In einer Welt, die von Gangstern, Gaunern und Zombies bevölkert wird, braucht es echte Kerle, die in ihr überleben können. Einer von ihnen ist Goon, einer der austeilen, aber auch einstecken kann. Ein Mann, der vieles gesehen hat und sich durch nichts abschrecken lässt. Ein Mann, hinter dessen schräger Fassade ein ganz ausgebuffter Halunke steckt – wenn auch nicht immer ein ganz heller. Goon und sein kleiner Freund Franky, der aussieht, als habe man einem Mafiaschläger eine Comic-Figur aus den guten alten 30er Jahren zur Seite gestellt, haben alle Hände voll zu tun, in dieser Umgebung ihr Leben zu bewahren. Von der Gesundheit soll gar nicht gesprochen werden, denn diese wird regelmäßig auf die Probe gestellt.
Würden andere Gangster und korrupte und weniger korrupte Polizisten nicht schon als Ärgernis ausreichen, treiben sich noch Zombies, Werwölfe, Vampire und allerhand anderes krudes Zeug in der Gegend herum. Doch Goon und Franky halten keine langen Reden, auch sind sie nicht durch solch ein Kroppzeug zu beeindrucken. Werwölfe und Vampire bekommen eine aufs Maul, wenn sie selbiges aufreißen und Zombies und ihre Ableger dürfen sich sowieso warm anziehen.
The Goon – Krudes Zeug sammelt den Auftakt zu einer Reihe von Geschichten um einen merkwürdigen Schläger, aufgeschrieben und gezeichnet von Eric Powell. Die Serie wurde mit inzwischen 5 Eisner Awards zwischen 2004 und 2008 ausgezeichnet. Darunter waren auch die Auszeichnungen im Bereich Humor, einmal als beste Publikation sowie für Eric Powell selbst als bester humoristischer Autor und Zeichner. Wer sich die Anfänge in diesem Band betrachtet und mit alten Eisner-Publikationen vergleicht (allen voran natürlich The Spirit), kommt nicht umhin Ähnlichkeiten in Machart und Humor festzustellen. Im März 2009 feiert The Goon seinen zehnjährigen Comic-Geburtstag.
Anarchie ist das Stichwort. Was schert den Autor irgendeine Erzählkultur, Längen, Höhen oder Tiefen, Spannungsbögen oder das Vorstellen von Figuren? Was sollen all die Erzähltheorien über den Aufbau einer Geschichte? Erzählen um des Erzählens willen wie es einstmals ein Hugo Pratt tat und natürlich ein Will Eisner selbst. Das Leben, besonders ein solch abgedrehtes wie das des Goons, folgt keinem Drehbuch.
Unvorhersehbarkeit und Willkür sind die Ergebnisse dieser Erzählkultur. Der Leser muss sich nicht nur überraschen lassen, er wird überrascht: Ob er will oder nicht. Wir begegnen dem Goon nach einem kurzen Einstand des Zombie Priesters, der sich darüber beklagt, dass sein Erzfeind immer noch nicht erledigt ist. Gleichwohl plant er bereits ein neues Projekt, um das Ableben des Schlägers zu beschleunigen.
Wer in mancherlei Hinsicht eine Figur wie Hellboy für abgedreht hielt und nur schwer den Anschluss halten konnte, der wird mit dem Goon noch größere Schwierigkeiten haben. Wer allerdings zum Beispiel seinen Spaß an der Neuverfilmung eines Die Nacht der lebenden Toten (in Farbe) hatte und sich eine humoristische Mixtur mit Ein Fisch namens Wanda vorstellen könnte, für den ist The Goon genau das richtige. – Oder um es noch anders zu sagen: The Goon ist ein Comic, den sich Darlene und David ausgedacht haben könnten. Roseanne-Fans wissen, was gemeint ist.
Krudes Zeug fasst die Anfänge von The Goon zusammen. Hierbei sind die grafischen Anfänge besonders erwähnenswert, denn der Leser kann hier neben der eigentlichen Geschichte in einem kreativen Schaffensprozess hineinschnüffeln, der in höchstem Maße interessant ist und die Veränderungen aufzeigt, die eine Figur bis zu ihrer Veröffentlichung durchmacht. Zugleich geht die Entwicklung weiter. Es dauert nicht mehr lange, dann gibt es den Goon 10 Jahre, eine lange Zeit im Comic-Geschäft, auf dem literarischen Markt ebenfalls. Der Goon ist schöner geworden, moderner, glatter, grafisch umgänglicher. Man könnte es mit der figürlichen Entwicklung vom alten Käfer zum New Beetle vergleichen. Ein Polizist im Comic spricht den Goon als Affenjungen an, eine Anspielung auf die Entstehungsgeschichte und frühe Bilder, die den Goon in der Tat noch ziemlich äffisch zeigen. Hier wirkt er noch wie eine Mischung aus Wolverine und Hulk. Das Temperament der beiden hat er nach wie vor. Die Bilder zeigen Eric Powells Talent wie auch seine eigene künstlerische Entwicklung, das Eingeständnis, dass weniger manchmal mehr ist.
Das wär’s für heute, Kids. Nächstes Mal verprügeln wir diese 80 Jahre alte Frau, die ihre Beine bei einem Bootsunfall verloren hat.
Nicht geändert hat sich augenscheinlich der Humor. Bitterböse von Beginn an, seien es die längeren Geschichten wie auch die ganz kurzen Episoden, stets heißt es trash as trash can. Aber der Trash hat Methode. Wenn ein Vampir sich anbiedert, weil er, verbrannt wie er ist, sein blutsaugende Attacke wieder gut machen möchte und eine entsprechende Antwort erhält, sollte man als Leser nicht zimperlich sein.
Krudes Zeug – Der Titel ist Programm. Zombies, Schlägereien, Gemetzel und viel Spaß. Das ist ungewöhnlich, ein wenig anders, gegen den Strich gebürstet und erzählt – auch gezeichnet – ein Autor und Zeichner schlägt über die Stränge. So entsteht etwas Neues und Schräges: Und das ist gut so! 🙂
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Nachtrag: Mehr Einblicke in Powells Schaffen finden sich unter www.thegoon.com.