Es ist keine leichte Zeit im Wilden Westen, aber immerhin haben die Bleichgesichter mit den Rothäuten einen Frieden besiegelt – einen äußerst wackeligen Frieden. Die Bewohner von Daisy Town geben sich die größte Mühe zur Einhaltung dieses Friedens, aber ein Quertreiber wie Joe Dalton könnte alles zunichte machen.
Daisy Town war zu Beginn ein feines kleines Städtchen. In mühevoller Kleinarbeit haben die Einwohner ihre Ortschaft mitten in der Prärie erbaut. Als irgendwann das Verbrechen Einzug hielt und die Tunichtgute jedem Sheriff den Garaus machten, konnte nur noch einer helfen: Lucky Luke.
Seit Lucky Luke Sheriff ist, ist vieles besser geworden, ruhiger – aber auch langweiliger. Nichts geschieht mehr. Gesetzlose landen entweder hinter Gittern oder werden aus dem Ort geworfen. Selbst der einfache Bürger, der sich anfangs über Luke rigoroses Eingreifen freute, empfindet ein wenig Grimm bei seinem allzu ruhigen Städtchen.
Eines Tages tauchen alte Bekannte auf, vier Brüder, welche die meisten nur schlicht als die Daltons kennen. Lucky Luke kann nichts unternehmen, denn da die Gefängnisse überfüllt sind, haben ein paar Übeltäter ihren Platz in den Zellen für die Nachkömmlinge räumen müssen. – Und wer hat den Strafvollzugsbehörden diesen Nachschub beschafft? Lucky Luke!
So muss sich der gute Lucky eine andere Möglichkeit ausdenken, um mit der Situation fertig zu werden.
1991 erweckte Terence Hill, absolut Komödien- und Western-erfahren, einen Comic-Helden für die Leinwand zum Leben, der zu den langjährigsten Begleitern vieler Comic-Fans gehört: Lucky Luke.
Überschattet vom Tode von Terence Hills Sohn Ross entstand dennoch eine feine Produktion, deren Handlung sich auf die Comic-Vorlage Daisy Town stützt, die als Band 40 der langen Reihe erschien, die inzwischen über 80 Ausgaben umfasst.
Terence Hill versucht gar nicht erst optisch dem zeichnerischen Original nachzueifern. Mit Staubmantel eher klassischen Western-Outfit verleiht er der Figur weitaus mehr Ernsthaftigkeit als in jüngeren Produktionen zu sehen. Diese Ernsthaftigkeit gibt der Figur viel mehr Volumen, denn an ihrer Seite bleibt so viel mehr Platz für die eigentlichen Komödianten – ganz so wie im gezeichneten Original.
Ganz vorneweg ist hier natürlich Jolly Jumper zu nennen. Durch die Synchronstimme von Wolfgang Völz, knotterig, knurrig, nordisch angehaucht, lebt der weiße Hengst so richtig auf und seine Kunststückchen kommen so richtig zur Geltung. (Wer sich unter der Stimme von Wolfgang Völz nichts vorstellen kann, sollte einmal an Käpt’n Blaubär denken, dem Völz durch seine Stimme auch Charakter verleiht.)
Ebenso wichtig ist Ron Carey in der Rolle von Joe Dalton. Nicht ganz so klein, nicht ganz so schlank, verkörpert Carey den Revolverhelden mit der nötigen Arroganz und den nötigen Wutausbrüchen. Zu Beginn der Dreharbeiten konnte Carey auf ein lange Schauspielkarriere zurückblicken und unterstreicht mit seinem Können das, was auf die gesamte Produktion zutrifft: der nötige Ernst.
Als Zuschauer fällt es immer schwer über Figuren zu lachen, die von Schauspielern verkörpert werden, die ihre Rolle nicht ernst nehmen. Das trifft auf Komödien zu, mehr noch auf Comic-Verfilmungen.
Carey tritt in der besten Schauspieltradition eines vergleichbaren Bob Hoskins an, von ähnlicher Gestalt, mit einem ähnlich verschmitzten Lächeln und mit ähnlicher Energie. Wenn Joe Dalton (Carey) endlich alle hinter sich glaubt, seinen Plan aufgehen sieht und schließlich mit seinen Brüdern allein vor den Einwohnern steht und sich die Indianer die ganze Szenerie nur kopfschüttelnd anschauen, dann entsteht richtiges, echtes Lucky Luke-Gefühl.
Fritz Sperberg gibt einen herrlich überdrehten Averell Dalton, der mit seiner phantasievollen Kriegsbemalung nicht nur die Indianer überrascht. Oldtimer kann das Lachen nicht lassen, wenn in Daisy Town wieder ein Halunke dingfest gemacht wird. Nichts wurde vergessen. Gleich zu Beginn kann man Luckys Training beobachten. Immer schneller wird er, bis es ihm endlich gelingt, schneller zu ziehen als sein Schatten. Und wenn die einzelnen Stämme untereinander wild per Rauchzeichen kommunizieren, spätestens dann schwankt man als Zuschauer und Lucky Luke-Fan zwischen Schmunzeln und Brüllen.
Als besonderes Bonbon steuert Roger Miller den Titelsong bei. Bekannt wurde Miller durch seinen unsterblichen Song King of the road. Hier singt er Lucky Luke rides again.
Ein guter Lucky Luke, ein wunderbar trainiertes Pferd in der Rolle seines Lebens, Humor, wie ihn Morris mochte und selber umgesetzt hat, ein Spaß für die ganze Familie, für Lucky Luke-Fans insbesondere. 🙂
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