1865. Red River Station. Dies ist einfach kein Ort für Theater. Die Männer wollen ihren Whiskey. Sie wollen ein paar Frauenbeine tanzen sehen. Vielleicht ein wenig Geklimper von einem alten Klavier. Aber Kultur? Das brauchen sie nicht wirklich. Hermes, der selbsternannte Theaterdirektor über das traurigste Häuflein Schauspieler, das jemals eine Bühne bestiegen hat, treibt den jungen Drustan und den bärbeißigen Joe Adam weiter durch das Land. Regen und Matsch begleiten sie. Jeden Augenblick müssen sie fürchten, von Indianern überfallen zu werden. Doch zuvor gilt es bei aller Vorsicht vor dem, was sie erwarten mag, noch ein viel dringenderes Problem zu lösen: Hunger.
Christian Rossi führt den Leser in die Abgründe des Wilden Westens. Von Klassikern her weiß der Leser, auch der Western-Fan, dass die Eroberung des nordamerikanischen Kontinents mit vielen Gewalttaten verbunden war. Mit der Ausbreitung der weißen Einwanderer wurden die amerikanischen Ureinwohner an den Rand der Ausrottung gedrängt. Sklaverei begünstigte die Wirtschaft, ein scheinheiliger Bürgerkrieg trieb die junge Nation ebenfalls an den Rand, an den des Wahnsinns.
Mittendrin sind die drei Hauptcharaktere immer noch unterwegs. Der Wahnsinn ist ihr Begleiter. Hier bei Rossi zentriert er sich in der Figur des Hermes, der glaubt, in dem jungen Dustran einen Schutzbefohlenen zu haben. Mit dieser Figur ist Christian Rossi ein Charakter gelungen, der faszinierend und abstoßend zugleich ist. Noch faszinierender und bezeichnend für diese verrückte Zeitspanne ist der Umstand, dass kaum einer gewillt ist, Hermes diesen Wahnsinn einmal richtig und wahrhaftig vorzuwerfen.
Der schwarze Indianer ist ein Schwarzer, den es zu einem Indianerstamm verschlagen hat, die ihn freundlicherweise aufgenommen haben. Selbst in ihrer verzweifelten Situation, ohne Land und ohne nennenswerte Nahrung, beweisen sie noch Größe und Mitleid. Mitleid, das ihnen später nicht gewährt wird. Rossis Erzählung ist überaus konsequent, auch mitleidslos gegenüber seinen Akteuren.
Grafisch hat er seine Technik verbessert. Die Hand, die vorher schon sicher war, nimmt sich nun mehr Zeit für ein ausgefeilteres Ergebnis. Manche Seiten könnten ebenso von einem Jean Giraud gezeichnet worden sein. Derart starke Ähnlichkeit zum Zeichenstil des ursprünglichen Blueberry-Zeichners gab es bisher nicht. Gleichzeitig werden die späteren Stärken von Rossi sichtbar. Großer Ausdruck in Gesichtern, schönes Spiel mit hellen und dunklen Flächen und der sparsame Einsatz von Farben, der Verbleib innerhalb eines bestimmten Spektrums, um so eine Grundstimmung zu erzeugen.
Diese Grundstimmung lautet hier: Verzweiflung. Ein jeder hadert hier mit seinem Schicksal, mancher oder manche sogar auf sehr dramatische Weise. So bleibt Rossi auf seinem Planwagen des Thespis mit theatralischer Inszenierung, griechisch tragisch, insbesondere auch durch die Szene, die sich hier bereits über das Titelbild ankündigt.
Ein etwas anderer Western: Sehr düster, tiefsinnig, sehr gut erzählt und durch das Spiel seiner drei Hauptcharaktere überaus spannend wie auch mitreißend. 🙂
Der Planwagen des Thespis 2, Der schwarze Indianer: Bei Amazon bestellen