Der Adler ist riesig. Er könnte ein Pferd verschlingen, so er denn wollte. Ungebändigt hängt er in den Fesseln, doch Erat, Zauberer und Krieger, scheut sich nicht, das Wagnis einzugehen und den Adler gefügig zu machen. Doch selbst für einen Mann mit seiner Erfahrung und seiner Statur ist der Ritt auf diesem Ungetüm schwierig. Lässt sich das Tier letztlich auch steuern, so besitzt es doch Instinkte, die sich nicht so einfach beiseite wischen lassen wie der Freiheitsdrang. Bald schon hat Erat ganz andere Probleme.
Acht Männer standen am Anfang. Im Austausch für das ewige Leben schworen sie auf die Tötung jeglicher Kreatur zu verzichten. Nach vielen Jahren erscheint nun die vierte Episode der fünfteiligen Reihe auf Deutsch. Der Leser trifft jene Zauberer von Tichit auf der Jagd auf Menschen an. Denn wer glaubt, der Schwur habe aus den ehemaligen Seefahrern lammfromme Männer gemacht, sieht sich gewaltig getäuscht. Die Flüchtigen haben den Charakter ihrer Verfolger gut erkannt, sind aber keineswegs Unschuldslämmer und haben abgesehen von ihrer gemeinsamen Flucht wenig gemeinsam.
Dieter (alias Didier Teste) führt das Szenario von Frederic Contremarche fort, mit er bereits gemeinsam am dritten Band arbeitete. Zeichner Etienne Le Roux löst Mathieu Lauffray ab. Diese Ablösung verdeutlicht auch ein wenig den Zeichenstil: Klassisch, marvelisch, an Zeichner wie John Buscema (Conan) erinnernd, stilistisch auf Augenhöhe natürlich mit Lauffray (Prophet, Long John Silver) oder auch Denis Bajram (Cryozone). Klassisch bedeutet: Kernige Figuren, mit den nötigen Strichen gesetzt, denn auf Überflüssigkeiten wird verzichtet. Auf Realismus in Mimik, Haltung, Gestik und allgemeiner Körperlichkeit wird großer Wert gelegt.
Doch auf das Ungewöhnliche, Magische wird nicht verzichtet. Durch Die Wüste von Akabar führt die Jagd, einen Landstrich, der lebensfeindlich, aber nicht leblos ist. Le Roux kann mit Figuren umgehen, die bekannt wirken und doch monströs sind. Riesenadler und Riesenwolf stehen einander gegenüber. Wolfshorden machen die Wüste unsicher. Menschen kämpfen weniger gegeneinander als gegen die Kreaturen, die erbarmungslos und unbeirrbar gegen die Menschen vorgehen. Ausgerechnet die mitleidlosesten Charaktere des Bandes sind es, die dabei am meisten faszinieren. Bei den Gejagten ist es ein weibliches Zwillingspaar, unbeugsame Kriegerinnen. Sie sind zwar schön, stehen im Einsatz von Gewalt und ihrer Unbeherrschtheit dem Zauberer Erat in nichts nach.
In dieser Figur, in der sich gestalterische Parallelen zu Prophet von Mathieu Lauffray besonders stark ausdrücken, findet sich ein äußerst widersprüchlicher Held. Er könnte fast ein Guter sein. Er steht nur auf der falschen Seite. Unbändige Kraft, eine Urgewalt treibt diese Figur an, deren Anteil der Geschichte einen großen Teil der Geschichte einnimmt und die Flucht der kleinen Gruppe zum legendären Ort Amojar ein wenig in den Hintergrund rückt. Freunde von Fantasy, die mehr Wert auf das Schwert als auf Magie legt, werden nicht nur, aber besonders an dieser Figur, die auf ihre Art eine tragische Gestalt ist, ihre Freude haben.
Die Kolorierung von Axel Gonzalbo ist durchweg kräftig, ein wenig erdig. Feinheiten werden mit einem Pinsel aufgetragen, in verschiedenen Stärken (und durchaus auch so, dass es echt wirkt, so dass es schwer zu sagen ist, ob Kollege Computer das Arbeitsmittel war). Hiervor abweichend ist die Sequenz über die Historie des Amojar koloriert, jenem Kloster, das später zum Bordell wird. Hier bestimmen Aquarelltöne die traumhafte Erzählung und unterstreichen so den Rückblick bzw. die Geschichte in der Geschichte.
Zwar fehlen dem Leser beim Einstieg (der aber noch nachgeholt werden kann) in den vierten Band der Reihe ein paar Informationen, da aber sich diese Episode hauptsächlich mit einer Verfolgung und Flucht beschäftigt, ist ein rasantes Fantasy-Abenteuer entstanden, das allein wegen seiner fabelhaften Aktionssequenzen und der sehr guten wie auch passenden Illustration genossen werden kann. 🙂
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