In der Bar erkennen die Leute den Mann mit dem Vollbart nicht. Die Flucht hat sich gelohnt. In Paris kann Jim Morrison unerkannt herumlaufen, nachdenken und wieder zu sich selbst finden. Abseits der Kritiken lebt der echte Jim Morrison. Doch wer ist das? Morrison lässt sich treiben. Der nächste Tag interessiert nicht. Das neue Album der Doors, deren Frontmann er ist, erscheint und wird nicht sehr gut von der Kritik angenommen. Morrison ist müde. Die Kerze in seinem Inneren loderte schnell auf und brannte nieder. Innerhalb weniger Jahre wird der Sänger und Songschreiber zur Kultfigur. So laut er auf der Bühne ist, so wird er als Mensch immer stiller.
Poet des Chaos, ein chaotischer Poet: Jim Morrison. Die Doors sind eine musikalische Legende, dank Jim Morrison. Eine Künstlerseele zu erfassen, ist immer schwierig. Seien es Biographen, die sich einer solchen Figur annehmen. Oder seien es auch die Künstler selbst, die sich zu ihrem eigenen Schaffen äußern. Eines ist ihrem Leben aber häufig gemein: Ein gewisses Drama. Einige sind besonders provozierend. Sie leben drastisch und schnell. Sie vertreten radikale Ansichten. Und ganz wichtig, besonders für jene, die aus einer Flower Power Generation entstammen: Sie sterben jung.
All das trifft auch ein Stück weit auf Jim Morrison zu, dessen Leben hier portraitiert wird, so wie es die beiden Macher auch interpretieren. Frederic Bertocchini lässt Morrison selbst erzählen. Der Sänger, der Doors, inzwischen in seinem Exil in Paris angekommen, älter geworden, erinnert sich an Kindertage, Jugendzeit und den Beginn der Musikkarriere, die Aufregung, die tolle Zeit, aber auch an die Widerstände, die sie erfahren mussten. Bis das Blatt kippte und Morrison es war, der den anderen mitteilte, dass er die Doors verlassen wollte.
Das Merkwürdige an solchen Biographien ist häufig ihre Gewöhnlichkeit. Morrison kommt aus einer, wie es hier erscheint, normalen Familie ohne besondere Vorkommnisse. Aber irgendwie entwickelt sich ein Hang zum Morbiden. Der Tod übt eine ungeheure Faszination auf Morrison aus. Auch Erfahrung in Grenzbereichen durch Alkohol und Drogen kostet Morrison aus, teils gegen jede Warnung und nimmt so auch eine Überdosis in Kauf. Morrison hängt nicht am Leben, so viel wird sehr schnell klar. In schwarzweißen Bildern, mit dem Pinsel gemalt, reißt Jef Szenen und Eindrücke aus Morrisons Lebenslauf heraus.
Man mag eine gewissen Bewunderung zu Morrison aufbauen, wenigstens für die Art, wie er seinen Weg geht. Eine sympathische Figur ist er nicht. Er glaubt von sich, ein Künstler zu sein. Der Glaube an sich wächst. Als die Chancen kommen, sich vor Publikum auszudrücken, wächst das Korsett des Business mit. Der Poet wird erdrückt. Provokation wirkt bis zu einem gewissen Grad. Irgendwann ist die letzte Grenze überschritten, die Gunst des Publikums kippt. So geschehen bei seiner Interpretation des Oedipus-Mythos. Morrison passt sich an, flieht.
Wie gut oder wie schlecht Morrison in dem war, was er tat, kann diese Geschichte nicht zeigen. Denn Morrison war The Doors. Das ist Musik, die kein Bild einfangen kann. Und gerade seine gesungenen Interpretationen seiner Texte zeigen den wahren Poeten. Sprache und Text sind nicht automatisch gleich Ausdruck. Insofern geht hier ein Stück der Persönlichkeit verloren, die trotz der interessanten Erzählung nicht vermittelt werden kann. Ein Tipp kann hier nur lauten, für Nichtkenner das Minimum, sich parallel dazu wenigstens ein Hit-Sammlung der Doors anzuhören.
Interessant, fragmentarisch: Ein Künstlerleben. Parallelen zu anderen Künstlerbiographien existieren. Steil in die Höhe, der Zusammenbruch. Eine Interpretation der Figur Jim Morrison von Fans für Fans, eindrücklich schwarzweiß illustriert. 🙂
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