Douglas hat den Glauben an sich verloren, an seine Idee eines Neuanfangs. Die abgeschottete Sicherheit hat nicht funktioniert. Die Gefahr kam von innen. Seine Frau ist tot. Douglas ist froh, dass es wenigstens einen Rick Grimes gibt, dem es gelingt, die Menschen um sich herum zu motivieren und anzuleiten. Douglas selbst will nicht mehr. Die Stimmung innerhalb der Gemeinschaft ist nach den Vorfällen der letzten Zeit allgemein nicht gut. Es fehlt an Hoffnung. Kleine Erfolge sind nicht in Sicht. Und die allseits vermittelte Sicherheit, das zeigt sich allzu bald, ist trügerisch. Die Zäune wurden zwar mit viel Elan errichtet, doch dafür wurde umso weniger Sachkenntnis angewendet. Und die Untoten warten bloß auf ihre Gelegenheit.
Robert Kirkman räumt auf! Nicht auf Anfang, aber auch nicht auf Los! Robert Kirkman, der Autor von THE WALKING DEAD schließt wieder eine Runde ab. Die Helden, die der Leser bisher verfolgen durfte, kamen zuletzt in einer kleinen Siedlung an. Strikt abgeschirmt von außen, war es für die Neulinge in dieser Gruppe eine große Umstellung. Das Leben sollte auf einmal friedlich sein (war es natürlich nicht), es sollte Normalität einziehen (auf eine gewisse Art tat es das), doch so richtig konnte die alte Welt nicht mehr beschworen werden. Zu viel war geschehen. Die Neulinge in der Siedlung unterlagen einer ständigen Nervosität, hervorgerufen durch ein lang erlerntes (und berechtigtes) Misstrauen.
Nun ist es also wieder so weit! Nach einigen Menscheleien, auch Schwierigkeiten aus der alten Welt, denen man nun nicht mehr mit alten Verfahrensweisen begegnen kann, melden sich die Monster der neuen Welt mit alle Gewalt zurück. Die kleine Siedlung wird von Robert Kirkman an den Rand des Untergangs getrieben. Eine Autorenaufgabe ist der sorgsame Aufbau von Charakteren und die anschließende, meist versuchte Vernichtung derselben. Die Figuren, allen voran Rick Grimes, der ehemalige Polizist, oder Michonne, die Frau mit dem Samuraischwert, wehren sich inzwischen gegen ihren Untergang. Aber Kirkman wäre nicht Kirkman, würde den Leser nicht bis zum Schluss darüber im Unklaren lassen, ob es ein hoffnungsvolles Ende gibt oder eben nicht.
Charlie Adlard kann den Zusammenbruch nach einer relativ kurzen Einleitung starten. Nicht nur die Untoten, sondern auch der ganz normale Jahresablauf fordert seinen Tribut. Der Winter steht vor der Tür. Schneeflocken fallen. In der mittlerweile versierten Schwarzweiß-Optik entspinnen sich einige menschliche Dramen, die durch ihre Erzählung nicht weniger spannend sind als das Aufeinanderprallen von Menschen und Untoten in den letzten beiden Dritteln des vorliegenden 14. Bandes.
Adlard legt den Schwerpunkt der Arbeit auf die Charaktere. Hintergründe spielen hierbei eine untergeordnete Rolle. Innerhalb von Räumen wirken Schatten, geben ein wenig Tiefe. Ein Möbelstück sorgt für Räumlichkeit. Außen sind es nur wenige Details, die helfen, eine Perspektive aufzubauen. Der Leser gewinnt sehr schnell den Eindruck, überall nahebei zu sein. Frontal, seitlich, von schräg oben oder auch aus einem versteckten Blickwinkel, der dem Leser suggeriert, er sei heimlich dabei. Inmitten der Kämpfe gibt es häufiger einen gnädigen Abstand auf das ebenso gnädige Schwarzweiß.
Das Aussehen der Untoten, eigentlich einmal ein Blickmagnet, gerät deutlich in den Hintergrund. Die Blicke der Akteure sind viel wichtiger geworden. Sie haben Angst, sie treffen Entscheidungen, auch unbarmherzige. Das ist szenisch packend, rasant und messerscharf eingefangen. Manche Sequenzen sind ein Atemanhalter. Einzig die Texte, wenn auch gering gesetzt in solchen Momenten, bremsen das Umblättern aus. Am Ende geht es um Alles oder Nichts. Die Bildfolge insgesamt wäre auch als Stummfilm lesbar (und verständlich).
Und wieder ist alles offen: Robert Kirkman hat den Trick hinbekommen, jedes Ende völlig lose im Raum stehen zu lassen. Sich auszumalen, wie es weitergeht, ist unmöglich. Nachdem wieder ein Handlungsstrang besiegelt scheint, kann der Leser nur auf den nächsten Band warten, um zu sehen, die Überlebenden den Winter überstehen werden. Eine geniale 14. Episode, aber nichts für Leser, die mit dem Horror-Genre nichts anfangen können. 🙂
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