Leiden. Liebe bedeutet Leiden. Für die junge Frau, Hana, vergeht die Zeit quälend langsam, denn sie sieht ihren Geliebten nur einmal im Jahr: Für ganze sechs Minuten. Hana vergeht vor Schmerz, vor Sorge, aber vor allem vor Liebe. Und dann ist es soweit. Licomte erscheint. Plötzlich fliegt die Zeit nur so dahin. Hana möchte einen Ausweg finden. Aber gibt es überhaupt einen? Der Fluch, der Hana-Rose und Licomte trennt, kann er gebrochen werden? Die verrückte Alte, diese Hexe, gibt Hana einen Rat. Obwohl der Weg beschwerlich ist, reist sie in die große Stadt. Sie verdient das Geld für die Reise mit ihrem Körper, allein, um das Wissen derer zu lüften, die helfen könnte: Die finstere Drachenkönigin.
Tehy und Lalie schließen mit diesem zweiten Teil die Geschichte um den Engel und den Drachen ab. Entgegen der üblichen Darstellungsweise bedienen die beiden Comic-Macher sich hier der 3D-Technik. In dieser Form ist das Ergebnis sehr comic-haft geworden und hinterlässt nur in den seltensten Fällen jenen puppenhaften Eindruck früher 3D-Tage. Individualität und kinoartige Inszenierung werden, so weit es möglich scheint, ausgeschöpft.
Perfekte Nebenrolle: Hexen haben seit jeher eine besondere Rolle in Geschichten. Vielleicht waren sie sogar die Vampire ihrer Zeitalter. In diesem Band kommt der alten Schachtel Hortensia Iguanabella die Rolle der Ratgeberin, auch der Stimme des Gewissens zu. Sie schaut in die Zukunft, sie feiert, sie lacht, empfindet Trauer und stets, so wirkt es, mit der größtmöglichen Intensität. Neben der hauptsächlich leidenden, wie auch von Hass erfüllten Hana-Rose, ist sie ein vielschichtiger und auch liebenswerter, weil aufrichtiger und geradliniger Charakter. Hortensia spricht, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Sie kann Trost sein oder auch Ankläger.
Tehy und Lalie haben für sie das Äußere einer Gouvernante gewählt. Manchesmal mag sie auch an eine Matrone erinnern. Mit ihrer Frisur erinnert sie auch an den alten Dracula aus der Filmvariante von Francis Ford Coppola. Ihr erstes Auftreten ist entsprechend, nicht beißend, dafür im Ausdruck überaus bissig und gemein. Letztlich ist sie ein Mahner in der Wüste. Verzweifelt kann sie nur den Geschehnissen folgen. Bremsen kann sie diese nicht.
Drachen: Hana-Rose ist kein wirklicher Engel. Zu zerstört ist das Gemüt, zu verzweifelt die Seele. Aber die Drachen, die hier auftreten, besitzen jene urtümliche Kraft, jenes klassische Äußere, bei dem sich schon die Macher von Die Herrschaft des Feuers bedienten und es so einem breiteren Publikum zugänglich machten. Schlanke, stachelbewehrte Kreaturen mit ledrigen Schwingen, die Feuer speien und Hana-Rose beschützen, indem sie allzu aufdringliche Verehrer auffressen. Die zweite Hälfte des vorliegenden Bandes gerät so zu einer hoch dramatischen Handlung, grafisch opulent, leinwandtauglich (man meint hier und da typisch bombastische Musik zu hören, es kann nicht schaden, einen entsprechenden Soundtrack dazu einzulegen).
Ein sehr ansprechender zweiter und abschließender Teil: Märchenhaft, gruselig, grafisch ein kleiner Höhepunkt in dieser von They und Lalie in 3D ausgearbeiteten Form. Freunde klassisch gezeichneter Comic-Werke, die dennoch an Fantasy interessiert sind, sollten einen Blick riskieren. 🙂
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