Zum Inhalt springen


Comic Blog


Mittwoch, 04. Februar 2009

Söldner 1 – Das Lied von Anoroer

Filed under: Abenteuer — Michael um 22:23

Söldner 1 - Das Lied von AnoroerDie Zeiten haben sich geändert und es besteht für die Menschen keinerlei Veranlassung mehr mit Hochmut ihren Weg zu beschreiten. Nach ihrer verhängnisvollen Niederlage gegen die Drekkars und die Drachen blieb es lange Zeit still. Einzig der Zwist untereinander zerriss den Frieden. Doch nun naht eine neuerliche Zeitenwende, die niemand vorhergesehen hat. Kiriel ist ein Ritter, Waffenmeister des Königs Garantiel von Anoroer, aber er ist nicht von Adel. Der König indes lässt ihm eine große Ehre zuteil werden. Er will Kiriel mit seiner Tochter verheiraten. Am Tag der Hochzeit spricht Kiriel bei seinem Freund Delorn vor. Unter einem Vorwand lockt er den Freund auf die königliche Burg, denn er braucht noch einen Trauzeugen.

Die Hochzeit steht unter keinem guten Stern. Im Reich brodelt es. Waffenlieferungen werden abgefangen. Immer wieder dreist zuschlagende Räuber erschweren die Herrschaft des Königs. Kiriel gerät in eine Gesellschaft, die seiner zwar nicht adligen so doch edlen Gesinnung zuwider läuft. Die ihm versprochene Prinzessin Lerine ist in wilder Leidenschaft entbrannt, allerdings gilt diese ihrem Bruder Tarquain. Die Ehe kommt einerseits ungelegen, andererseits auch willkommen, denn ein aus einem geschwisterlichen Verhältnis entstammender Bastard würde einen Skandal verursachen. Was wäre besser, als das Kind jemand anderem unterzuschieben.

Kiriel weiß zu seinem eigenen Wohl von all dem nichts. Kurz darauf verlässt er mit seiner Braut die königliche Burg, ohne zu ahnen, dass sein Schicksal ihn auf das Furchtbarste prüfen wird.

Eine neue Fantasy-Welt, eine große und sehr fein ausgearbeitete Welt erschließt sich dem Leser mit dem Auftakt der Reihe Söldner. Wir befinden uns im Anschluss großer Umwälzungen in der örtlichen Geschichte. Einst standen Menschen und Riesen Seite an Seite gegen Drachen und Drekkars. Letztere sind mythologisch aus der Vereinigung von Mensch und Drache entstanden.

Die Zeiten der Kämpfe, insbesondere jener berühmten Schlacht zwischen den beiden verfeindeten Seiten, sind lange vorüber. Seither halten die Drekkars einen wichtigen Verbindungspass. Und seither gibt es auch keine Riesen mehr, denn sie starben alle durch einen feigen Hinterhalt der Drachen.

Fabrice David entführt den Leser erst nach einer Einführung in diese ähnliche und doch fremde Welt. Der Auszug des Liedes von Afenor erinnert an Lieder, wie sie irdisch auch in Form des Roland-Liedes zu finden sind. Derlei reale Vorlagenformen werden in Fantasy-Abenteuer gerne aufgegriffen und zur Ausschmückung einer Hintergrundgeschichte genutzt. Aber die Bearbeitung dieses Hintergrundes geht noch weiter. Neben dem Text ist hier die Optik außerordentlich wichtig. Kartenmaterial liefert einen wirklich wunderschönen Überblick über die Ländereien. Die Landschaften wie auch die Gebäude und die Kulissen sind toll gestaltet. Sehr urwüchsig und gebirgig fühlt man sich sofort in alpenländische Regionen versetzt, vielleicht auch in die Nähe der Pyrenäen.

Söldner führen Krieg. In einem mittelalterlich angesiedelten Ambiente kommen wunderbar und aufwändig gezeichnete Rüstungen und Waffen zum Einsatz. Eric Bourgier, der hier in Personalunion zeichnet und koloriert, legt einen ungeheuren Wert auf die exakte Darstellung der jeweiligen Kampfkleidungen. Besonders reizvoll sind in diesen im höchstem Realismus gezeichneten Bildern die Rüstungen der Drekkars. Beruhen die Kleidungsstücke der Ritter um Kiriel auf europäischen Vorbildern, waren bei den Drekkars eindeutig asiatische, genauer japanische Motive der Hintergrund.

Die Gesichtsmasken der Drekkars imitieren die Fratzen eines Drachen. Ihre unheimliche Wirkung mit den durchblitzenden Augen ist höchst dramatisch und ganz bewusst so in Szene gesetzt. Die ersten Kampfhandlungen sind kurz, aber deshalb nicht weniger erschütternd. Szenisch wird wenig gekämpft, dafür ist die Wirkung umso größer. Das Aufeinandertreffen von Prinz Tarquain mit einem Drachen ist auf einer Doppelseite zu bestaunen und entsprechend beeindruckend vor einer Gebirgskulisse inszeniert.

Farblich bewegt Bourgier in Sepiatönen, hellem und dunklem Braun und all den Zwischentönen. Aquarelliert aufgetragen ergeben sich sehr weiche, beinahe traumartige Eindrücke. An dieser Grenze zum Schwarzweißen entsteht ein altertümlicher Eindruck, der den Blick auf eine vergangene, im wahrsten Sinne des Wortes sagenhafte Epoche verstärkt.
Bourgier zeichnet stilistisch durchaus eigenständig, doch seine Frauen (von denen in der Geschichte recht wenig auftreten) erinnern mit ihren breiten Wangenknochen, den schmal geschlitzten Augen und den stark ausgeprägten Lippen stark an Darstellungen von Hermann oder auch Philippe Francq.

Ein sehr sorgsamer Auftakt einer stimmungsvollen Fantasy-Geschichte, die sich um viel Realismus bemüht. Dieser Ansatz gelingt. Fast könnte man die Geschichte in ihrer Aufmachung als tatsächlich irdische Legende oder Sage verstehen – jedenfalls empfehlen sich die beiden Macher Fabrice David und Eric Bourgier mit dieser Arbeit geradezu dafür. Wer eine sehr behutsam und auch klassisch erzählte Abenteuergeschichte lesen mag, sollte einen Blick riskieren. 🙂

Söldner 1 – Das Lied von Anoroer: Bei Amazon bestellen

Keine Kommentare »

No comments yet.

RSS feed for comments on this post. | TrackBack URI

Leave a comment

You must be logged in to post a comment.