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Comic Blog


Montag, 08. November 2010

Reisende im Wind 2 – Das Gefangenenschiff

Filed under: Abenteuer — Michael um 20:55

Reisende im Wind 2 - Das GefangenenschiffUnter Deck ist es furchtbar. Die Hängematten hängen kreuz und quer. Das Auge kann kaum einen Weg hindurch entdecken. So beengt wie es ist, versuchen die Männer trotzdem ein wenig Ruhe zu finden. Doch der Streit gärt hier geradezu. Cäsar ist ein hochtrabender Name. Die abgerissene Gestalt, die ihn trägt, ist am Tiefpunkt des Lebens angelangt. Hunger hat aus ihr ein Klappergestell gemacht. All ihre Habseligkeiten, selbst den letzten Rest Kleidung hat sie beim Spiel verloren. Aber Cäsar hat noch einen Rest von Stolz. Er hat noch eine Spur alter Gewitzheit und Erfahrung. Und so wehrt er sich. Mit diesem Kampf entsteht die Tragödie. Aus einem Zweikampf wird ein Blutbad.

Francois Bourgeon beschreibt den harten Alltag auf einem Gefangenenschiff. Die Verachtung der Wärter gegenüber ihrer Fracht, die Unmenschlichkeit der Gefangenen untereinander. Bourgeon, Autor und Zeichner dieses Mehrteilers, stellt dem Leser ein drastisches Bild dieser Zeit vor. Dabei ist diese Szenerie nur der Auftakt. Obwohl die zweite Folge von Reisende im Wind den Titel Das Gefangenenschiff trägt, ist dieser Teil der Handlung bis zur Hälfte des Albums erzählt. Bourgeons Helden, die Reisenden um die junge Isabeau de Marnaye, müssen sich nun an Land durchschlagen und das ist ebenso schwer wie zur See. Überall wimmelt es von Halsabschneidern, Vergewaltigern, Mördern und Gaunern, die einem nicht einmal das Schwarze unter den Nägeln gönnen.

Sehr geschickt spielt Bourgeon mit Gegensätzen. Arm, reich. Jung, alt, Schön, häßlich. Geburt und Tod. Besonders letzteres wir in einer Sequenz deutlich. Eigentlich wollen die Flüchtlinge ein kleines Straßenmädchen retten, es mitnehmen in eine ungewisse, aber bestimmt bessere Zukunft. Aber das Mädchen will nicht. Es wagt sogar, ihre Retter wie auch Verfolger zu verhöhnen. Kurze Zeit darauf fällt ein Schuss. Und nicht viel später wird ein Kind geboren. Nichts kündigt diese Wendung der Geschichte an. Bourgeon ist für Geschichten gut, in denen alles geschehen kann. Zwar zeigt sich, dass er auf seine Art auch ein Romantiker ist, aber das bedeutet für seine Figuren keine Sicherheit. Bourgeon verpflichtet sich selbst der Echtheit.

Echtheit ist gleichzusetzen mit ausgiebiger Recherche und viel Feinarbeit. Die Atmosphäre ist stimmig und entschädigt in der Folge für die anfängliche Düsternis mit ausgleichender Heiterkeit. Allerdings auch nur bis zu einem gewissen Grad. Bourgeon zeichnet diese Bilder mit scheinbar leichter Hand. Ein Gesicht entsteht mit wenigen Strichen und ist doch ausdrucksstark und jeweils von hohem Wiedererkennungswert. Alte Gesichter lässt Bourgeon gerne entgleisen. Viele Menschen sind in diesem Szenario hager (aus Hunger), entsprechend faltig, hängend, zerfurcht sehen sie noch in die Welt. Schmallippig, mit wenigen oder gar keinen Zähnen mehr.

Man merkt der Geschichte an, dass sie einen Übergang darstellt, denn das große Abenteuer folgt später in Afrika. Im kommenden Abschnitt mischt Bourgeon gekonnt exotische Kulisse mit europäischen Charakteren. Alles an dieser vorliegenden zweiten Episode ist ein Abschied, mit unterschwelliger Unruhe für den Leser, da er nicht vorausahnen kann, ob und von welchem der Reisenden er sich nun tatsächlich verabschieden muss.

Vorbildlich erzählt, eine Geschichte, die sehr stark von ihrer Atmosphäre lebt. Bereits hier ist die Vorkenntnis der ersten Episode Pflicht. Bourgeon verzahnt seine Geschichten sehr stark und fordert Aufmerksamkeit. Aber wer sich auf dieses Historienabenteuer einlässt, wir belohnt. 🙂

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