Der Lufteinsatz über serbischem Kriegsgebiet ist höchst gefährlich. Im widrigen Wetter, bei meterhohen Wellen kann der abgestützte Pilot im Wasser nur unter Mühen geborgen werden. Doch das Kriegsgebiet ist groß und Unterstützung aus der Luft kann nicht immer und überall zur Stelle sein. Die Piloten des Transportfluges, die Hilfsgüter abwerfen sollen, sehen sich plötzlich einem Luftangriff durch einen Helikopter gegenüber. Abwehrmaßnahmen können einigen Raketen ablenken. Eine trifft. Und damit ist der Überlebenskampf noch nicht vorüber.
Neue Zeichner, famose Optik: In den vorliegenden zwei Abenteuern dieses Sammelbandes geben sich Yvan Fernandez und Renaud Garetta die Ehre. Das bedeutet auch: Zurück den grafischen Wurzeln, wie Albert Uderzo sie zu Beginn der Serie vorgegeben hat. Zwischenzeitlich als Jije die Reihe künstlerisch übernahm, wurden die Grafiken intuitiver. Dem gefühlten Abenteuer wurde deutlicher Vorrang gegeben. Nun steht wieder die Technik und das Miteinander der beiden Hauptfiguren im Vordergrund. Das ist wieder moderner, aber auch klassischer. Freunde des Flieger-Comics, die an Serien wie Buck Danny ihre Freude haben, können diesen 9. Sammelband mit den Abenteuern In serbischer Gefangenschaft und Operation Opium auch als Einstiegsdroge in die Reihe begreifen.
In serbischer Gefangenschaft gibt die ernsthaftere und an historischen Ereignissen orientierte Ausrichtung der beiden Abenteuer vor, die sicherlich auch nicht uninspiriert von entsprechenden Filmen ist. Aber auch damit folgen diese Geschichten der Technik, die auch der erste Erzähler der Reihe, Jean-Michel Charlier, aufgriff. Aber der Leser wird auch den Gebrauch echter Kriegsverbrecher entdecken, gruselig gut erkennbar. Ausgerechnet Laverdure trifft es auf einer seiner Missionen, so dass er gezwungen ist, aus seiner Maschine auszusteigen. Der neue Autor Jean-Claude Laidin macht zuvor mit Laverdure die gewohnten wie auch zu erwartenden Slapstick-Einlagen, bevor es wie in Im Fadenkreuz sehr spannend zur Sache geht.
Yvan Fernandez ist grafisch zwischen den Künstlern Victor Hubinon und Leo einzuordnen. Aber in der perfekten Inszenierung technischer Details, bei Fahrzeugen zu Lande, zu Wasser und in der Luft finden sich auch die Anklänge eines Roger Leloup. Der Strich von Yvan Fernandez bedeutet klassische Schule, in der nichts dem Zufall überlassen wird, kaum ein Schatten verdeckt vielleicht unklare Perspektiven. Keine Einzelheit wird gescheut, selbst wenn der Bildausschnitt noch so klein ist. Die Bilder von Fernandez laden zum Verweilen ein, alles will betrachtet werden. Das ist, wie auch von Laidin erzählt, fast ein wenig Jerry Bruckheimer auf Comic-Seiten.
Renaud Garetta bleibt realistisch, vielleicht nicht mit ganz so hohem Detailgrad, gerät aber mit seiner Darstellung der Figuren näher an den ursprünglichen Zeichner Albert Uderzo heran. In den von Garetta gezeichneten Gesichtern liegt etwas mehr Charakter, mehr Unterschied. Bei ihm sind sie mehr Schauspieler als gezeichnete Charaktere. Operation Opium führt den Realismus fort und greift nach dem Krieg in Serbien den Anschlag auf die Twin Towers am 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten auf. In einer Szene begleitet der Leser sogar die Passagiere in der gekidnappten Maschine bei ihrem Anflug auf das nächste Ziel, das Pentagon.
Die Vermischung von derlei dramatischen Ereignissen, die das Weltgeschehen unglaublich beeinflussten, mit einem Comic wirkt zunächst schwierig, ist aber der Auftakt zu einem Militärthriller neuerer Machart, wie er sich ansonsten nur in Romanform (meistens) finden lässt. Da sind die, wenn auch sehr wenigen, Scherze eines Laverdure eigentlich fehl am Platz.
Härter, realistischer als gewohnt, sehr gut illustriert, im Stile moderner Technikthriller erzählt, können die beiden hier zusammengefassten Bände sehr gut zum Einstieg in die Reihe gelesen werden. 🙂
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