Dara Brighton kann dem flammenden Inferno entkommen. Das Haus war einmal ihr Zuhause. Langsam taucht sie aus den Fluten auf, immer noch erschüttert von den Geschehnissen. Eigentlich ist sie an den Rollstuhl gefesselt, doch etwas hat es ihr kurzfristig ermöglicht, wieder auf ihren eigenen Beinen zu laufen. Das Schwert? Wenig später liegt sie um Ufer, nahebei versucht die Feuerwehr den Brand ihres Elternhauses zu löschen. Alles scheint vorbei und hoffnungslos. Doch das ist es nicht. Als einzige Überlebende der Familie muss sich Dara von der Polizei einige Fragen gefallen lassen. Wenig später ist sie keine bemitleidenswerte Überlebende mehr, sondern eine Tatverdächtige.
Die Gebrüder Luna lassen keinen Zweifel daran, dass sie mit der Popkultur, den Geschichten, die daraus hervorgegangen sind, aufwuchsen, diese aber ebenfalls zu erzählen wissen. In der vierteiligen Reihe Das Schwert begegnet der Leser der Studentin Dara Brighton, die bis auf ihre Behinderung ein typisches amerikanisches Mädchen ist. Ihre Eltern lieben sie, das Familienleben ist harmonisch, Freunde hat sie ebenfalls. Der große Knall, der dieses doch beschauliche Leben vollkommen aus der Bahn wirft, lässt nicht lange auf sich warten. Der Superheld, der im normalen Leben eine Einschränkung aufweist (wie hier Dara, die an den Rollstuhl gefesselt ist), ist kein Einzelfall im Comic, in der Vermischung mit einem uralten Feind, dem sich diese Heldin nun stellen muss, werden natürlich Erinnerungen an die Klassiker der weiblichen Helden wach, die im ausgehenden Jahrtausend verschiedene Szenarien umgekrempelt haben.
Joshua Luna und Jonathan Luna, die mit Ultra und Girls in den USA Aufmerksamkeit erregten, Cover für Spider-Woman und Red Sonja gestalteten, haben eindeutig Frauen zu den Frontleuten ihrer Geschichten erklärt. Eigentlich ein vollkommen korrekter Schachzug, betrachtet man die Zielgruppe innerhalb der amerikanischen Comic-Leser, die knapp bekleidete oder wenigstens gnadenlos um sich schlagende Heldinnen seit Buffy zu schätzen wissen.
Die Lunas spielen mit der Normalität des Alltags, eines Lebens, das zuallererst durch einen Angriff aus den Fugen gerät und im weiteren Verlauf durch stetig neue Bedrohungen und Wendungen aus der Bahn geworfen wird. Dabei folgen sie dem Dominoprinzip. Ein fallender Stein löst eine Ereigniskette aus, die unaufhaltsam bis zum Ende läuft. Die Geschwindigkeit der Erzählung ändert sich erst, als ein Sprung in die Vergangenheit das Rätsel um die Herkunft des Schwertes lüftet.
Schmale, klare Linien, wenige Striche bestimmen die Grafiken der Lunas. Damit reihen sie sich optisch in Reihen wie z.B. Y – The last man. Die dortige Künstlerin Pia Guerra pflegt einen ähnlich leichten Zeichenstil, der sich auch in anderen Publikationen findet und in den letzten Jahren im Zusammenspiel mit einer plastischen Kolorierung eine größere Verbreitung gefunden hat. Wer mehr im Horror-Genre nach Vergleichen sucht, wird diese auch in Hack/Slash (4) und der Künstlerin Rebekah Isaacs finden.
Jonathan Luna, der nicht nur zeichnet, sondern auch koloriert, verwendet pro Seite oder auch Szene grundsätzlich eine eingeschränkte Farbpalette. Die Farbwärme ist meist sehr kühl gewählt, wie eine durchgehende Dämmerung, eine Untergangsstimmung, die letztlich im ausgedehnten Finale des Rückblicks ihre Bestätigung findet. Leichte Verläufe, geringe Abstufungen in den Schattierungen finden sich im Vordergrund, während der Hintergrund durch leichte Unschärfe abgesetzt wird. Die optische Verwandtschaft zum Film wird hier mehr als deutlich.
Starke Superheldin: Sehr stark! Nicht nur das Schwert besitzt eine gewisse Macht, es verleiht auch übermenschliche Kräfte. Wer sich vielleicht fragte, was passierte, wenn Superman einen Normalsterblichen mit aller Kraft schlüge, erhält hier eine Antwort darauf. Die Ansichten dieses Lernprozesses fallen entsprechend drastisch aus.
Eine Mischung aus Fantasy und Horror, rasant, geradlinig und sehr ernsthaft erzählt: Die Gebrüder Luna schaffen mit der ersten Folge der vierteiligen Reihe einen hoch spannenden Auftakt. Die Lunas kennen alle Hebel und Kniffe, um ein phantastisches Abenteuer mit genau dosierten Höhepunkten und Wendungen zu erzählen. Klasse! 🙂
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