Sohn eines Monsters! So rufen die anderen Kinder den Jungen, der nichts dafür kann an der Seite von Mime ohne menschliche Eltern aufzuwachsen. Doch Siegfried ist allzu menschlich, liebt und wird ebenso bitterlich enttäuscht werden. Doch so sehr er die menschliche Nähe sucht, so sehr entgleitet er ihr auch. Schließlich findet er die Liebe im Traum, der real wird. Siegfried könnte endlich glücklich sein, fernab von allem und allen, die etwas anderes für ihn im Sinn haben. Doch Schuld und auch Rache sind am Ende stärker und lassen ihn nicht zur Ruhe kommen.
Der berühmte Kampf: Held gegen Drache. Bereits das Titelbild deutet einen arg ungleichen Kampf an. Es ist kein Geheimnis, dass es Siegfried gelang, diesen Kampf zu gewinnen. Nicolas Jarry entwickelt aus diesem Duell noch mehr: Eine Tragödie. Die Sage um die Nibelungen, um Siegfried, Kriemhilde, Hagen und Brunhilde, nicht zuletzt um die germanischen Götter wurde häufig erzählt, aber das enge Verhältnis von ehemaliger Walküre und Siegfried wurde nur selten derart in den Vordergrund gestellt. Vor allem dann nicht, wenn als Leserschaft, Zuhörer oder Zuschauer eine eher jüngere Zielgruppe anvisiert war.
Nicolas Jarry entwirft aus Brunhilde und Siegfried ein Traumpaar, neudeutsch gesagt, aber auch gleichzeitig zwei Königskinder, die nicht zusammenkommen können. Es ist eine große und verzweifelte Liebe, zwei Menschen, die sich selbst genügen (müssen), wäre da nicht der Umstand, dass Siegfried ein Getriebener ist, in dem die Rache, sinnbildlich gesprochen, immer höher kocht.
Doch zuvor wird die Jugend von Siegfried besonders sorgfältig erzählt. Ein Außenseiter, ungelitten, trotz aller Bemühungen, die der Junge an den Tag legt. Jarry schenkt dem Helden wirklich nichts und führt ihn zuallererst einmal völlig tief herab, bevor der Junge auch Anteil am Glück haben darf. Jarry und Zeichner Djef (alias Jean-Francois Bergeron) stellen der harten Ausbildung von Siegfried die Ränke im Götterhimmel gegenüber. Loge (auch unter dem Namen Loki bekannt) bemüht sich in Odins Abwesenheit, die Götterdämmerung wahr werden zu lassen. Jarry zeigt den listenreichen Gott nicht nur als Ränkeschmied, sondern auch als Verführer.
Gerade die Erzählung dieser Götterdämmerung geht in die Tiefe und nimmt sich sehr viel Zeit. Wer hier besonders die Aktion sucht (die es zweifelsohne gibt), wird etwas enttäuscht sein, denn Jarry und Djef legen sehr großen Wert auf die Darstellung der Konstellationen, in der auch die Bösewichte und die zwielichtigen Gestalten nicht zu kurz kommen. Mime, Siegfrieds Ziehvater, ist eine widersprüchliche Gestalt, gestraft, aber auch bemitleidenswert, eigentlich herzlos zu nennen und doch ist er eine tragische Figur, die einer Bestimmung folgt, einem Weg, den er nicht einmal in dieser Form beschreiten wollte.
Wendepunkte: Während es in diversen Geschichten lediglich eine Handvoll von Wendepunkten gibt (wenn überhaupt), entsteht durch die geschickte Erzählweise von Jarry einer (eigentlich) bekannten Sage zu keiner Zeit Langeweile. Der Leser verfolgt die Geschichte auf mehreren Ebenen: Jenen Erzählstrang über die Probleme der Götter, die Wanderung Odins, das Aufwachsen und den Werdegang Siegfrieds. Letzterer ist noch einmal unterteilt in Vergangenheit, Gegenwart und Traumpassagen.
Djef zeichnet exakt, mit Hang zum Realismus, aber auch mit einer gewissen kindlichen Freude, die insbesondere auszumachen scheint, wenn es phantastisch wird und in göttliche Sphären geht. Man könnte auch sagen, dass es kindlich prachtvoll, überschwänglich ist. Die sehr starke, nicht weniger sorgfältige Kolorierung von Heban verstärkt diesen Eindruck noch.
Prachtvoll: So lässt sich der dritte Teil der Götterdämmerung unter einer Überschrift zusammenfassen. Eine Geschichte voller Wendepunkte, während dieser Teil selbst einer ist, denn am Ende ist Siegfried erwachsen und die Götterdämmerung einen Schritt näher gerückt. Sagenhafte Unterhaltung. 🙂
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