzehntelange Existenz innerhalb der Pulp-Unterhaltung zuteil wurden. Erschaffen einst von ROBERT E. HOWARD, der wie so manche Autoren den dauerhaften Erfolg der Figur nicht mehr miterleben konnte. Dabei ist CONAN sehr einfach gestrickt. Die Geschichten hier kokettieren teils mit diesem Charakterschema.

Bekannte Autoren wie ROY THOMAS, KURT BUSIEK, KEVIN EASTMAN, CHRIS CLAREMONT, STEVEN S. DEKNIGHT und ESAD RIBIC steuern die Abenteuer des Barbaren bei. ESAD RIBIC macht den Einstieg außerdem als Allrounder, indem er die Story nicht nur schreibt, sondern auch darüber hinaus komplett künstlerisch gestaltet. Das erste Ergebnis, die erste Kurzgeschichte ist denn auch ein richtiger Kracher (im grafischen Stil eines VINCENTE SEGRELLES). Gänzlich ohne (verständliche) Worte verfolgt der Leser den Reifungsprozess des Cimmeriers vom Jungen zum Mann und schließlich zum Krieger. In einer Welt der Gefahren, einer lebensfeindlichen Umgebung, samt Raubtieren, tierischen und menschlichen, wächst CONAN heran. Ständig werden seine Kräfte und sein Mut gefordert. Jedes Mal triumphiert er, nicht ohne Verletzungen, bis es schließlich so aussieht, als würde jedes Aufraffen noch doch im Keim erstickt.

In der Geschichte von ESAD RIBIC zeigt sich ein weiterer Kernbestandteil der Figur CONAN. Der BARBAR gibt niemals auf. Dieser Wesenszug zieht sich von der ersten Geschichte, AUFBRUCH, bis zum letzten Abenteuer, SCHIFF DER VERDAMMTEN. STEVEN S. DEKNIGHT bringt dem Leser mit dieser Handlung eine ganz besondere Figur an CONANS Seite zurück: BELIT. Diese Piratenkönigin nimmt einen großen Stellenwert innerhalb der Welt CONANS ein, gehört zu doch zu den Frauen, die den BARBAREN lange Zeit an sich fesseln konnten. Gerade in den Comics wurden die Abenteuer der beiden gern (und sehr gut) behandelt. Wie es nun Sache des vorliegenden Bandes ist, bietet das SCHIFF DER VERDAMMTEN eine Essenz der Beziehung dieser beiden unzähmbaren Charaktere und mischt eine ordentliche Portion MAGIE und HORROR hinzu.

Als CONAN noch Hörner hatte! Bilder solcher Art, auf denen CONAN einen behörnten Helm trägt, verdanken wir ausdrücklich einem Zeichner wie BARRY WINDSOR-SMITH. Mit der Geschichte NACHSPIEL – UND EIN NEUANFFANG greift Illustrator STEVE MCNIVEN das Design des BARBAREN seines Vorgängers auf. CONAN ist hier zwar muskulös, aber er platzt noch nicht vor lauter Bizeps, sondern ist deutlich jünger, drahtiger, insgesamt athletischer. So wirkt er auf dem gezeigten Schlachtfeld agiler, lebensnäher. Das ist ein Bildreigen, teils sehr großformatig, der szenisch den neuen Anforderungen von Leseraugen Rechnung trägt, die von SCHILD-UND-SCHWERT-SERIEN der letzten Jahre geprägt worden sind. Die Action nimmt den Betrachter mitten hinein, teils über die Schulter des BARBAREN hinweg. Manchmal darf er auch einfach nur Mäuschen spielen. Ein toller Look, den man sich einmal über die gesamte Länge eines Albums wünscht.

An anderer Stelle, im Abenteuer, TOD DURCH DAS SCHWERT, trifft der Leser auf einen CONAN, der ebenfalls über ein Schlachtfeld stapft. Aber dieser hier entspricht eher der grafischen Vorlage eines JOHN BUSCEMA (für mich immer noch einer der besten MARVEL-Comic-Künstler). Dieser CONAN kam der späteren Filmumsetzung mit ARNOLD SCHWARZENEGGER am nächsten, wirkte sogar noch grobschlächtiger, brutaler. ROBERTO DE LA TORRE eifert dem klassischen Zeichner aus einer tollen MARVEL-ÄRA in einer sehr finsteren Geschichte nach. Hier hat CHRIS CLAREMONT das Elend einer Schlacht und ihre Nachwirkungen eingefangen. Ein Gespräch schärft den CHARAKTER des CIMMERIERS auf simple und eindrückliche Weise.

Ein toller Querschnitt aus dem Leben des CIMMERIERS CONAN (mit nur einem Durchhänger, aber das ist angesichts der Qualität der übrigen Abenteuer zu verschmerzen). Sicherlich für Fans, aber in jedem Fall sehr gut geeignet, um einfach mal in die Welt des hyborischen Zeitalters hineinzuschnuppern! 🙂

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