Es herrscht Krieg. Wenn große Gegnerschaften aufeinandertreffen, in verschiedenen Schlachten, an verschiedenen Plätzen, wenn es um das Überleben geht, denn wer hier verliert, stirbt. Oder kommt verändert, mit großem Hunger zurück. Als Beißer. Seit dem Kampf gegen Negan und sein Gefolge stehen die Leute um Rick vor ihrer ärgsten Herausforderung. Dieser neue Gegner, die Flüsterer, hat nichts mit ihrer Art zu leben und zu denken gemein. Gnade wird auf keiner Seite gewährt. Und als wäre all das noch nicht schlimm genug, findet sich eine neue Partei, die den Untergang der beiden anderen für sich auszunutzen gedenkt.
ROBERT KIRKMAN führt seine Helden, die verbliebenen Charaktere aus den Anfangstagen der Serie und einige, die im Laufe der Zeit die Lücken füllten, in einen Krieg, der sich immer mehr ausweitet. Der Konflikt wurde sorgfältig vorbereitet. Die Auslöser, die letztlich in die Konfrontation führten, hätten kaum brutaler und bezeichnender für eine verrohte Welt sein können. Das Team um ROBERT KIRKMAN hat den Wiederaufbau einer Gemeinschaft beschrieben und gezeichnet. Nun steht alles wieder auf der Kippe, indem sich eine Vorstellung von Zivilisation gegen die andere erhebt.
Ursprünglich bestand das Grafikteam aus den beiden Künstlern CHARLIE ADLARD (Bleistift) und CLIFF RATHBURN (Graustufen). Seit relativ kurzer Zeit hat STEFANO GAUDIANO das Tuschen der Bilder übernommen. Der Gesamteindruck der Linien ist extrem fein geworden. Und die braucht es auch, denn es gibt viel zu erzählen, so dass der Platz auf den Seiten gut genutzt und jede Regung und Emotion genauestens erfasst werden will. In dieser Folge, in der sich Dialogszenen und Actionsequenzen eine großartige Waage halten, gewinnt der Leser viele Eindrücke in zwei völlig gegensätzliche Welten.
DIE FLÜSTERER ist eine Gesellschaftsform der Mitleidlosigkeit, der Härte, der Selbstaufgabe. Für Individualität ist kein Platz mehr. In ihren Totenmasken gehen die selbsternannten Flüsterer in den großen Herden der Untoten auf. Die Masken werden Rückzugsorte, das letzte Versteck in dieser grausamen Welt. BETA, der neue Anführer der Flüsterer, auf seine Art ebenso unversöhnlich wie NEGAN, RICKs Erzfeind über viele Folgen, rächt sich bitter für jemandes Versuch, das Gesicht hinter der Maske zu sehen. ROBERT KIRKMAN läuft mit der scheinbar beiläufigen Charakterbeschreibung der Figuren zur Hochform auf und schafft hier eine der komplexesten und dichtesten Erzählungen der gesamten Reihe.
ZOMBIE-ACTION wie in der sechsten TV-Staffel von THE WALKING DEAD erwartet den Leser. Kompromisslos gestaltet von CHARLIE ADLARD, immer unter der Prämisse, wie viel genügen möge, um den nötigen Horror zu erzeugen. Es reicht, manchmal nur anzudeuten, zwischen Nahaufnahmen, Ausschnitten und Totalen hin und her zu schwenken, um Unruhe beim Erfassen der Szenen zu erzeugen. Eine weiterhin schwarzweiße Umsetzung lässt einen die Bilder gnädig verdauen. Geschickt werden großformatige Ankündigungen gesetzt, gerade gegen Ende, um einen typischen Cliffhanger zu erzeugen, der es aber in sich hat.
NEGANs Rückker auf die Bühne von THE WALKING DEAD ist mit dem Aufbau der FLÜSTERER schon länger im Gange, erreicht hier aber seinen vorläufigen Höhepunkt. Der Psychopath, lange eingesperrt und nicht, wie sonst vorher häufiger als Strafe eingesetzt, hingerichtet, nutzt seine Chance und kämpft aktiv auf der Seite von RICKs Leuten. Allerdings nicht ohne zuvor die letzte Provokation gegen die FLÜSTERER in Gang gesetzt zu haben. Der Leser darf in einer regelrechten Schlacht LUCILLE erneut in Aktion sehen, in einer wahnsinnigen Sequenz, im wahrsten Sinne des Wortes.
DER KRIEG DER FLÜSTERER ist heftig, dicht, schnell und packend. Jede Seite zwingt einen zum Weiterlesen. Unversöhnlich stehen sich hier zwei Feindgruppen gegenüber. ROBERT KIRKMAN gewinnt in der 27. Episode dem Zombie-Thema noch einmal eine neue Seite ab und unterstreicht damit die verdiente Langlebigkeit der Reihe mit einem Paukenschlag. Klasse! 🙂
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