Des Lebens überdrüssig? Sterben? Dafür gibt es den Selbstmörderclub. Nur ist diese Form des Selbstmordes nicht ganz so einfach, auch vor das Ableben kann eine Aufgabe gestellt sein. Eine, die vielleicht schlimmer als der eigene Selbstmord ist. Prinz Florizel, der mit seinem treuen Oberst Geraldine von einem Unbekannten in diesen Club eingeladen wird, findet diese Versammlung, die sich wie die übliche Männerinstitution ausnimmt, zunächst nur befremdlich. Doch dann beginnt das Spiel. In der Runde werden zwei Karten gezogen. Das Kreuz As bestimmt den Mörder. Das Pik As bestimmt das Opfer. Niemand verlangt von Mitgliedern, selbst Hand an sich zu legen. Aber die Regeln wollen befolgt werden. Wer zum Tode bestimmt ist, der hat sich daran zu halten.
Robert Louis Stevenson, der mit seiner Schatzinsel Berühmtheit erlangte, mit seiner Erfindung von Dr. Jekyll und Mr. Hyde nachhaltig beeindruckte, wusste auch mit dieser Geschichte den Nerv des Lesers zu treffen, indem er einen teuflischen Club erfand. Sterben wollen sie alle, jene, die dem Club angehören. Sie machen sich sogar einen Spaß daraus. Nur die Sache mit dem Töten steht auf einem ganz anderen Blatt. Bevor der Tod selbst empfangen wird, kann es sein, es muss nicht, dass man selbst zum Mörder wird. Die Figur des ehrenhaften Prinzen Florizel erkennt sehr bald die Boshaftigkeit des Clubpräsidenten und beschließt, den menschenverachtenden Machtspielchen ein Ende zu setzen.
Clement Baloup hat eine Erzählung des Autors, erschienen 1882, für das Medium Comic adaptiert. Die Art und Weise, wie der Präsident mit den Clubmitgliedern im wahrsten Sinne des Wortes spielt, ein erweitertes, mit höheren Chancen durchsetztes russisches Roulette, lässt an Begegnungen mit dem Teufel denken, wenig faustisch hier, dafür mit weitaus mehr Satan angereichert. Der Prinz nimmt den Kampf auf, der anfangs ungleich scheint. Daraus wird eine Jagd, die schnell zeigt, wer hier der Herr der Ränkeschmiede ist. Am Ende muss es zum Kampf kommen und wer diesen gewinnt, kann aus Sicht des Lesers nicht vorher gesagt werden.
Eddy Vaccaro, verantwortlich für Zeichnungen und Farben, wählt eine luftig leichte Grafik, dünne Striche, weiche Farben mit dem Spektrum alter Fotografien, auch bereits verblasst vom Zahn der Zeit. Mitten hinein setzt Vaccaro treffen einfach gestaltete Figuren, in Richtung klarer Linie tendierend, aber wie auf halbem Wege stecken geblieben. Das wirkt intuitiv, künstlerisch freier und gibt viel Raum für Atmosphäre für das Böse, das sich von seinem ersten Rückschlag erholt und zur Gegenwehr ansetzt.
Ein schneller Strich, Aquarellfarben für ein meist unwirkliches, auch geisterhaftes Licht untermalen die immer düster werdende Geschichte, in der Menschen die Dämonen sind. Unter dem Deckmantel pompöser gesellschaftlicher Anlässe, hinter Galanterie und hohem zivilisatorischem Anspruch gärt es und wird das Wort Held bespöttelt. Das Böse glaubt sich unaufhaltsam und wird doch von der Hartnäckigkeit des Guten niedergerungen. So verklären die Bilder die Handlung beinahe in etwas Märchenhaftes, das etwas den Biss aus dieser dunklen Erzählung Stevensons nimmt.
Nicht die übliche Comic-Kost, überaus ernsthaft, mit Anspruch und selbst durch die Ansiedlung in viktorianischer Zeit thematisch zeitlos zu nennen. Hier zeigt sich, dass Stevenson eben nicht nur der Gruselromancier und der Jugendbuchautor war. Die Adaption ist sehr dicht erzählt, stimmig illustriert. Für Freunde von sehr erwachsenen grafischen Novellen einen Blick wert. 🙂
Der Selbstmörderclub: Bei Amazon bestellen