Die Besatzung des kleinen Sternenschiffes hatte sich nicht auf besondere Vorkommnisse eingerichtet. Eher beschaulich verläuft die Reise des Wookies und der Chiss-Frau, als eine Nachricht die Langeweile beendet. Ein Volk wurde vernichtet. Der letzte Überlebende schickt eine Warnung vor den Yuuzhan Vong hinaus ins All. Obwohl er einer Kriegerrasse entstammt, der Kampf alles galt, hat er nur einen Rat für alle anderen: Flucht. Die Yuuzhan Vong, so sein Fazit, kann niemand aufhalten.
Die Yuuzhan Vong: Eine Rasse, die vollkommen auf Eroberung ausgerichtet ist. Die keine Gnade kennt. Der es gleich ist, ob sich ein Feind verteidigt oder nicht. Die Fremdartigkeit der Yuuzhan Vong, abgesehen von ihren Absichten, läuft etwas aus der gewohnten Bahn des Kriegs der Sterne. Das Volk ist überaus monströs, viel monströser als alles, was je eine Cantina von innen gesehen hat. Ihr Auftreten und ihr Eroberungswillen wirken wie eine Mischung aus den Schatten aus Babylon 5 und den Necromongers aus Riddick. Besonders ihre lebende Schiffstechnologie erinnert sehr stark an die Schatten.
Tom Taylor, Autor, entführt den Leser in eine Zeit des Aufbruchs. 25 Jahre nach der Schlacht um Yavin scheint sich die Galaxis zu beruhigen. Ein neuer Jedi-Orden nimmt Gestalt an. Just zu diesem Zeitpunkt beginnt die Invasion der Yuuzhan Vong. Ihr Auftreten mag manchen Star Wars Fan auch an die Invasion durch die Ssi-Ruuk erinnern. Parallelen sind vorhanden. Beide Spezies sind mit den Sith verknüpft. Erstere mit Darth Krayt, letztere sogar mit Imperator Palpatine. Hier offenbart sich schnell eine Schwäche der Geschichte: Es ist viel geschehen. Das Star Wars Universum hat sich weiterentwickelt. Kinder wurden geboren, Beziehungen geschlossen, Chewbacca ist verstorben. Ein Nicht-Fan wird viele Schwierigkeiten der Stamm-Charaktere untereinander nicht einschätzen können.
Bleibt, wie in allen Star Wars Geschichten, eine Reihe von neuen Figuren, die hier frisch kennengelernt werden können. Wie in einem Filmschnitt wird zwischen den einzelnen Handlungsebenen gesprungen, manchmal etwas zu ruckhaft, aber immer mit einer Geschwindigkeit, die zum Weiterlesen zwingt. Neben der Brutalität, die der Kampf gegen die Yuuzhan Vong zwangsläufig mit sich bringt, kann die neue Spezies mit ungewöhnlichen Angriffstechniken überraschen. Ihre Art, tödliche Kreaturen in der Schlacht einzusetzen, bringt außergewöhnliche Ansichten hervor.
Colin Wilson, einerseits als Zeichner im Star Wars Universum erprobt, ist gleichzeitig in verschiedenen Genres außerhalb der Space Opera versiert. Blueberry (Western), Point Blank (Superhelden) oder Rain Dogs (Science Fiction) gehören zu seinen vielfältigen Veröffentlichungen. Seine Bilder sind stets kraftvoll, mit starker Strichführung und stehen in enger Verwandtschaft zum Stile eines Cam Kennedy, der mit Das dunkle Imperium nachhaltigen Eindruck in den schier unzähligen Star Wars Veröffentlichungen hinterlassen hat. Wilson gehört zu den Zeichnern, der solchen Fußstapfen mit Bravour folgen kann.
Obwohl er nicht zu den Künstlern gehört, die versuchen die Gesichter der bekannten Figuren schauspielergetreu wiederzugeben, fängt er den Kern einer Figur wie Luke Skywalker (Mark Hamil) oder Han Solo (Harrison Ford) ein. In seinem persönlichen Stil ist ein Grinsen sofort Han Solo zuzuordnen, ist ein Lächeln sogleich als jenes von Luke Skywalker erkennbar. Mit sichtlicher Freude hat er die Aliens gestaltet, von denen es gerade auf dem Schmugglermond Nar Shaddaa nicht wenige gibt.
Grafisch top, aber Invasion ist nicht gerade eine Einsteigergeschichte in das unbändig gewachsene Star Wars Universum. Wer Fan ist und sich auskennt, wird sich über die tolle Arbeit von Colin Wilson freuen. Sich an die schnelle Erzählung von Tom Taylor zu gewöhnen, fällt leicht. 🙂
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