Furchtbarer Job. Katzen retten. Falschparker aufschreiben. Einen Schottenrock tragen. Aber plötzlich ist die Arbeit gar nicht so schlecht. Nicht wegen des Erfolgserlebnisses. Nein. Der Grund ist … Tony Chu wird von seinen Kollegen gemocht. Dieses Wohlgefühl, diese Atmosphäre ist für den Polizisten Chu derart ungewohnt, dass er für seine neue Aufgabe sogar Sympathie entwickelt. Und vielleicht wäre sogar etwas noch Größeres daraus geworden, hätten sich nicht ein paar üble Gauner dazu entschlossen, ihm das neue Leben gründlich zu vermiesen.
Baseball. Eines jener Spiele, die in den Vereinigten Staaten heiß und innig geliebt werden, anderswo auf dem Globus aber auf weitaus weniger Interesse stoßen. Die Hauptfigur, Tony Chu, erlebt hier einen Tiefpunkt ihrer Karriere. Aus seinem alten Posten entfernt, freundlich ausgedrückt, darf er nun auf einem Elektrozweirad Dienst verrichten, mit einer lustigen Leuchte auf dem Helm und angetan mit einem Schottenrock (eine mehr oder minder große Schikane). Da ist er nun unterwegs, gewinnt den neuen Job sogar lieb und sogleich wird er von John Layman und Rob Guillory in einen ganz besonders finsteren, auch ekelhaften Alptraum geführt, selbst für einen Cibopathen.
Es kann für einen Menschen, der aus dem Geschmack einer jeden Substanz auf ihre Herkunft und ihr Schicksal schließen kann, äußerst befremdlich sein, in etwas hinein beißen zu müssen. Der Saft von Roter Beete wird so zu einer der wenigen Nahrungsmittel, die im Kopf keinerlei fürchterliche Bilder erzeugen. In einer Welt, von John Layman kabarettistisch an die Realität angelehnt, in der sich die Freaks die Klinke in die Hand geben, scheint es ausgesprochen schwer, noch weitere Spitzen zu setzen. Und doch gelingt es Layman einmal mehr. In Laymans Welt ist der Dschungel überall.
Die geheimen Baseball-Bettgeschichten will ein bislang unbekannter Autor zu Papier bringen. Ein Ding der Unmöglichkeit, da er über keinerlei Kenntnisse aus den liederlichen Bereichen des amerikanischen Volkssports verfügt. Gäbe es nicht Tony Chu bliebe es auch dabei. Besticht dieser Abschnitt der Handlung auch durch Dramatik und einige Ekelfaktoren, lässt Layman auch den Humor an anderer Stelle nicht außer Acht. Hier kommen Chus ehemaliger Polizeipartner und ebenfalls der sehr wichtige Widersacher ins Spiel. Nicht zu vergessen ist Chus Tochter, deren Begabungen mehr und mehr ins Zentrum des Geschehens gerückt werden.
Rob Guillory darf hier als Zeichner so richtig vom Leder ziehen. Lässt man einmal die Handlung um Tony Chu außen vor und betrachtet nur die Geschichte um John Colby, Chus ehemaligen Partner, der gleichfalls seinen Schreibtisch im alten Job räumen musste, erhalten Begriffe wie Toyboy ein vollkommen neues Gewicht. Seine Anstellung in der USDA, mit einem ausgewachsenen Löwen als Partner arbeiten zu müssen (generell arbeitet man dort mit Tieren zusammen), bringt weitere augenzwinkernde Aspekte. Dieses Augenzwinkern setzt sich im Hinblick auf eine Figur wie Hershel Brown fort, der aus Schokolade funktionsfähige Waffen fertigen kann. Angesichts druckbarer Waffenteile in den USA ist dieser Teil der Handlung beinahe schon Realsatire.
Mit Wut muss Rob Guillory diverse Szenen lang umgehen. Die einen brechen vulkanös aus, anderen gehen vergleichsweise geringer in die Luft. Manchmal hat es grausame Folgen, auch drastisch anzuschauen, manchmal endet es in Anbetracht des Ergebnisses mit einem Schmunzeln. Guillorys Cartoontechnik veralbert, freundlich formuliert, zahlreiche amerikanische Mythen, und wirkt mittlerweile ein wenig wie Rock ’n‘ Roll auf Papier.
Das wird gemein: John Layman schickt seinen Helden Tony Chu durch die sprichwörtliche Hölle (als hätte er es ihm bis hierher leicht gemacht). Fetzig und gewohnt eigen illustriert Rob Guillory. CHEW festigt ihren Stellenwert als sehr eigenständige Reihe mit zutiefst bissigem Humor. Auch im wahrsten Sinne des Wortes zu verstehen. 🙂
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