Mittwoch, 31. Mai 2017
Mit DIE TRABANTENSTADT und ASTERIX UND KLEOPATRA finden sich in dieser Ausgabe gleich zwei klassische Abenteuer, die noch aus den Federn von RENÉ GOSCINNY und ALBERT UDERZO entschlüpften, in diesem Sammelband auf BERLINERISCH übersetzt. Allen voran hat sich DIETER HALLERVORDEN der Übersetzung gewidmet, gefolgt von KALLE SCHERFLING, SILKE LOCKE und SVEN KUGLER. Hintergründig geht es in beiden Geschichten um Bauszenarien. Ein Schelm, wer angesichts der Komödie um den Bau des Berliner Flughafens Böses dabei denkt.
Im damals 17. Band der hierzulande erschienen ASTERIX-Reihe, DIE TRABANTENSTADT, versuchte CÄSAR dem Dorf der UNBEUGSAMEN GALLIER einmal nicht kriegerisch beizukommen, sondern wählte das Mittel der römischen Zivilisation zur Ausrottung gallischer Lebensart. Der ASTERIX-Fan weiß, dass ein früher Versuch in KAMPF DER HÄUPTLINGE scheiterte. Nachdem es ein römisch gesinnter Häuptling nicht geschafft hat, soll es eine Wohnsiedlung, neudeutsch eine TRABANTENSTADT, richten. Plötzlich überfluten römische Mieter das Dorf. Widerstand wird zur Folklore, die von oben herab mit einem Augenzwinkern bedacht wird.
Vor diesem Hintergrund passt hier die berühmte BERLINER SCHNAUZE wie die ebenso berühmte Faust aufs Auge. Die TRABANTENSTADT wird zur BLADDE und schnell wird klar, dass es nicht nur um Dialekt, sondern insgesamt um eine etwas andere Sprachkultur geht, die außerdem ihre ganz eigenen Sprüche klopft. Da wird der Dorfplatz zur FUSSJÄNGAZONE, Sklaven werden kurzerhand zu HIWIS. Und natürlich singt TROUBADIX von Kreuzberger Nächten. Ein Glossar zu beiden Geschichten klärt den Leser über die wichtigen, benutzten Berliner Slangausdrücke auf, so dass am Ende keine Fragen offen bleiben.
Nun wirkt das römische Mietshaus in DIE TRABANTENSTADT tatsächlich ein wenig wie ein Plattenbau. Ob ein ägyptischer Palast wie in ASTERIX UND KLEOPATRA diesem Vergleich standhält? Eher nicht, obwohl NUMEROBIS, der ägyptische Baumeister keine architektonischen Meisterleistungen zu vollbringen imstande ist. Das beweist besonders eine kleine Szene, in der Idefix eine Villa einfach auf berlinerisch umschifft. Natürlich bleiben die Witze um das Nieseneeschen Kleopatras erhalten. Wenn die drei Helden auf Ägyptenausflug, ASTERIX, OBELIX und MIRACULIX (na, und IDEFIX), balinern zünden manche Witze anders, einige sogar besser.
An ICKE kommt man auf Berlinerisch nicht vorbei. Der DUDEN musste das in diesem Jahr ebenfalls einsehen und hat die Aufnahme in das deutsche Wörterbuch schlechthin geschafft. ICK, WA, WIA, das ist kein Refrain, vielmehr Personalpronomen, die das I-Tüpfelchen einer sehr direkten Sprache sind. TUT SE DEN KROKODILEN IN FRESSNAPF! Wenn Kleopatra so manchen Befehl ausspricht, fällt die Aussage noch deutlich bildhafter aus als im Original, eine weitere Eigenart dieser SYNCHRONISATION (ein Thema auch hier, da ebenso wie im Original der ägyptische Text aus Hieroglyphen ins Berlinerische übersetzt wird).
DENN HOLN WA DE KICKA UND DU BIST DER BALL! Beim Teutates, sogar Drohungen sind hart am echten Leben. Wer die Berliner Schnauze mag, eine richtige Haudruffsprache, der ist bei diesem Sammelband goldrichtig. Natürlich spricht man die Texte automatisch mit, so dass die Geschichten lebendiger als sonst werden. Macht im Original Spaß, macht hier noch ein bisschen mehr Spaß. 🙂
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Sonntag, 28. Mai 2017
Es war einmal ein Team von Geheimagentinnen namens DANGER GIRL. Sie waren eine eingeschworene Gemeinschaft, in der sich jede auf jede verlassen konnte. Bis eines Tages eine die anderen verriet! NATALIA KASSLE arbeitete in Wahrheit für eine Militärorganisation, die sich DER HAMMER nannte. Diese Organisation, die an nichts Geringerem als der Weltherrschaft arbeitete, bekam die ganze Wut der DANGER GIRLS zu spüren. Dem Tode näher als dem Leben wird NATALIA KASSLE nun aufgespürt von einer anderen kleinen Organisation unter der Leitung von APRIL MAYDAY. Der Fund der gefährlichen Frau ist ein Glücksfall für MAYDAY, die ihre ganz eigenen Ziele verfolgt.
Mit NATALIA KASSLE erschuf ANDY HARTNELL eine knallharte Doppelagentin in einem Szenario, das einen Agenten wie JAMES BOND alt und blass aussehen ließ. Aber KASSLE wurde besiegt und die DANGER GIRLS gingen ihrer Wege. Im Comic wie auch in der erwähnten Serie um einen britischen Geheimagentin lässt man einen verdienten Feind nicht so leicht untergehen. BLOFELD war ein Stehaufmännchen. Warum sollte es nicht auch einer NATALIA KASSLE gelingen, von den Toten aufzuerstehen?
Eine Auferstehung mit Gedächtnisverlust. Die Rückkehr dieser brandgefährlichen Amazone wäre zu zielbewusst, wüsste die Killerin gleich, wem sie ihr Vertrauen schenken kann und wem nicht. Ihre Rückkehr ins Leben ist von einer langen Genesung begleitet. Körperlich wieder bei voller Leistungsfähigkeit angelangt, folgen die Erinnerungen noch lange nicht, einzig ihre Kampferfahrung ist ihr geblieben. ANDY HARTNELL lässt seiner Killerikone genügend Anlaufzeit, um wieder in die Action zurückzukehren.
J. SCOTT CAMPBELL war der DANGER-GIRL-Zeichner der ersten Stunde. Seine ausdrucksstarken Bilder haben die Serie sehr geprägt. Zwischenzeitlich haben sich verschiedene Comic-Künstler an dem schnellen Thrillerszenario versucht. Mit JOHN ROYLE ist ein würdiger Nachfolger auf der Bildfläche erschienen. ROYLE ist es hervorragend gelungen, die Stilistik von CAMPBELL aufzugreifen. Die Frauen in DANGER GIRL sind allesamt, so das Konzept der Serie, körperliche Pin-up-Models, sehr athletisch gebaut. Und das müssen sie sein, denn JOHN ROYLE hat sie, und nahezu jeden anderen Charakter in dieser Geschichte außerdem, in Situationen zu zeichnen, die jedem MI-Kinostreifen gut zu Gesicht stehen würden. Wer Action sucht, ist hier weiterhin goldrichtig.
Großformatig, teils ganzseitig, in besonderen Fällen doppelseitig, entfaltet sich ein rasantes Blockbusterfeeling. Da werden Menschen von Explosionen durch die Luft gewirbelt und Fahrzeuge liefern sich wilde Verfolgungsjagden. Zweikämpfe sind halsbrecherisch auf wackeligem Untergrund, Frauen agieren verführerisch und tödlich und eine Menge Filmzitate geben sich die Klinke in die Hand. Wer sie erkennt, darf sich ein wenig mehr freuen, wer nicht, hat dennoch eine Menge Spaß an diesem Actionthriller. Zwar gibt es Humor, aber längst ist die Parodie im Kino von Knallern wie den FAST-AND-FURIOUS-Streifen eingeholt worden.
Wer schon Fan der Serie ist, kommt hier voll auf seine Kosten. ABBEY CHASE und ihre Freundinnen müssen hier zugunsten einer Rückkehrerin, nämlich NATALIA KASSLE, zurückstecken. ANDY HARTNELL und JOHN ROYLE lassen sich Zeit, die ehemalige Agentin und Verräterin mit Karacho zurückzuholen. Ist sie aber erst einmal auf dem Schirm, wird auf Höchstgeschwindigkeit geschaltet. Toll illustriert von JOHN ROYLE, der dem Szenario hoffentlich erhalten bleibt! 🙂
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Freitag, 19. Mai 2017
Das IMPERIUM ist vernichtet. Seit 30 Jahren, seit der Zerstörung des zweiten Todessterns, herrscht ein relativer Friede in der Galaxis. Aber aus der Asche einer vergangenen Macht erhebt sich die ERSTE ORDNUNG. Bislang wird seitens der NEUEN REPUBLIK eine direkte Konfrontation vermieden. Aus diesem Grund organisiert Prinzessin Leia einen geheimen Widerstand, der abseits der offiziellen Kanäle. Poe Dameron, einer der besten zur Verfügung stehenden Piloten, gründet das Jagdgeschwader SCHWARZE STAFFEL und erhält fortan die extra gefährlichen Einsätze.
Bevor es zu den Ereignissen in DAS ERWACHEN DER MACHT kam, war es PRINZESSIN LEIAS großes Ziel, ihren Bruder LUKE SKYWALKER wiederzufinden. Helfen sollte ihr dabei der Forscher LOR SAN TEKKA. Angeblich verstorben, ist der alte Wissenschaftler nun lebendig in aktuellen Aufzeichnungen aufgetaucht. Sein Aufenthaltsort ist jedoch weiter unbekannt, allerdings hat man einen Teil seiner Reiseroute herausfinden können. Ein Ansatz und besser als nichts. POE DAMERON macht sich mit seinen eigens ausgewählten Staffelkameraden auf den Weg.
Die Geschichte, hier eine Zusammenfassung der ersten sechs US-Hefte aus der POE-DAMERON-Reihe unter dem Titel SCHWARZE STAFFEL, fügt sich gut ins bestehende STAR-WARS-Universum ein. Auf die Figur des LOR SAN TEKKA, im Film von MAX VON SYDOW dargestellt, wird hier nur ein kurzer Hinweis abgesetzt. Der sollte dem STAR-WARS-Fan aber genügen. Denn daraus entstehen Einsätze, die es in sich haben. Der erste Einsatz ist etwas merkwürdig. Natürlich kennt der Fan seltsame Kreaturen innerhalb des STAR-WARS-Universums, sehr seltsame sogar, aber hier entfaltet sich eine Art TWILIGHT-ZONE-Atmosphäre.
Etwas geerdeter geht es in der nachfolgenden Episode in einem Gefängnis zur Sache. Helden müssen sich an ihren Feinden messen lassen, entsprechend wurde POE DAMERON ein Agent der ERSTEN ORDNUNG gegenüber gestellt. TEREX, so der Name des Bösewichts, berichtet in erster Linie an CAPTAIN PHASMA, die Kommandantin in silberner Rüstung, die ihren kleinen Auftritt in DAS ERWACHEN DER MACHT hatte. Nimmt man das Auftreten von TEREX und sein Aussehen könnte ein junger VINCENT PRICE eine gute Wahl als Darsteller gewesen sein (schlägt man einmal das Pendel in die andere Richtung, von Comic in Richtung Film).
PHIL NOTO, der überaus exakt arbeitet, mit einer Mischung aus architektonischer Genauigkeit und der Verspieltheit eines Jugendstils, liefert hier außerdem ein klassisches Cover ab, indem er den Filmplakatstil von DREW STRUZAN aufgreift. Die sehr sauberen, sehr plastischen Grafiken von PHIL NOTO erinnern an die Technik von Kollege TONY HARRIS, der sich mit EX MACHINA in die Herzen der SciFi-Comic-Fans zeichnete. Präzise gesetzte Linien werden von einer Kolorierung unterstützt, die einen markerähnlichen Auftrag imitiert.
Nebenschauplätze: Die Droiden als solche sind die heimlichen Helden von STAR WARS und eines ihrer wichtigsten Merkmale. BB-8, eine der jüngeren Droidenkreationen, tritt hier im Team eher herkömmlicher Astromechs auf und meistert sein eigenes kleines Abenteuer. Und beweist gleichzeitig, wie gut Szenen (fast) ohne Dialoge funktionieren können.
Ein toller Einstand einer neuen STAR-WARS-Serie, auf der Figur des POE DAMERON fußend, der seinen ersten Auftritt in DAS ERWACHEN DER MACHT hatte. Ungeheuer präzise illustriert von PHIL NOTO, flott erzählt von CHARLES SOULE. Für Stammfans und erst für die neue STAR-WARS-Generation. Sehr schön. 🙂
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Mittwoch, 17. Mai 2017
Die Ereignisse in Metropolis gehen seltsame Wege. Feinde können aus den unmöglichsten Richtungen kommen. Mit Freunden verhält es sich ebenso. BIZARRO hat SUPERMAN schon enorm viele Probleme bereitet. Das Spiegelbild des Stählernen, äußerlich verdreht und stets das Gegenteil von dem aussprechend, was er eigentlich meint, erhält plötzlich eine Chance, die niemand nach so vielen Jahren und so vielen Auseinandersetzungen auch nur erahnt hätte: Heilung. Der Heilung könnte Normalität folgen. BIZARRO hätte seinen Wahn unter Kontrolle, könnte dauerhaft helfen, anstatt nur zu zerstören. Aber nach einer derart langen Supergegnergeschichte ist der Wandel alles andere als leicht.
Nach BLUMEN FÜR BIZARRO geben sich weitere alte SUPERMAN-Feinde die Ehre, allerdings in neuem Licht, Seite an Seite mit neuen Gegnern, die aber nicht rundweg in die Klassifizierung Feind fallen. Gleich in der zweiten Geschichte IN DEINER OBHUT, in wunderbarem Zeichentrickstil von SEAN CHEEKS GALLOWAY illustriert, muss sich SUPERMAN einiges einfallen lassen, um jemandem eben KEINEN stimmten Gefallen zu tun. DEREK FRIDOLFS erzählt modern, schnell, behutsam und mit sorgfältig gesetzten Wendungen. Hier steht er beispielhaft für alle Autoren dieser Geschichtensammlungen, die ihr Metier, ein rundes, auf Heftlänge erzähltes Abenteuer, perfekt beherrschen.
KRYPTON, der Heimatplanet des Stählernen, wird gleich zweimal auf ungewöhnliche Weise thematisiert. Zuerst tritt eine GREEN LANTERN auf, die sich schuldig an der Zerstörung des Planeten wähnt und für die die Existenz eines Kryptoniers eine irrsinnige Chance darstellt. Das andere Mal macht SUPERMAN Bekanntschaft mit einem Roboter, der von der Zivilisation seines kryptonischen Vaters übrig blieb und nun ein ganz besonderer Freund werden könnte. Dreht sich in der ersten Geschichte einiges um Schuld und Sühne und kehrt sogar ein alter Feind zurück, erinnert im zweiten Abenteuer vieles an DER GIGANT AUS DEM ALL. Zeichnen sich die Bilder in DIE DUNKLE LANTERN von NEIL EDWARDS durch starken Realismus aus, finden sich in der Robotergeschichte EINZELKIND Grafiken von EVAN DOC SHANER, die deutliche Verbeugung vor einem 1950er Jahre Szenario darstellen. Das hat ein wenig Ähnlichkeit mit der leichten Stilistik eines STUART IMMONEN, der ebenfalls an SUPERMAN-Stoffen arbeitete.
METALLO sorgt für den Grusel im folgenden MEGABAND mit dem Untertitel STÄHLERNE ABENTEUER. Der Cyborg mit dem kryptonischen Innenleben und der für den Stählernen ungemein gefährlichen Strahlung ist zur DC-FRANKENSTEINMONSTER-VARIANTE geworden. Es gibt nur noch ein erklärtes Ziel, nämlich SUPERMAN zu töten. Grafisch sehr eindrucksvoll gerät die Hatz in ENTTARNT durch Zeichner GABRIEL RODRIGUEZ. Während ein abgehalfterter Journalist die merkwürdige Beziehung zwischen dem DAILY PLANET und SUPERMAN aufzudecken versucht, arbeitet sich METALLO sehr nah an sein Ziel heran.
Sehr mystisch, sehr überraschend und gleich von fünf Zeichnern angelegt, kommt die Geschichte SELTSAMER BESUCHER daher. Es geht um nichts weniger als den Niedergang der guten alten Erde und den Exodus ihrer letzten Bewohner. SUPERMAN-Fans können sich auf ein Wiedersehen mit KAMANDI freuen, der sich hier allerdings lange von seiner Jugend verabschiedet hat. Mystisch wird das Szenario durch die Begleitung SUPERMANS über die Jahrmilliarden bis zum terrestrischen Untergang. Ganz ohne Augenzwinkern geht es aber nicht vonstatten, wenn eine der frühen Begegnungen von SUPERMAN und BATMAN geschildert wird. Irrwitzig wird dieses Aufeinandertreffen mit einem weiteren Verbündeten (für SUPERMAN kein Unbekannter) und einem Heer aus wiederbelebten Kreaturen (mit klassischem Namen).
Viele verschiedene Blickwinkel auf eine Ikone der Popkultur, abseits der neueren Handlungsstränge und Events. In 13 Einzelepisoden werden bekannten Figuren neue Seiten abgerungen und gleichzeitig können sich ältere Leser an jene Zeiten erinnert fühlen, an denen die Figur des SUPERMAN kleine und große Abenteuer erlebte, ohne dass auf eine bestimmte Zeitlinie besondere Rücksicht genommen wurde. Es gab Eckdaten, die eingehalten wurden, darüber hinaus gab es viele Überraschungen. Und genauso verhält es sich auch hier. Das ist berührend, philosophisch, mit toller Action, geheimnisvoll, überhaupt sehr facettenreich. Für Comic-Leser, die einmal eine schöne Bandbreite des Stählernen kennenlernen wollen, tolles Lesefutter! 🙂
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Mittwoch, 10. Mai 2017
Untote sind für KRÄN nur Witzfiguren. Mit seiner Axt räumt er unter ihnen auf. Klar, es bleiben noch genug übrig und eigentlich nimmt ihre Anzahl kein echtes Ende, aber immer noch bleibt Angst außen vor, denn KRÄN ist ein Barbar und die haben bekanntlich vor nichts Angst. Was soll ihm denn auch passieren? MINIBAR kämpft an seiner Seite … nein, der ergreift dann doch lieber die Flucht. Genauso wie der Werwolf und MEGODAS, der Elf … na, eigentlich sind mal wieder alle anderen abgehauen. Typisch!
ERIC HERENGUEL hat mit seiner Saga um KRÄN eine Geschichte geschrieben und gezeichnet, die wirklich alles und jedes, jeden auch, durch den Kakao zieht, der die das einmal im Bereich Fantasy eine Rolle gespielt hat. Möchte man annehmen. Ganz gleich ob Film, Buch, HDR oder CONAN (ganz klare Steilvorlage für ERIC HERENGUEL), Rollenspiel oder auch Comic, hier ist nichts sicher vor diesem spitzzüngigen Erzähler. HARZAKÄS zum Beispiel sieht aus wie eine modrige Vorfahrenversion von PAPA SCHLUMPF. Und dann ist da noch eine Menge faul im NADALAND.
Ob GROSSE ALTE, HAIE, die offensichtlich im Sand zu Hause sind und dort ihre Opfer suchen oder schwebende Inseln, ERIC HERENGUEL rast, jagt, hetzt durch das Szenario, immer auf der Suche nach dem nächsten Witz, dem nächsten Fiasko, einer obskuren Gefahr, einer wahnwitzigen Kreatur. Zwischendurch, genauer im dritten Teil einer Enzyklopädie zum KRÄN-Universum, darf sich der Leser mit WERWOLF-Phänomenen oder auch der berüchtigten Stadt RABAUKISTAN vertraut machen. Wer sich auch nur halbwegs mit dem Genre FANTASY vertraut wähnt, wird sich als Comic-Leser hier ähnlich daheim fühlen, wie es Roman-Leser in der ähnlich klamaukigen SCHEIBENWELT-REIHE sind.
ERIC HERENGUEL hat bereits als alleiniger Autor und Zeichner gearbeitet (SILBERMOND ÜBER PROVIDENCE) oder hat für andere bekannte Comic-Autoren gezeichnet (z. B. CHRISTOPHE ARLESTON). Auffällig ist stets seine Anpassungsfähigkeit. Zwar übertreibt er mal gerne, auch in seinen realistischeren Szenarien. Aber verlässt diese grafischen Stile, wenn es der Sache dient. So besteht zwischen einer leichten Fantasy-Komödie wie DIE GEISTER VON TROY und seiner eigenen Kreation KRÄN noch ein ziemlicher Unterschied im Gesamteindruck. Denn ERIC HERENGUEL kann Abgedreht und Durchgeknallt. Letzteres trifft auf KRÄN zu.
Stilistisch bietet ERIC HERENGUEL dem Leser hier ein Witzbilderambiente an. Und durchaus könnten auf diese Art auch Einzeiler mit drei oder maximal fünf Bildern entstehen. Für eine Parodie ist diese Technik passend, für eine Fantasy-Comedy wie hier ist das sogar bombastisch gut. In der angehängten mehrseitigen Enzyklopädie, sicherlich auch eine Art Richtschnur für HERENGUEL selbst durch sein eigenes KRÄN-Universum, verändert sich die Stilistik etwas. Sie wird ausgefeilter, weniger karikierend, aber immer noch reichlich blödelnd.
KRÄN ist Fantasy-Anarchie, wahrscheinlich noch mehr als die Scheibenwelt, etwa in der Art vom Herrn der Augenringe (hat es gegeben) oder Pythons auf Speed. Hier soll gelacht werden und wer nur schmunzelt, wird sich irgendwann wundern, denn er muss vor diesem Aufgebot an Kalauern kapitulieren. ERIC HERENGUEL lässt es mitleidlos krachen, auch seinen Figuren gegenüber. Wer sein Lieblingsgenre einmal gänzlich veralbert lesen möchte, kann hier bedenkenlos zugreifen. 🙂
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Im Hintergrund der Menschheitsgeschichte agieren Mächte, die einen gänzlich anderen Blick auf das Geschehen und die Entwicklungen auf der Welt haben. Diese Allianzen denken langfristig, scheinbar gefühllos auf den Menschen, obwohl sie hauptsächlich durch selbige vertreten werden. Der OBSIDIANISCHE ORDEN zieht die Fäden und besitzt die Macht, weite Entfernungen mittels magisch anmutender Portale zu überwinden. Nur wenigen Menschen ist es vorbestimmt, im Rat dem Orden vorzusitzen. Einer von ihnen ist der berühmte DAVY CROCKETT. Nur besitzt der Trapper keinerlei Ambitionen, sich in die Geschicke dieser obskuren Gemeinschaft einzumischen.
Im unzugänglichen Gebiet der Anden hat er sein Versteck gefunden. Dennoch haben es sich verschiedene Agenten unterschiedlicher Seiten zur Aufgabe gemacht, den Waldläufer und amerikanischen Volkshelden zu finden. Der Überlebende der Schlacht um Alamo befindet sich im Besitz eines Idols, das den Inhaber als Mitglied des Rates ausweist. Jedem Kontinent wurde ein Idol zugewiesen. Atlantis verfügt ebenfalls über einen Vertreter. Die fortgesetzte Ausbreitung der Europäer bereitet den übrigen Mitgliedern Unbehagen. Ein Bündnis soll ihrer unkontrollierten Ausbreitung ein Ende setzen.
Komplexer als viele andere Comic-Reihen ist HAUTEVILLE HOUSE aus der Feder von Autor FRED DUVAL. Die weltumspannende Geschichte, die mit deutlichen Einflüssen von STEAMPUNK und Kreaturen begann, die der Fantasie eine H.P. LOVECRAFT entsprungen sein konnten, hat längst einen neuen Dreh erhalten. Agenten balancieren zwischen den Auseinandersetzungen dunkler Mächte hin und her und fanden einen ihrer gefährlichsten Angelpunkte im Bürgerkrieg auf dem nordamerikanischen Kontinent, den der Süden (entgegen aller echten historischen Begebenheiten) vorläufig für sich entscheiden konnte.
FRED DUVAL spielt weiterhin mit dem Begebenheiten und Charakteren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Welt ist seine Bühne, betrachtet man all die verschiedenen Schauplätze, immer sehr weit voneinander entfernt, oft unwegsam, exotisch, sehr heiß, sehr kalt, sehr hoch, sehr stürmisch. Kurzum, FRED DUVAL schickt seine Helden am liebsten in Gegenden, die es in sich haben und die Gefahr regelrecht ankündigen. Dennoch überrascht er den Leser. Eine Ahnung erfüllt sich nie, es kommt immer anders, als man denkt.
THIERRY GIOUX darf sich als Zeichner an Monstern austoben, die auch eher unter die Kategorie CTHULHU fallen. Die Auftritte solcher Wesen sind allerdings wohl gesetzt. Der Leser wird mit solchen Ansichten nicht überfüttert. Die wirklich besondere Atmosphäre in dieser 14. Folge mit dem Untertitel DER 37. BREITENGRAD erwächst aus einer Ansichten einer grandiosen und wilden Natur, Landschaften, die an anderer Stelle aus den Wanderschaften moderner Abenteurer her bekannt sind. Stürmische See, rasende Winde, von Eis und Schnee zerklüftete Berge werden hier zu Gegnern, die alles daran setzen, die Menschen aufzuhalten. Und wie es auch bei echten Natur der Fall ist, macht diese hier ebenfalls vor keiner Seite Halt.
Die Zeichnungen sind mit dünnen Strichen gemacht, einerseits fragil, andererseits eindeutig die Handschrift von THIERRY GIOUX. Die Arbeit ist gut und versiert, aber so richtig schön werden die Bilder durch die Kolorierung von NURIA SAYAGO. Der Gesamteindruck je Seite ist urwüchsig zu nennen. Als Thema zieht sich eine sehr starke, weitgehend unbelastete Natur durch das komplette Album. Medellin in Kolumbien ist die einzige Metropole, die einmal hervorsticht.
Eine tolle, stimmige Atmosphäre ist bezeichnend für die 14. Folge von HAUTEVILLE HOUSE. Die Kämpfe der Menschen gegeneinander, auch die Bündnisse mit Kreaturen gänzlich anderer Art, verblassen vor den Kräften der irdischen Urgewalten. FRED DUVAL und sein ganzes Team (auch MANCHU nicht zu vergessen, der wieder einmal an einem großartigen Titelbild beteiligt ist) liefern eine prima Episode aus diesem Alternativweltuniversum ab. Top! 🙂
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Donnerstag, 04. Mai 2017
Fernab der Erde haben sich ein paar Marines an Bord eines Raumschiffs der Ingenieure retten können. Diese fremden Wesen agieren den Menschen gegenüber mit höchster Aggressivität und werden von ihnen gnadenlos bekämpft und ausgelöscht. Aus welchem Grund diese über zwei Meter hohen humanoiden Gestalten so agieren, ist den Menschen nicht bekannt. Die Marines verstecken sich nach der ersten Begegnung mit dem Piloten des Schiffes und suchen gleich nach der Landung auf einem unbekannten Planeten ihr Heil in der Flucht. Doch dadurch kommen sie vom Regen in die Traufe.
Der zweite Teil des Vierteilers LEBEN UND TOD, mit dem Untertitel PROMETHEUS, setzt die Ereignisse des Comic-Crossovers FEUER UND STEIN fort. Die Menschen haben sich inzwischen mit einem PREDATOR arrangiert, eine Allianz, die mitunter funktioniert, wenn es einen gemeinsamen Feind gibt. Dieser besteht hier aus gleich zwei Gegnern: ALIENS und INGENIEUREN. Mit beiden lässt sich nicht verhandeln.
DAN ABNETT, Autor des neuen Vierteilers, kennt den Stoff, die filmischen Vorlagen und lässt seine Figuren einmal mehr nach dem Warum, der merkwürdigen Feindseligkeit der INGENIEURE fragen. Im Gegensatz zum Film PROMETHEUS, in dem diese Außerirdischen das erste Mal auf die Menschen trafen, liefert er ein paar Lösungsansätze und formuliert diese, im Gegensatz zu Regisseur RIDLEY SCOTT, auch aus. Hier und da klingt es logisch und sicherlich haben Fans weltweit schon ähnliche Gedankengänge angestellt. Eine endgültige Antwort bleibt DAN ABNETT letztlich schuldig. Das wird dem Kino überlassen bleiben.
ANDREA MUTTI zeichnet in einem reduzierten Stil (früher MIKE MIGNOLA, noch zu FAFHRD-Zeiten), bietet ein feines Endergebnis, wie in leicht nachgezeichneten Fotovorlagen (die hier selbstverständlich nicht existierten). Die Bilder sind eine gute Mischung für Fans der Reihe in Film, Comic, Roman, Computerspiel, aber auch für Neueinsteiger oder solche, die sich nur auf die Comics beschränken. Je nach Blickwinkel werden Veränderungen auffallen. Das Design der Aliens hat sich geringfügig verändert und folgt damit den Vorgaben bisheriger Einsätze, in denen deutlich wurde, dass ein Aussehen durchaus vom Wirtskörper beeinflusst wird.
PREDATOR und INGENIEUR allerdings sind nicht diese körperlichen Fluktuationen unterworfen. Hier treffen zwei Giganten aufeinander. Angesichts dieser Konstellation würde man sich als Leser eine noch tiefer gehende Science-Fiction-Geschichte wünschen, in der es zu einem tatsächlichen Konflikt zwischen den beiden Spezies kommt, denn unterschiedlicher könnten Wesenheiten kaum sein, aber immerhin gibt es durch die ALIENS Berührungspunkte. INGENIEURE sind offensichtlich, wie es sich auch hier zeigt, für ihre Entstehung verantwortlich, PREDATORen haben gelernt, die Kreaturen für die Jagd zu züchten und auszusetzen.
LEBEN UND TOD 2, PROMETHEUS, überzeugt mit einer großartigen Atmosphäre, vergleichbar mit alten Abenteuergeschichten, in denen die Leute an entlegenen Ort stranden und sich mit dem Schiffbruch eher schlecht als recht arrangieren und wenn sie es halbwegs geschafft haben, Piraten oder Kannibalen auf den Plan treten und ihnen das Leben erneut schwer machen oder sogar eine Flucht verhindern. Beklemmend beschreibt das Szenario unter dem Strich am besten.
Klar, für Fans besonders gut und zum besseren Verständnis lesbar im Zusammenhang mit den übrigen Episoden, aber LEBEN UND TOD 2 lässt den Leser nahe an die Charaktere heran und verlässt sich eben nicht auf die übliche Action. Feine zweite Folge! 🙂
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Mittwoch, 03. Mai 2017
Was ist der wirkliche Grund für die sagenhafte Expedition von Captain Lewis und Lieutenant Clark? Bevor sich das Gespann mit einer Gruppe auf den Weg in unbekanntes Gebiet machte, begab sich bereits eine andere Expedition ins Nirgendwo und stellte sich furchtbaren Gefahren. Bald nagte Hunger und Wahnsinn an den Männern. Beides trieb sie zum Äußersten und, fast unvorstellbar, darüber hinaus. Die spätere Mannschaft um LEWIS und CLARK ahnt nichts von der eigentlichen Bedrohung, die auf sie wartet.
Nach langen Wochen in der Wildnis haben sie vieles gesehen und vielen widernatürlichen Kreaturen getrotzt. Sie haben viele Tote gesehen, Männer verloren und das eine oder andere Leben gerettet. Sie wissen inzwischen, dass sie vor den gigantischen Torbögen, denen sie an verschiedenen Orten begegnet sind, auf der Hut sein müssen. Da ist die Aufeinandertreffen mit einem Indianerstamm bei aller nötigen Vorsicht eine normale Angelegenheit, die man zwar ernst nehmen muss, die jedoch berechenbar ist, denn immerhin handelt es sich um Menschen.
CHRIS DINGESS hat sich viele bemerkenswerte und außergewöhnliche Phänomene und Monster in den ersten Folgen von MANIFEST DESTINY ausgedacht. Darunter waren Wesen, die offensichtlicher intelligenter waren als normale Tiere und sogar Stammesformen besaßen und eine eigene Kultur pflegten. Und sie waren nicht die einzige Spezies, die die neue Welt auf zwei Beinen beschritt. Diesmal hat sich CHRIS DINGESS eine der unheimlichsten nordamerikanischen Legenden herausgepickt: den SASQUATCH. So lautet auch der Untertitel von BAND 4 der Serie. Ebenfalls eine bekannte Bezeichnung, üblicher sogar, ist der BIGFOOT. MATTHEW ROBERTS, Zeichner von MANIFEST DESTINY, weicht mit seiner Darstellung der Kreatur in einigen wichtigen Teilen von den eher schwammigen Beschreibungen dieses Mythos ab.
Einen Hinweis darauf gibt einmal mehr das collagenartig zusammengesetzte Titelbild von BAND 4. Im Zentrum schwebt ein Auge. Leser, die von Beginn an dabei sind, wissen um den Schädel, der eine auslösende Funktion zum Start der Expedition hatte. Das zugehörige Wesen könnte der griechischen Mythologie entsprungen sein. Hier wird im Lauf der Handlung ordentlich der Phantastik gehuldigt und ist letztlich doch nur die Einleitung für ein Wesen, das den bisherigen Eindrücken die Krone aufsetzt. Die Hand dieser Kreatur darf der Betrachter auf dem Titel inmitten der Raute bewundern. Neben dieser überströmenden Fantasie übernimmt in dieser Folge eindeutig der Horror das Regiment.
MATTHEW ROBERTS zeichnet bewährt realistisch, in Perfektion und schafft eine sehr interessante sowie ungewöhnliche Variante des SASQUATCH. Die Tuscheumsetzung durch TONY AKINS und STEFANO GAUDIANO ist peinlichst genau. Besonderheit erfahren die Bilder aber erst durch die feine Kolorierung durch OWEN GIENI, der mit einer feinen, lasierenden Farbgebung arbeitet. Wenn der Horror in Träumen, Visionen und Halluzinationen durchbricht, hätte vielleicht mancher Leser gerne auf den einen oder anderen Anblick verzichtet. Allerdings zeigt sich auch an anderer Stelle, wie toll das Grafik-Team funktioniert, wenn die erwähnte Begegnung mit einem Indianerstamm in Szene gesetzt wird.
Der Leser darf darüber hinaus bitterbösen, pechschwarzen Humor entdecken, der am offensichtlichsten zutage tritt, wenn das Wappentier der Vereinigten Staaten seinen Auftritt hat und alles andere als respektvoll behandelt wird. Ein äußerst nervender, weil sprechender Kopf eines Verstorbenen setzt dem düsteren Spaß die Krone auf.
So dunkle, so böse, so unterhaltsam und packend. CHRIS DINGESS und sein überragendes Quartett aus Comic-Künstlern schafft hier eine Genre-Besonderheit, die sich nicht ganz einordnen lässt, einen sehr eigenen Weg beschreitet, für allerhand Überraschungen gut ist und mit jeder neuen Idee mitreißt. Wer einem Paket aus Historie, Horror und Phantastik offen gegenüber steht, wird hier einen echten Kracher finden. 🙂
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