Zum Inhalt springen


Comic Blog


Mittwoch, 06. August 2008

Der dunkle Turm – Graphic Novel

Filed under: Mystery — Michael um 17:35

Der dunkle Turm - Graphic NovelDie Ausbildung verlangt von den Jungen absolute Präzision. Nicht mit der Waffe wird getötet, so bläut es der Lehrer ihnen immer und immer wieder ein. Das Herz tötet. Wer das Angesicht seines Vaters vergisst, der hat schon verloren. Roland Deschain hört die Worte mit ausdrucksloser Miene. Seine Gefährten Cuthbert Allgood und Alain Johns warten die Standpauke des Lehrmeisters ebenfalls mit möglichst ernstem Gesicht ab. Sie sind dem Erbe ihrer Väter verpflichtet. Ein Junge, der einmal ein Revolvermann sein will, albert nicht herum. Er nimmt die Herausforderung an. Auch wenn es schmerzt.

Roland kennt die Schmerzen, aber er würde es nie zugeben. Den Schmerz zu schlucken, tief im Inneren einzukapseln, das ist Rolands vordringlichstes Ziel. Diesen seltsamen Stolz will einer ganz besonders zerstören: Marten Broadcloak. Diesen Magier wird Roland später nur noch mit einem bestimmten Namen in Verbindung bringen: Der schwarze Mann. Marten hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Geschlecht derer von Deschain vernichten zu wollen. Dazu ist ihm jedes Mittel recht. Ein Verhältnis mit der Mutter von Roland. Ein Bündnis mit dem Teufel, dem scharlachroten König, der die Weissagung fürchtet, dereinst werde Roland den scharlachroten König und den schwarzen Mann töten. Marten muss hilflos mitansehen, wie sich Roland gegen das Schicksal anstemmt. Bereits vor seiner Zeit absolviert er die Prüfung und wird zum Revolvermann.

Ein gefährlicher Auftrag führt die drei Freunde Roland, Cuthbert und Alain unter falschem Namen kurz darauf weit fort aus Gilead. Auf Roland warten Intrigen, Spionage, Kriegsvorbereitungen, eine Prüfung der Freundschaft und die große Liebe.
Und das ist erst der Anfang.

Zurück zum Anfang, so lautet die Prämisse der vorliegenden Graphic Novel zu der Saga von Horror-Altmeister Stephen King schlechthin: Der dunkle Turm.
Die – zugegeben noch jungen – Comic-Veteranen Peter David, Jae Lee und Richard Isanove setzen die grundlegenden Vorgaben des Meisters in einen Comic um, dessen Optik der mysteriösen Unheimlichkeit und Andersartigkeit des originalen Handlungsbogens vollends gerecht wird.

Aber von Anfang an: In dieser Welt sind Revolvermänner die Ritter. Kaum etwas ist ehrenvoller, als den Revolver jener zu tragen, die vor einem waren. Vor dem Angesicht des Vaters muss man(n) bestehen. Es ist eine Welt, in der das, was wir kennen, vergessen zu sein scheint. Öl ist eine Rarität, Kriegsmaschinen sind beinahe ein Mythos. Realer sind Hexen, Magie, der Teufel und auch das Teufelsgras, das jene, die es nehmen, wahnsinnig werden lässt, süchtig nach mehr, dem Verfall preisgegeben. Es ist nicht leicht, in dieser Welt die Ehre zu bewahren.

Fans der Saga werden die Geschichte als Erzählung Rolands aus dem vierten Band der Saga mit dem Titel Glas wieder erkennen.
Peter David, bekannter Comic-Autor von Spider-Man und Wolverine, mit eigenen Romanen im Star Trek-Universum (u.a. New Frontier Reihe) vertreten und kann sich in Themen sehr gut einfühlen, diese forterzählen oder an ein neues Medium anpassen. Für die Adaption dieses besonderen Themas hat er sich als gute Wahl erwiesen, denn er geht mit der nötigen Einfühlsamkeit an diese hoch komplexe Welt und Stephen Kings Erzählstruktur heran.

Roland Deschain, die Hauptfigur, ist weder hier noch in anderen Geschichten der Saga sehr sympathisch. Er ist zu sehr in seinen Prinzipien und dem, was er tun muss, verhaftet, um sich Abweichungen und wichtige Gefühle erlauben zu können. Der Leser weiß natürlich, dass Roland Gefühle hat und als Leser kann man Roland sicherlich bedauern, dass die Liebe mit ihm ihre Spielchen treibt, doch selber liebenswerter macht ihn das nicht.

So sehen wir dank der hervorragenden Kunst von Jae Lee einen ständig ernst dreinblickenden Roland. Vor einigen Jahren wurde auch hierzulande die grafisch phantastische Reihe über die Inhumans unter dem Dach der Marvel Knights veröffentlicht. Mit dem Bruder von Black Bolt konnte er bereits an einer ähnlich teuflischen Figur arbeiten, wie es hier der schwarze Mann ist. Die in harten Strichen und Schwarzflächen (am Computer) getuschten realistisch aussehenden Figuren wurden zu Jae Lees Markenzeichen. Wer die Inhumans vor Augen hat, wird den Zeichenstil hier sogleich wieder erkennen.

Die Zusammenarbeit mit Kolorist Richard Isanove fördert aber leichte Veränderungen im Endergebnis zutage. Die Strichführung wird auch von Isanove beibehalten, aber die harten Kanten werden im Gesamtbild abgemildert und mit einer beinahe ätherisch zu nennenden Kolorierung versehen. Sprenkel, wie von einer feinen Sprühdose verstärken den Airbrush-Effekt. Lee und Isanove zaubern gerne mit Falten und Oberflächen, allgemein mit organischen Strukturen, so dass ein fast surrealer Charakter der Bilder entsteht. Eine Parallele zu den weichen und der Welt entrückten Bilder eines Dali ist geradezu offensichtlich – und sehr passend zu der von Stephen King kreierten Welt, in der die Menschen wie Statuen leben und sterben, in der die Schatten der Menschen mit der Natur verschmelzen, in der die Landschaft Schwachstellen besitzt, die zum Verführer werden können.

Eine mehr als angemessene Übertragung in ein neues Medium – der Altmeister des Horrors hat eine neue Spielwiese gefunden – eine Spielwiese, die nun auch The Stand ein neues Gesicht bescheren wird. Peter David übersetzt den Gunslinger mit Respekt vor dem Mammutwerk und mit perfektem Timing. Jae Lee und Richard Isanove könnten kaum bessere Bilder zum Thema abliefern – jedenfalls scheint es schwer vorstellbar, welche Steigerung hier noch kommen kann. Ein perfektes Leseerlebnis! 🙂

Der dunkle Turm – Graphic Novel: Bei Amazon bestellen

Keine Kommentare »

No comments yet.

RSS feed for comments on this post. | TrackBack URI

Leave a comment

You must be logged in to post a comment.