Luc Orient ist Wissenschaftler und Abenteurer. Seine Begabung hinsichtlich telekinetischer Fähigkeiten war seinen Freunden bisher unbekannt. Er selbst ist allerdings auch völlig überrascht. Denn leider hat er diese Gabe auch nicht im Griff. So mancher Gegenstand bewegt sich, sobald er in der Nähe ist, doch wirkt der luftige Tanz von Gegenständen verschiedener Art auf die Dauer nicht sehr amüsant. Luc ahnt nicht, dass diese neuen Fertigkeiten nur das Vorgeplänkel für ein neues Abenteuer auf einem fernen Planeten ist.
Ein Teil einer Comic-Ära geht zu Ende. Manche Serien brennen sich ins Gedächtnis ein, auch aus der goldenen Zeit der Comics heraus. Damals, so hat es heute den Anschein, wurde in viele Bereichen noch nicht auf Einschaltquoten geschielt. Es wurde experimentiert, frisch von der Leber weg erzählt. Und gar nicht einmal selten entstand daraus eine sehr unterhaltsame Geschichte oder sogar Serie. Luc Orient hatte mit Greg einen der Comic-Autoren schlechthin, mit hohem Einfallsreichtum und dem richigen Händchen für den Aufbau eines spannenden Abenteuers. Der vorliegende 5. Band der Gesamtausgabe der Reihe fasst die letzten noch fehlenden Geschichten zusammen.
Sporen aus dem All: Stellvertretend für einige andere Kurzgeschichten in diesem Band ist die schaurige kleine Geschichte (damals im ZACK-Parade-Taschenbuch erschienen) ein gutes Beispiel für eine gelungene Comic-Zwischenmahlzeit. Ein schneller Sprung hinein, ein Rätsel, relativ wenig Aktion, dafür jedoch ein unheimlicher, auch offener Schluss. Greg hätte hier durchaus noch einmal ansetzen können. Dazu kam es leider nicht mehr.
Mission 2012: Sieht aus wie Luc Orient, ist aber Kim Barry. Der Privatdetektiv und seine Kollegin Carol werden von der Zeitpolizei zur Lösung eines Falles in der Vergangenheit, 2012, engagiert. Ausgehend vom Jahr 2021 macht sich das Duo an die Arbeit. Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, wie so manche Zukunftsaussicht in der Vergangenheit dargestellt wurde, welche Möglichkeiten in der Zukunft machbar schienen. Vorausblickend scheint es aus aktueller Sicht unmöglich, dass in neun Jahren Zeitreisen möglich sein werden.
Die Kurzgeschichte spielt mit den Betrachtungsweisen der 50er und 60er Jahre des letzten Jahrhunderts, nach denen eigentlich alle bereits mit Atomfluggeräten unterwegs sein müssten. Ist dieser Teil recht amüsant, ist die Geschichte selbst spannend und schlüssig in dieser Kürze. Interessant ist hier auch der Schluss, der mit ungewohnter, auch realistischer Härte aufwartet.
Auf Albenlänge geht hingegen Die Reise in die Hölle. Die Hölle ist in diesem Fall die Vergangenheit. Greg schickt Luc Orient geradewegs in die Zeit des Zweiten Weltkriegs, mitten hinein hinter die deutschen Linien. Bei der Vielfalt der Möglichkeiten, die sich Greg durch das Science-Fiction-Szenario der Serie geschaffen hat, ist es ein wenig schade, dass ausgerechnet ein Abenteuer in dieser Zeitphase das insgesamt letzte der Reihe ist. Danach begann Zeichner Eddy Paape am Abenteuer Die Mauer, war jedoch nicht sehr glücklich damit. Eine Fertigstellung wurde durch den plötzlichen Tod von Greg ad acta gelegt.
Reise in die Hölle: Im Vergleich zu den Kurzgeschichten fällt die albenlange Geschichte deutlich feiner gezeichnet aus. Auch hat sich Eddy Paape hier weiterentwickelt. Er stilisiert seine Figuren etwas mehr. Sein Luc Orient ist kantiger, der Haarschnitt ist älter, weniger jugendlich, als sei tatsächlich eine Spätphase erreicht. Im Gegensatz zu anderen Serienhelden, die niemals altern, hat es den Anschein, als wollte Paape mehr Natürlichkeit in die Abfolge bringen und Alterung hinzufügen. Vielleicht stand damals schon ein Ende der Reihe zur Diskussion, denn immerhin findet Luc Orient ein Foto aus der Vergangenheit, das ihn vor einem Erschießungskommando stehend zeigt.
Der redaktionelle Teil sowie die ersten Seiten des unveröffentlichten und nicht fertig gestellten Albums Die Mauer runden den Abschluss der Gesamtausgabe mit einem Blick hinter die Kulissen ab. Wer des Französischen mächtig ist, kann mit den Abbildungen von Gregs begonnenem Drehbuch einen Eindruck seiner Arbeitsweise gewinnen.
Ein leicht melancholisch anmutender Abschluss: Ein richtiges Serienende war der Reihe nie vergönnt. Kurzgeschichten, ein langes Abenteuer und ein Fragment bilden das Finale der Reihe. Sehr interessant, unterhaltsam, auf Albenlänge wieder einmal sehr spannend. 🙂
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