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Comic Blog


Dienstag, 23. März 2021

DER KILLER – SECRET AGENDA – 2. DIRETTISSIMA

Filed under: Thriller — Michael um 12:28

DER KILLER – SECRET AGENDA – 2. DIRETTISSIMADie Zeiten ändern sich. Der Weg des KILLERS führte aus Frankreich heraus in die weite Welt, wo sich der Auftragsmörder in wärmeren Regionen des Erdballs einnistete und die damit einhergehende Exotik genoss. Nun ist er wieder zurück im alten Frankreich. Unfreiwillig. In einer Art legalem Auftrag. Unter einer Tarnidentität lebt er wie ein ganz normaler Bürger und erledigt in einer kleinen Gruppe Gleichgesinnter kleine Fische des organisierten Verbrechens. DER KILLER ist zu einem Laufburschen geworden. Er hat keine andere Wahl. Die Strategie trägt unerwartete Früchte. Plötzlich geht es nicht mehr nur um Drogenhandel …

Autor MATZ und sein Kollege, der Zeichner LUC JACAMON, treiben den neuen Zyklus SECRET AGENDA aus der Reihe DER KILLER voran. Geradlinig, deutlich düsterer als der letzte Mehrteiler präsentiert sich SECRET AGENDA. Hochfinanz und Antipathien unter Geheimdiensten und Kartellen spielen hier keine Rolle. Die Handlung ist handfest, auf realen Hintergründen aufgebaut und zeichnen ein gruseliges Bild des modernen Frankreich.

Unter einer oberflächlichen Kruste gärt es, stets sinnig vom KILLER kommentiert. Diejenigen in den Schatten beobachten beiden Seiten, weit über und unter der Oberfläche und registrieren, wie sehr sich diese (eigentlich) Gegensätze vor den blinden Augen und der Machtlosigkeit der Öffentlichkeit einander annähern. MATZ beschreibt seine (ANTI-)Helden in einer wankenden Position. Zum Zusehen befohlen, hat zumindest einer von ihnen bereits eine andere Idee, wie einer Lösung des Problems Herr zu werden wäre. Das kommt nur leider nicht in Frage.

DER KILLER verfolgt das Geschehen auf seine philosophierende Art und man kann ebenso behaupten, dass er einigermaßen amüsiert ist. Unterschwellig schwingt der Wunsch mit, nach Ablauf seiner Arbeit schnellstens wieder nach Hause zurückzukehren. Zumindest in exotische Gefilde, die ihm lieber geworden sind, als das düstere Frankreich. MATZ arbeitet mit einem Trick, vergleicht man die bisherigen Ereignisse im Zyklus SECRET AGENDA mit den Rest der Reihe. DER KILLER muss Zuschauen. Verantwortung wird ihm abgenommen, Entscheidungen sowieso. Und zum guten Schluss (wahrscheinlich aus seiner Sicht) sind jene, deren Aktionen er beobachten muss, nicht einmal in seiner Liga. Der Killer bewegte sich international, tötete teils mit chirurgischer Präzision. Hier morden die Leute brachial, gebärdet sich besonders eine Figur (aus Sicht des Lesers) fast komödiantisch (so wie es nachträglich immer ist, wenn dunkle Machenschaften ans Licht kommen).

Weil alles so normal ist, gestaltet Zeichner LUC JACAMON viele normale Alltagsszenen, die sich einem freundlichen Tageslicht abspielen. Szenen bei der Büroarbeit, in einer Fußgängerzone. Bei der After-Work-Party wird das Licht rötlich. Normale Menschen lassen sich gehen, feiern. Demgegenüber steht das mörderische Treiben in der düsterer, blaugrauer Nacht und der Übergang zu einem Massaker in der Dämmerung. Bis beides aufeinandertrifft. Dunkle Welt und lichte Welt. Und die Schießereien und Lügen auch bei Tageslicht zu hören und zu sehen sind. Ob es absichtlich so durchkomponiert ist oder nicht, es wirkt und es hat den Anschein, als ob sich das Unheil langsam einen Weg in Richtung KILLER bahnt und eine Konfrontation in naher Zukunft unausweichlich ist.

LUC JACAMON ist ein Comic-Künstler, der eindeutig identifizierbare Charaktere kreiert (nein, das ist nicht selbstverständlich). Es macht Spaß, diese kennenzulernen und zu sehen, wie sie in Szenen aufeinandertreffen (mehr soll nicht verraten werden). Interessant auch zu sehen, wie sich DER KILLER in seine Doppelrolle einfügt, Auftragskiller und Tarnidentität, und sich in beiden ein Lächeln abringen kann. In einem Gesicht, das sich fortwährend hinter einer getönten Brille versteckt und ernst bleibt, fällt das sofort auf.

Ein französischer Thriller (siehe auch Rezension zu Teil 1), das ist fast schon eine Genre-Bezeichnung. Die Handlung, angesiedelt in ihrem Mutterland, ist mit einer schönen Kühle erzählt, trotzdem ist der Leser nah an den Figuren. Die Zeichnungen von LUC JACAMON sind mit reichlich Realismus versehen und gewohnt versiert zu Papier gebracht. Prima (aber die Kenntnis des ersten Teils ist Pflicht). 🙂

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Dienstag, 02. März 2021

CAROLINE BALDWIN 17 – NARCO-TANGO

Filed under: Thriller — Michael um 13:24

CAROLINE BALDWIN 17 -NARCO-TANGOEs sieht anfänglich nach einem Routine-Job aus. Ein Mann verschwindet. CAROLINE BALDWIN, in ihrer Eigenschaft als PRIVATDETEKTIVIN, wird engagiert, den Mann wiederzufinden. Abseits der Routine war der Verschwundene auf dem Gebiet der Arzneimittelforschung tätig. Das macht es interessanter. Er könnte abgeworben worden sein und Forschungsergebnisse gestohlen haben. CAROLINE BALDWIN macht sehr bald schon mit ihren Fragen die ersten Leute nervös. Eine Spur lässt sie selber nervös werden. Der Verschwundene ist gebürtiger Argentinier und besitzt einen Hang zum TANGO. Die Privatdetektivin taucht in die TANGO-Szene ein und trifft unerwartet auf einen alten Bekannten aus Jugendtagen …

MONTREAL zur besten Jahreszeit. Der städtische Park ist einladend. An einem bestimmten Ort treffen sich die TANGO-Enthusiasten. Einer ihrer Fälle hat CAROLINE BALDWIN auf den Geschmack gebracht. Auf einer Parkbank wechselt sie die Schuhe und wird alsbald zum Tanz aufgefordert. Mit Verbrechern hatte CAROLINE BALDWIN schon häufiger zu tun, immerhin ist NARCO-TANGO der 17. Band der Reihe. Doch das Erlernen eines Standardtanzes gehörte noch nicht zur Aufklärung eines Falles.

Das Schöne am vorliegenden Band: Keine Vorkenntnisse der Serie erforderlich. Junge, moderne Frau. Privatdetektivin. Tough. Intelligent. Gut aussehend. Mutig. Sportlich. Man mag sich diese Eigenschaften sortieren, wie man es gerne hätte. All das lernt der Leser an ihr kennen. Und das genügt auch schon, um in die Geschichte, einen Krimi in der Gegenwart, einzusteigen. MEDIZIN ist neben dem TANGO das zweite große Hintergrundthema. MEDIZIN ist gerade in diesen Tagen in aller Munde. Heilmittel und Produkt gleichermaßen, verantwortlich für gigantische Umsätze. Sehr schnell schwenkt ein vermeintlich einfacher Fall über in überaus gefährliches Fahrwasser.

Wie ANDRÉ TAYMANS selbst im Anhang informiert, war zu CAROLINE BALDWIN eine mehrteilige Kinoreihe angedacht. Der Plot des vorliegenden Abenteuers gehörte zu einem Drehbuch. Er wurde ebenso wie ein paar andere Geschichten zu Comic-Abenteuern umgearbeitet. Als Leser ist der filmische Aufbau der Handlung schnell erkannt. Natürlich eher unbewusst, da Leser und Filmzuschauer sowieso auf viele Feinheiten dieser Erzählweise stoßen, seit Jahrzehnten. Gut eingeteilte Abschnitte nehmen den Leser mit, perfekt servierte Informationen, nah an den Figuren, wenngleich ich sagen muss, dass die Handlung im letzten Drittel ziemlich Fahrt aufnimmt. Der feine TANGO-Prolog bzw. Epilog entschädigt aber dafür. Beide einseitigen Szenen strahlen eine schöne Melancholie aus.

ANDRÉ TAYMANS verfolgt eine grafisch eine klare Linie (aber nicht die berühmte Ligne claire). Realismus, Wiederkennbarkeit, einfache Merkmale bei Figuren. Das lässt sich am besten mit gezeichneten Skulpturen vergleichen. Das Titelbild ist stellvertretend als sehr schönes Beispiel. Die Hauptfigur selbst ist perfekt designt. Klassisches ovales Gesicht, besonders im Profil. Die Kurzhaarfrisur bietet nicht nur ein prägnanteres Aussehen, sie erleichtert die Gestaltung und die Abgrenzung zu anderen Charakteren (Frauen) immens. Außerdem lässt es sie fescher, jugendlicher, adretter wirken. Im Vergleich zu einer anderen jungen Frau (eine Kollegin des Verschwundenen) lässt sich nur feststellen, dass CAROLINES Gegenüber geradezu hausbacken ausschaut.

Die Hintergründe sind städtisch ausgewählt, teils sehr modern mit wolkenkratzenden Bürogebäuden, mit Parkoasen und alten Stadtteilen, Stadthäusern, die sich aus früheren kanadischen Bauphasen in die Neuzeit herübergerettet haben. Für das Flair ist also gesorgt und gleichzeitig sorgt das Setting für Überraschungen. Eine grafisch stimmige Inszenierung.

Ein schöner Krimi mit einer charmanten Hauptfigur. Eine bodenständige Geschichte, in dem CAROLINE BALDWIN der Anziehungspunkt ist, weil ANDRÉ TAYMANS sie sehr persönlich in den Fall verstrickt, abseits von Stereotypen. Ein wenig Mitdenken ist gefragt bei diesem von ANDRÉ TAYMANS stilistisch fein, technisch präzise gezeichneten Kriminalfall. Einstiegsmaterial in die Serie. Comic-Krimifans können bedenkenlos zugreifen. 🙂

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Mittwoch, 27. Januar 2021

DER KILLER – GESAMTAUSGABE 3

Filed under: Thriller — Michael um 18:57

DER KILLER - GESAMTAUSGABE 3Kein richtiger Auftrag. Mehr ein Gefallen. Jemanden erledigen, der einem anderen im Weg steht. DER KILLER übernimmt die Angelegenheit. Schon, um nicht aus der Übung zu kommen. Ein neues Ziel und eine neue Umgebung erfordern Recherche. Wie, wo, wann zuschlagen. Je besser ein Ziel beschützt ist, desto aufwändiger ist die Vorbereitung. Die Umsetzung klappt. Natürlich. Ein präzise ausgeführter Schuss. Keiner hat den Täter gesehen. Kein Spuren sind zurückgelassen worden. Und dann läuft doch noch einiges schief …

DER KILLER hat sich verändert. Der über die Welt philosophierende Auftragsmörder würde es wahrscheinlich nicht zugeben, aber er ist nicht mehr der Mensch, der diese brutale Tätigkeit einmal zu zu seinem Beruf erklärt hat. Er ist nicht mehr Single, und er ist Vater. Er ist reich und eigentlich hätte er nicht nur allen Grund, sich aus dem geschäft zurückzuziehen, er müsste auch nie wieder eine Waffe in die Hand nehmen und könnte das Töten anderen überlassen.

Gäbe es da nicht ein Problem. Töten ist kein einfacher Zeitvertreib für ihn. Es ist auch nicht einfach nur ein Beruf. Es ist seine Leidenschaft. Eine Leidenschaft, die er nur ungern aufgibt, selbst dann, wenn es wirklich brenzlig für ihn und seine Schutzbefohlenen wird. Zu seinem Glück ist man bei der Familie seiner Frau auch nicht zimperlich und weiß sich zu wehren.

Eine andere Welt, ein anderes Auftreten. Wie war es doch zu Anfang, als DER KILLER in einem Zimmer auf sein Opfer wartete, nichts geschah, Stunde um Stunde verstrich und sich eine verstörende Ungewissheit einstellte. Mittlerweile ist DER KILLER erfolgsverwöhnt. Der Leser konnte verfolgen, wie sich eine Art Triumvirat bildete. Ein ehemaliger Agent, einer aus dem organisierten Verbrechen und DER KILLER, hauptsächlich als der Mann fürs Grobe. Aber die Macht zu erlangen ist eine Sache, sie zu erhalten eine ganz andere.

MATZ, der Szenarist, vertieft die Geschichte in dieses Problem. DER KILLER glaubt sich eine ganze Weile Herr der Lage zu sein. In so manch gefährlichen Situation (sprich: Schießerei) ist er das auch. Aber die Spielregeln der Hochfinanz wie auch der internationalen Politik und ihrer Geheimdienste stößt er an seine Grenzen. LUC JACAMON, Zeichner und ebenso wie MATZ von der ersten Stunde an dabei, gestaltet harte Actionszenen, die der Moderne ihren Tribut zollen. Auffallend hier zwei sehr unterschiedliche Szenen, einmal im Großstadtmilieu, einmal in der Wüste. Letzterer Abschnitt wirkt bei dem KILLER noch lange nach.

Interessant (und sehr gelungen) ist die Technik, mit der LUC JACAMON eine Actionszene darstellt (und weiterhin perfektioniert). Der Comic-Künstler verschmilzt, überschneidet, über eine Seite verteilt, Szenenabschnitte miteinander. Das ist zweifellos einem Filmschnitt abgeschaut und imitiert gekonnt die Geschwindigkeit eines Moments, indem die Bilddichte der Action-Collage erhöht wird und möglichst viele Eindrücke gleichzeitig gezeigt werden. Das hat auch zur Folge näher an das momentane Empfinden des KILLERS heranzukommen, der entsprechend rasch reagieren muss, um mit mehreren Angreifern fertig zu werden.

Die Gegensätzlichkeiten des Hauptcharakters führen zu völlig gegenläufigen Sequenzen. LUC JACAMON gestaltet ein wunderbares Familienleben, traumhafte Ferien in der karibischen See. MATZ begleitet die schönen Bilder mit den düsteren Gedanken des KILLERS. Gleichsam als eine Art Vorausschau auf das weitere Geschehen (das weit entfernt ist von der Traumschiff-Atmosphäre) und Warnung an den Leser, sich keinesfalls in Sicherheit zu wiegen. Unter der Oberfläche des Scheins kocht die Gefahr sehr bald über.

So dauert es nicht lange und DER KILLER und sein Kumpel HAYWOOD (als Freunde würden sie sich nicht bezeichnen) liefern ein Paradebeispiel dafür ab, was sie (wahrscheinlich) unter einer erfolgreich durchgeführten Aktion verstehen. Unter dem Strich bedeutet das: keine Überlebenden, keine Zeugen. Mit allen Mitteln. Folter. Ohne Gnade. Und eben noch gab sich DER KILLER als treusorgender Vater, liebevoller Partner und Familienmensch. Was für ein Gegensatz!

Aber das ist ein wichtiger Teil, der hier für Spannung sorgt und den KILLER unberechenbar erscheinen lässt. Der Leser kann nie sicher sein, welcher Charakterzug des KILLERS als nächstes an der Oberfläche auftaucht. Oder welches Land. DER KILLER bedeutet in der 3. GESAMTAUSGABE der Reihe einen sehr weitläufigen Blick auf die Welt, in unterschiedlichsten Vegetationszonen, verschiedensten Bevölkerungsdichten und -schichten sowie Zivilisationsstufen (rechnet man gedankliche Rückblicke auf die Menschheitsgeschichte mit ein). Das ist abwechslungsreich, überraschend und nicht das, was ein Leser normalerweise in einem Thriller erwarten würde.

MATZ (Szenarist) und LUC JACAMON (Zeichner) schicken in der 3. GESAMTAUSGABE einen KILLER ins Rennen, der (aber das würde er niemals zugeben) auf seine Art ein Teil des Establishments geworden ist. DER KILLER gelangt auf eine neue Ebene, Überraschungen inklusive, spannend, durchdacht, anspruchsvoll. 🙂

DER KILLER, GESAMTAUSGABE 3: Bei Amazon bestellen.
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Samstag, 26. Dezember 2020

WAYNE SHELTON – GESAMTAUSGABE 4

Filed under: Thriller — Michael um 18:23

WAYNE SHELTON - GESAMTAUSGABE 4DSCHEMAIL KHAN und WAYNE SHELTON sind zwei Abenteurer, die sich trotz ihrer Unterschiede auf Augenhöhe begegnen. Freundschaftlich, so lange es den eigenen Interessen dient. Niemals gänzlich dem anderen vertrauend. Dennoch existiert eine gewisse Fairness, die einer dem anderen entgegenbringt. Es ist durchaus kompliziert und scheint, als wisse jeder der beiden, es könne einmal die Zeit und Gelegenheit kommen, in der der eine den anderen brauchen werde. WAYNE SHELTON, der sich mehrfach in der Hemisphäre von DSCHEMAIL KHAN herumtreibt, muss sich dieser Hilfe eher und öfter versichern …

Ein 59 Jahre alter Tausendsassa! Endlich wissen wir das genaue Alter von WAYNE SHELTON. Bei einer Gelegenheit schwärmt er von seinen Jugendzeiten und den Abenteuern, die er im Alter von 19 Jahren erlebt habe (kurz bevor er als Soldat in den Vietnam-Krieg zog). Vierzig Jahre liegen diese Abenteuer nun zurück. So macht ihn die argentinische Polizei darauf aufmerksam. Aber, das Alter hin oder oder her, in Sachen Action kann sich der erfahrene Thriller-Held immer noch mit jedem beliebigen Kintopp-Helden messen.

Frauen vernascht er wie JAMES BOND, Action erlebt er wie ETHAN HUNT. Vielleicht ist er nicht ganz so kriminalistisch begabt wie ein SHERLOCK, aber auf alle Fälle ist er ein Überlebens- und Lebenskünstler, der nicht einmal aufgibt, als ihm seine gesamte Habe unter den Fingern zerrinnt (nicht seine Schuld). In den Abenteuern TREIBSAND (Band 10), 100 MILLIONEN PESOS ( Band 11) und NO RETURN (Band 12) verschlägt es ihn rund um die Welt. Beginnend mit dem IRAK, gefolgt von ARGENTINIEN und schließlich dem IRAN. Für ersteres und letzteres Land gilt WAYNE SHELTON, der altgediente SÖLDNER, überhaupt für die arabischen Regionen des Planeten, gilt er als Experte. Obwohl man ihm teils mit Misstrauen begegnet, greift man seiner Erfolge wegen gerne auf seine Dienste zu.

WAYNE SHELTON bleibt international, aber er bleibt teils auch sehr privat. Das erste und zweite Abenteuer hat im Kern eines der ältesten Motive der Welt als Antrieb. Und in zweiter Linie geht es wohl um das zweitälteste Motiv der Welt. Ersteres ist Liebe, zweiteres ist Geld. Warum beides so oft zusammen hängt, beantwortet auch WAYNE SHELTON nicht. Doch dank des Autors JEAN VAN HAMME werden die Motive fein miteinander verstrickt. Die Themen werden an entgegengesetzten Ecke der Erde abgehandelt. Die Variationen sind sehr unterschiedlich voneinander. JEAN VAN HAMME ist kein Autor, der es bislang nötig hat, sich zu wiederholen. Seinen Einfallsreichtum hat er in zahlreichen Comic-Thrillern unter Beweis gestellt.

TREIBSAND lautet der Name des Abenteuers, in dem eine Landschaft zum Feind wird und eine derart prägnante Rolle spielt, dass sie titelgebend geworden ist. Darüber hinaus ist der Rest der Gegner menschlicher, aber ebenso erbarmungslos wie die Natur. Schön ist zu verfolgen, wie in 100 MILLIONEN PESOS die Vergangenheit WAYNE SHELTONS einmal mehr thematisiert wird. JEAN VAN HAMME gelingt dies mit einem sehr, sehr ausdauernden Augenzwinkern. Ganz besonders dann, wenn der Charmeur und Frauenheld WAYNE SHELTON ausgerechnet die Verkleidung eines Priesters auf den Leib gezwungen bekommt.

FRAUENHELD ist ein gutes Stichwort, denn es beleuchtet auch die Beziehung zu seiner langjährigen Dauerfreundin HONESTY GOODNESS. Die Varieté-Künstlerin und der Söldner hängen aneinander und führen gleichzeitig eine überaus moderne offene Beziehung. Da gehört es schon dazu, dass WAYNE von HONESTY zum Geburtstag eine Prostituierte als Geschenk erhält. Das Geschenk fällt umso extravaganter aus, da es sich selbst auf dem offenen Meer per Fallschirm überbringt. Immerhin, wie es die Geschichten zeigen, ist das Paar auf Biegen und Brechen ineinander verliebt.

Nach all den Gefühlsirrungen und -wirrungen der ersten beiden Abenteuer wird es in der letzten Episode politischer, eine Spur riskanter. In bester Thriller-Manier führt WAYNE SHELTON eine hochgefährliche Personenextraktion aus. Im IRAN taucht er ein in eine Umgebung, in der es sich schwer feststellen lässt, wer nun Freund oder Feind ist. Das Rätselraten steht der Geschichte gut und würzt das actionreiche Geschehen.

Nach wie vor gilt: Wer Thriller in Comics mag, komtm an WAYNE SHELTON (und HONESTY GOODNESS) nicht vorbei. Der überaus menschlich geratene Held, Lebemann, ein globaler Nomade ist in diesem Genre eine der sympathischsten Figuren. JEAN VAN HAMME erzählt mit großem Spaß, interessant und einem tollen Gespür für ein spannendes Setting. Comic-Künstler CHRISTIAN DENAYER hat WAYNE SHELTON bestens im Griff, toll realistisch, filmisch. Beste Unterhaltung auf gleichbleibend hohem Niveau. 🙂

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Samstag, 29. August 2020

FRANKA 24 – OPERATION RAUBFLUG

Filed under: Thriller — Michael um 19:25

FRANKA 24 - OPERATION RAUBFLUGWas geschah 1948? Fest steht, dass sich zwei Männer zum Ende des Zweiten Weltkriegs zusammentaten, um ein ungeheures Husarenstück durchzuführen. Ein Raubüberfall in luftiger Höhe mittels eines technischen Wunderwerks namens GREIF. Der eine Mann ist der amerikanische General ROBERT BRIGHT, für den es bei diesem Überfall um alles geht. Er muss Geld beschaffen, ansonsten ist sein Leben keinen Pfifferling mehr wert.

Der andere Mann heißt EGON KRATZ, ein ehemaliger Ingenieur, der für das Nazi-Regime tätig war. So unauffällig seine äußere Erscheinung ist, so findig ist er in seinen Konstruktionen. Das Ergebnis ist der GREIF. Der Plan ist so einfach wie aufregend. Der GREIF ist in der Lage, in der Luft an ein Flugzeug der U.S. AIR FORCE anzudocken, das zufällig den Sold, 28 Millionen Dollar, für die amerikanischen Soldaten in EUROPA an Bord hat …

FRANKA erlebt diese Geschichte natürlich nicht direkt, sondern ist auf die Erinnerungsnotizen einer dritten Person, KAY, angewiesen, die sich vor langer Zeit mit ROBERT BRIGHT eingelassen hat. Und von ihm aus seinem Leben vertrieben wurde, als sie ihm gestand, schwanger zu sein. Diese zeitlichen Rückblicke in die 1930er, 1940er und 1950er Jahre sind richtig kleine Schmuckstücke der Comic-Kunst. Im Zusammenhang der jeweiligen Seite oder auch alleine betrachtet. HENK KUIJPERS erzählt kurz über den Werdegang von KAY, berichtet von ihren Arbeitsplätzen. Ein tolles Bild eines Burger-Drive-Ins ist das Paradebeispiel dieses Lebenszusammenschnitts. Militärische Einblicke geben eine Fabrikationshalle von Consolidated B-24 »Liberator« Bombern, Szenen von Fahrzeugaufmärschen oder heimkehrenden Soldaten. Das atmet viel Atmosphäre. Fast könnte man vergessen, um welche Geschichte es sich eigentlich handelt. Schnell kann man sich als Leser in diesen Schilderungen verlieren.

Aber FRANKA bleibt natürlich nicht außen vor. Ganz im Gegenteil. Nach ersten Recherchearbeiten wird sie sogar noch tiefer in die Handlung hineingezogen. Was eben noch Erinnerungen einer fremden Person waren, greift plötzlich in die Gegenwart. Der Sprung gelingt HENK KUIJPERS vorzüglich. Mehr noch. Die Privatdetektivin, deren Aufgabe es ist, anderen auf die Spur zu kommen, wird selbst überwacht und gerät in höchste Bedrängnis.

Der klare Strich von HENK KUIJPERS mag nicht unbedingt bei allen Fans der Ligne claire ankommen. Dafür unterscheidet er sich von den bekannten Vertretern dieser Bildrichtung. Er sieht technischer aus, kantiger. Auch verzettelt er sich mal in überflüssigen Strichen, die ein Bild abrunden, aber nicht unbedingt notwendig sind. Aber auf diese Weise entsteht auch ein unverwechselbarer Stil, der mit seinen Schnörkeln hier und dort vielleicht sogar leicht am Jugendstil angelehnt scheint. Betrachtet man nur die Rückseite, auf der sich HENK KUIJPERS in einem einzigen Bild ausbreitet, versteht man sofort, was gemeint ist.

FRANKA radelt neben einem CITROEN HY, einen uralten Kastenwagen, her, der zu einer fahrbaren Burger-Braterei umgebaut wurde (neudeutsch: Food-Truck). Das ist wieder nur ein Beispiel. Insgesamt steckt da viel Herzblut in den Bildern. HENK KUIJPERS baut, so möchte ich behaupten, baut hier eine richtige Welt um FRANKA herum. Klar, abgeleitet aus der unseren, aber er macht sie eine kleine Spur schöner und sucht sich wie ein Fotograf die besten Ecken, um seine FRANKA in Szene zu setzen.

Toller Abschluss des Zweiteilers (Vorgängerband: DAS GEHEIMNIS VON 1948). Fantastisch illustriert, sehr eigen, unverwechselbar. Ein modernes Abenteuer mit einer modernen jungen Frau (seit den 1970ern schon, HENK KUIJPERS war der aktuellen Entwicklung sogar voraus). Verlässliche Comic-Qualität. Fein. 🙂

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Freitag, 14. August 2020

FRANKA 23 – DAS GEHEIMNIS VON 1948

Filed under: Thriller — Michael um 17:25

FRANKA 23 - DAS GEHEIMNIS VON 1948Ein scheinbar leichter Auftrag für FRANKA. Die junge Privatdetektivin soll eine Museumsangestellte beschatten, die verdächtigt wird, Material unbefugt an Dritte weiterzugeben. Über diesen Umstand ist man sich ziemlich sicher. Doch, wer ist der Auftraggeber? FRANKA macht sich an die Arbeit und wird schnell fündig. Bemerkt aber ebenso schnell, dass die Verdächtige selbst übers Ohr gehauen wurde. Außerdem führt die Spur weiter. FRANKA wird neugierig. Folge dem Geld, heißt das ewige Motto. Was eben noch ein Fall in ROTTERDAM war, gerät zu einer Rätseljagd in LAS PALMAS DE GRAN CANARIA. Und neben Sommer, Spaß und Sonnenschein wird es bald höchst gefährlich…

In der 23. Ausgabe von FRANKA, natürlich komplett aus der Feder von HENK KUIJPER, mit dem Titel DAS GEHEIMNIS VON 1948, ist anfangs nichts so, wie es scheint. Jeder Schritt führt zu einem neuen Rätsel, noch geheimnisvoller, noch undurchsichtiger. HENK KUIJPER kann in Sachen Erzählen keiner mehr etwas beibringen. Das ist von Anfang bis Ende mit sehr viel Spaß, sehr viel Sympathie für die Figur FRANKA geschrieben. Es erweitert die Figur, hält hier und da eine kleine Rückschau, um Brücken aus vergangenen Geschichten zu schlagen. FRANKA ist nun einmal SINGLE, nicht direkt auf der Suche nach einer Beziehung, würde sich aber, wenn es einmal klappt, auch einer solchen nicht versperren. Diese Bereitschaft verheißt nur nicht automatisch, dass sie mit ihrer Menschenkenntnis (trotz ihres langjährig ausgeübten Berufes) immer zu einhundert Prozent richtig liegt.

HENK KUIJPERS entführt den Leser grundsätzlich gerne an penibelst gezeichnete Orte. Da werden Großstädte wie ROTTERDAM und AMSTERDAM zu HINGUCKERN, mit WIMMELBILDCHARAKTER. Und HENK KUIJPERS verschwendet keinen Platz. Da muss was drauf, aufs Papier! Feine, überaus exakt geogene Linien, fasst ein wenig wie ein moderner Jugendstil, erfassen jedes noch so unbedeutende Detail. Da fehlt keine Leine, keine Planke, kein Riss im Stein.

Darüber hinaus hat HENK KUIJPERS ordentlich Zusatzinformationen zur Geschichte für den Leser bereitgestellt. Das will, wie jedes noch so kleine Bild, gelesen, eingeordnet und verarbeitet werden. HENK KUIJPERS verlangt optisch auf einer Seite von den Lesern mehr als es so manche andere Autoren und Zeichner tun, die deutlich luftiger zur Sache gehen. Dabei gibt es für den, der sich nach leichterer Comic-Lektüre nicht abschrecken lässt, ein sehr abwechselungsreiches Abenteuer zu verfolgen, das der Hauptfigur ebenso viel Aufmerksamkeit schenkt wie dem GEHEIMNIS VON 1948.

Einen kleinen Hinweis darauf, gibt bereits Titelbild. Eigentlich spoilert HENK KUIJPERS hier höchstselbst. Im Hintergrund steht eine merkwürdige Flugapparatur mit Heckpropellern. Die Konstruktion ist nicht gerade modern zu nennen. FRANKA steht im Vordergrund und hält neben einer Truhe (mit der Aufschrift US TREASURY) einen Geldsack des us-amerikanischen Schatzamtes in die Höhe, ergänzt durch den Aufdruck 1948. Offensichtlich geht es um eine Schatzsuche. Aber das ist letztlich nur ein Bruchteil dessen, was die Handlung ausmacht. Deswegen mag dieser offensichtliche Hinweis von HENK KUIJPERS dem Autoren und Zeichner in Personalunion verziehen sein.

Stark! Und gleichzeitig der Beweis, warum diese Serie so langlebig ist, die immerhin seit 1976 (!!!) erscheint. Das müssen andere Serien FRANKA erst einmal nach machen. Hauptfigur und Handlung sind erstaunlich jung geblieben, auf der Höhe der Zeit. Mit einer modernen Frau als Hauptfigur. So soll das sein! Sehr gut. 🙂

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Dienstag, 28. Juli 2020

LADY S – GESAMTAUSGABE 2

Filed under: Thriller — Michael um 10:07

LADY S - GESAMTAUSGABE 2KADIJA, SHANIAS Freundin aus der Wohngemeinschaft, nimmt das Leben und Bekanntschaften etwas lockerer. SHANIA steht immer unter Dampf, so scheint es. Für Spaß und Männer bleibt kaum Zeit. Bis KADIJA ihre Freundin eines Tages doch noch überreden kann, abends auf ein Blind Date zu gehen. FARIK und MUHSIN, die beiden Herren des Abends, letzterer gelassener als ersterer, begeben sich mit den jungen Frauen ins Nachtleben. FARIK, Lehrer an einer Islamschule, ist deutlich ernsthafter als sein Freund MUHSIN, der sich mit KADIJA vergnügt. Und er ist aufmerksamer, vorsichtiger. Dennoch begeht er einen Fehler, der sich als sehr folgenschwer herausstellen soll …

Der Einstieg in die Geschichte zeigt dem Leser eine LADY S (oder auch SHANIA RIVKAS), die sich in ihrem Leben eingerichtet hat. Einem Leben der Normalität. Als Dolmetscherin am EUROPÄISCHEN PARLAMENT in STRASSBURG arbeitet sie keineswegs stressfrei, genießt ihren Feierabend. Leider finden die Probleme sie! Kontakte aus der Vergangenheit ruinieren ihr normales Leben. Aber es gibt ebenso eine vollkommen unerwartete Neuigkeit, die alte Schäden zu reparieren hilft. SHANIA RIVKAS kann sich an dieser Neuigkeit zunächst nicht lange erfreuen.

GEHEIMDIENSTE! Gar nicht einmal die eigenen, von vielen Seiten scheint der Glaube zu bestehen, in SHANIA RIVKAS‘ Leben hineinzupfuschen. Anfangs lässt es sich geheimnisvoll an, doch schnell, bei einer Schießerei in einem Lissaboner Ausgehviertel, bestimmt Lebensgefahr nahezu jeden weiteren Schritt von LADY S. Denn es gibt Leute, die in ihr ein ganz besonderes Talent sehen. Und diese Leute sind bereit, SHANIA RIVKAS nicht nur dazu zu zwingen, ihren Befehlen zu gehorchen, sie lassen die junge Frau zu ihren Zwecken auch gleich ganz von der Bildfläche verschwinden. Um sie in einem neuen Leben auferstehen zu lassen. Aber (und da ist es wieder das große ABER) alte Kontakte aus der Vergangenheit lassen sich nicht so leicht abschütteln. Die schlechten nicht. Die guten Gott sei Dank ebenfalls nicht.

Für SHANIA RIVKAS ist die Handlung der zweiten Gesamtausgabe eine großes Verwirrspiel. Dank der klaren Erzählstruktur von JEAN VAN HAMME behält der Leser zu jeder Zeit den Überblick. Die hier versammelten Thriller PORTUGIESISCHER SALAT (Band 6 der Reihe), EINE SEKUNDE DER EWIGKEIT (Band 7), STAATSRÄSON (Band 8) und FÜR DAS LEBEN EINER FRAU (Band 9) zeigen einmal mehr, wie gut JEAN VAN HAMME seine Charaktere aufzubauen versteht und wie gern er mit den unterschiedlichsten Handlungsorten spielt (Drehorte möchte man fast sagen). Das erwähnte LISSABON, MARSEILLE, ein FRAUENGEFÄNGNIS, FLORENZ, edle Hotels, Tagungsorte, eine düstere BURG und und und. Eine Rundreise quer durch EUROPA. Man freut sich auf jede Seite, denn Überraschungen und Einfälle geben sich hier die Klinke in die Hand.

Neben der richtigen Mischung aus fein aufgebauten Charakteren, SHANIA RIVKAS vorneweg, realistischer ACTION, intrigenreichen Geheimdienstdramen und fantastischen Standorten der Handlung ist selbstverständlich der zweite Erfolgsgarant der Zeichner PHILIPPE AYMOND. Jedes Bild ist wunderbar genau ausgeführt, detailverliebt, akurat in jeglicher Perspektive. Die für mich schönsten Bilderfolgen finden sich im letzten Viertel des Bandes. Die Handlung verlagert sich in den Osten Englands. Das beschert dem Bilderreigen wieder eine vollkommen neue Atmosphäre, etwas bodenständiger und man könnte sich vorstellen, wie PHILIPPE AYMOND auch allseits bekannte (teils moderne) englische Krimis illustriert. So gut bekommt er die Stimmung dieses Landstriches hin.

Die realistischen Zeichnungen (Farben von SÉBASTIEN GERARD) besitzen eine kühle Präzision. Blickwinkel sind stilsicher gewählt, mit einem Gespür für Postkartenmotive. Krimifans suchen manchmal nach Veröffentlichungen, die sich sehr genau in einer bestimmten Region bewegen und auf authentische Beschreibungen setzen. Ganz genau dieses Gefühl wecken die Grafiken von PHILIPPE AYMOND. Wenn er einen Verfolgungsjagd auf einer portugiesischen Küstenstraße zeigt, glaubt man sicher, dass es diese Straße tatsächlich gibt (nach allen anderen echten Örtlichkeiten wäre es ein Unding, wäre es nicht der Fall). Außerdem wirkt es wie eine kleine Hommage an den Klassiker ÜBER DEN DÄCHERN VON NIZZA, nur halten hier keine Hühner die Verfolger auf.

Ein starker zweiter Band mit vier Albenabenteuern, deren in Band PORTUGIESISCHER SALAT gestarteter Kreis sich in FÜR DAS LEBEN EINER FRAU schließt. Mit Hang zur Perfektion illustriert von PHILIPPE AYMOND, von JEAN VAN HAMME meisterlich und mit stets unerwarteten Wendungen erzählt. Top-Comic-Thriller! 🙂

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Mittwoch, 08. Juli 2020

ALAIN CHEVALLIER 8 – DIE RIVALEN

Filed under: Thriller — Michael um 11:56

ALAIN CHEVALLIER 8 - DIE RIVALENALAIN CHEVALLIER, ein erfolgreicher FORMEL-1-RENNFAHRER, ist nicht bei allen beliebt. Eine normale Fahrt, mit einer normalen Limousine, wird zu einem Trip auf Leben und Tod. ALAIN CHEVALLIER muss all seinen Mut und sein fahrerisches Können aufbieten, um sich und seine Schwester in Sicherheit zu bringen. Doch das ist erst der Anfang einer Reihe von Widrigkeiten, die dem jungen FORMEL-1-PILOTEN zusetzen. Auf der Piste warten harte Kämpfe. Und hinter den Kulissen muss jederzeit mit Sabotage gerechnet werden. Nicht umsonst schläft ALAINS Techniker STEAK am Vorabend eines Rennens lieber in der Box, um auf die geliebten Wagen aufzupassen. Hier kann wirklich alles im letzten Moment noch schiefgehen…

Explodieren die Boliden, ist das Publikum zufrieden. So sang es vor Jahrzehnten schon RAINHARD FENDRICH. Die FORMEL 1 bedeutet ACTION, das will nicht nur das Publikum, sondern auch der Leser. Das Titelbild des 8. Bandes von ALAILN CHEVALLIER zeigt es in aller Härte und Deutlichkeit. Die Illustration gibt einen Hinweis auf die Eingangssequenz der Geschichte. 1962, beim GROSSEN PREIS VON DEUTSCHLAND, kommt es zu einem folgenschweren Unfall infolge eines Duells zweier Fahrer, FERRARI (wie immer rot) gegen LOTUS (dunkelgrün). Das Titelbild verrät den Ausgang der Hatz. Der FERRARI verunglückt, der Fahrer, der Vater von ALAIN CHEVALLIER, stirbt in der Flammenhölle. Ein Ereignis, das ALAIN CHEVALLIER, der als Zuschauer in der FERRARI-Box zugegen ist, für den Rest seines Lebens anhängen wird.

Zwar ist es der 8. Band, mit dem bezeichnenden Untertitel DIE RIVALEN, aber es könnte ebenso gut der Einstiegsband der 17-teiligen Serie ALAIN CHEVALLIER sein. Nach der Einleitung springt die Handlung in das Berufsleben von ALAIN CHEVALLIER in die 1970er, mitten hinein in den FORMEL-1-Zirkus. Die Fahrzeuge haben sich gehörig verändert, sind futuristischer anzuschauen. Aus heutiger Sicht weisen sie auch eine größere Design-Brandbreite auf. Der Wagen von ALAIN CHEVALLIER folgt zwar den üblichen Merkmalen des Jahrzehnts, besitzt jedoch viele Eigenarten in seiner weißen Keilform. Prägnanter noch ist das himmelblaue Bolidenduo mit den Fahrzeugnummern 3 und 4. Der TYRRELL P34 ist ein echt auffallender Hingucker.

Geändert haben mögen sich die Fahrzeuge, der Ehrgeiz der Fahrer, die Spannung, die Gefahr auf der Rennstrecke haben sich nicht verändert. Jede Pilotengeneration der Formel 1 muss sich diesen Aspekten im modernen Gladiatorenwahn stellen. Und ALAIN CHEVALLIER erlebt es am eigenen Leib, wie es ist, wenn einem in dieser Situation ein persönlicher Rivale erwächst. Mehr noch: Abseits des Rennens lauern weitere Gefahren, nicht nur für ihn, sondern auch für Freunde und Familie. CHRISTIAN DENAYER, der Illustrator des vorliegenden Bandes, begeistert Comic-Freunde seit Jahrzehnten mit seinen starken Zeichnungen im Bereich Technik, von Fahrzeugen in allen Lebenslagen. Menschen sind da nur noch ein Klacks für ihn. Comic-Fans, insbesondere Thrillerfreunde kennen seine Arbeiten außerdem von der Erfolgsserie WAYNE SHELTON.

Dank der Fahrzeuge, die man nun einmal sehen will, wenn es sich um die Formel 1 dreht, ist DIE RIVALEN schon ein Fest. Auto-Enthusiasten finden ihre Sportwagen (wie den fast schon legendären OPEL GT), europäische Limousinen und Kleinwagen, amerikanische Straßenkreuzer, mustergültig in Szene gesetzt. Und wieder mehr noch: Die Fahrzeuge, vorneweg die Boliden, sind nicht nur Mittel des Wettkampfes, sie sind Mittel zur Entführung und werden letztlich auch wie Waffen eingesetzt. Kurzum, zwar angesiedelt in den 1970ern (und auch in jener Zeit entstanden), gehen ANDRE-PAUL DUCHATEU (Autor) und CHRISTIAN DENAYER modernen Franchises wie THE FAST AND THE FURIOUS mit gutem Beispiel voran.

Ein FORMEL-1-Krimi mit viel Flair der 1970er (aus den 1970ern), einer gut aufgebauten Serienfigur, ALAIN-CHEVALLIER, die den Einstieg in die Reihe selbst in Band 8 enorm leicht macht. ANDRE-PAUL DUCHATEU erzählt geradlinig und schnörkellos, nimmt den Leser mit leichter Hand mit in den FORMEL-1-ZIRKUS und seine Umtriebe, auf und neben der Rennbahn. Wegen der künstlerisch starken Umsetzung durch (aus heutiger Sicht) Comic-Veteran CHRISTIAN DENAYER war und ist der Band perfekt für alle Comic-Freunde, die Autos und Technik in Geschichten lieben, aber auch für solche, die auf Thriller stehen. 🙂

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Freitag, 05. Juni 2020

DER KILLER – GESAMTAUSGABE 2

Filed under: Thriller — Michael um 17:46

DER KILLER - GESAMTAUSGABE 2Mal darf es nach Mord mit anschließendem Selbstmord aussehen. Mal darf es ein Unfall mit anschließender Fahrerflucht sein. Mal darf es spektakulär sein, nachrichtentauglich, mit dem Absturz eines Hubschraubers über einer Innenstadt. DER KILLER ist vielseitig, eine Handschrift schwer erkennbar. Abseits des Berufslebens sucht er die Ruhe. Er geht mit Frau, Sohn und Schwiegervater im Dschungel auf die Jagd. Oder verbringt seine Zeit mit seinem Sohn am Strand. DER KILLER will für seinen Sohn alles das, was ihm so nie vergönnt war. Bereits jetzt, weiß der Kleine mehr, als DER KILLER in diesem Alter wusste. Und den Rest? Bringt der Vater dem Sohn bei, wenn dieser etwas älter ist. Eben alles, was nötig ist.

Ja, DER KILLER ist zweifellos ein Philosoph. Oder wenigstens jemand, der andauernd Fragen stellt und sogar Teilantworten kennt und abliefert. Aber er hat sich mit dem System abgefunden, will es zu seinen Gunsten nutzen und verbiegen, damit nicht nur er, sondern auch jene, die ihm die einzige Familie sind, die er je nach seinem Verständnis besessen hat, Schutz und Wohlstand genießen können. Allen voran sein Sohn. Ja, DER KILLER hat auch ein paar echte Werte, die mit denen der übrigen Menschheit vereinbar sind. Ob er das nun so mag oder oder nicht.

Es hat sich einiges getan in der Welt des KILLERS. In Südamerika abgetaucht, hat es ihn nicht lange im Verborgenen gehalten. Die Arbeit ruft, zwickt. Das süße Nichtstun ist nichts für den KILLER. Prompt bringt ihn seine erneut aufgenommene Tätigkeit in Bedrängnis. Denn jemand macht den KILLER zum Spielball in einem internationalen Hickhack um viel, viel Öl. Doch ehe der KILLER das merkt, steckt er bereits viel zu tief drin und er muss beweisen, ob er schlauer als die übrigen Spieler ist.

MATZ hebt den KILLER auf das nächste Level. Es ist eine Sache, ein Ziel auszubaldowern und es schließlich zu töten. Es ist eine andere Sache, wenn die Figur zu einem Pokerblatt in einem Spiel von sehr viel mächtigeren Menschen und Institutionen wird. DER KILLER ist von einer wundersamen Kaltschnäuzigkeit beseelt. Aber als Figur, fast schon der typische Bauer in einem Schachspiel, droht er fast zwischen den staatlichen Akteuren zerrieben zu werden. Bis eine Wende erfolgt, die der Leser, auch aus den bisherigen Leseerfahrungen der Serie heraus, nicht vorhersehen konnte. DER KILLER wird dadurch sichtbarer für sein Umfeld. Ein Fehler, den ein KILLER eigentlich nicht begehen sollte. Doch, wie erwähnt, wo der Wohlstand lockt, fallen alte Prinzipien mitunter schnell über Bord.

Es ist ganz gleich, in welchem der letzten Jahrzehnte oder in diesem der Politikinteressierte die Zeitungsmeldungen verfolgt, Nachrichten diverser Sender anschaut. Südamerika und seine nähere Umgebung, ganz vorne dabei KUBA, sind fast schon ein Synonym für soziale Missstände, Korruption, Rebellionen, Aufstände, Staatsstreiche, Drogenkartelle, Morde jeglicher Couleur und vielem Grauenhaften mehr. Deshalb ist die Geschichte von MATZ nicht nur enorm leicht zugänglich, sie ist wirkt auch sehr real, eher wie eine Story, die nach jahrelanger Recherche von Journalisten im Stile der PANAMA PAPERS ans Licht geraten sein könnte. Wenn Venezuela, wie so oft in den Nachrichten gepredigt, dank seiner Ölvorkommen eines der reichsten Länder der Erde sein könnte (und es trotzdem nicht ist), will man die Geschichte hier sofort glauben. Am Ende mordet der KILLER aus einem ganz einfachen, denkbar überwältigenden Grund: So reich zu sein, ohne fürchten zu müssen, dass jemand fragt, woher das Geld stammt.

Ich mag es, wie DER KILLER sich entwickelt, wie er zwischen den Welten wandelt. Einerseits Familie, andererseits eine Liebschaft. Wie er seine ätzende Kritik loswird und sich nicht zu schade ist, sich ein Riesenstück von dem Kuchen zu schnappen, den er so gerne in seine Zutaten zerteilt. Und wie er letztlich auch mal Angst zeigt. Weil eine Kugel abfeuern zu können, einen Menschen zu töten, eben nicht die absolute Macht bedeutet. Absolute Macht vernichtet ganze Länder. Und auf dieses Parkett begibt sich DER KILLER nun zum Tanz.

LUC JACOMON präsentiert uns als Comic-Künstler Szenen, die eines Leinwand-Thrillers würdig sind. Er gewährt dem Leser den selben Blick durchs Zielfernrohr, den DER KILLER hat. Fängt den Leser erst einmal atmosphärisch in der Nacht ein, versetzt ihn in die Szenerie, beobachtet mit ihm die Tötung eines Ziels. Liest nebenbei von der Kaltblütigkeit des KILLERS und erfährt auch die Menschenverachtung, mit welcher DER KILLER zu Werke geht. Die Gedanken, Abrisse des Weltgeschehens, des KILLERS werden von Bilderfolgen begleitet, die an Nachrichtenprogramme oder Wildlife-Sender erinnern. Er legt sich auf keinen Seitenaufbau fest, strukturiert mal klein, verteilt mal hektischer, je nach Actionszene zerreißt er für den Eindruck von Geschwindigkeit auch mal die eigens entworfene Struktur.

Einmal, während eines kanadischen Ausflugs, werden die Farben kälter, wintergemäß, ansonsten spiegeln die warmen Farben den südamerikanischen Kontinent wider. Eine unaufdringliche, aber stetige Hitze, elegant, fürs verwöhnte Comic-Auge hervorragend.

Nebenfiguren gibt es. Und zwei fallen besonders auf. DER KILLER hat einen Freund, kaum glaubhaft, aber wahr. MARIANO, von Hause aus einem Drogenkartell zugehörig, herzlich, großmäulig, charmant, intelligent, Frauenheld, weltmännisch und kaltblütig. MARIANO zeigt, was dem KILLER alles fehlt. Wie professionelles Morden die Menschlichkeit nicht gleich mit abtötet. Klingt seltsam, hier passt es zusammen. KATIA ist die andere Seite der Medaille. Sie ist die Frau im Geschäft. Hier eröffnet sich für den KILLER ein Blick in jenes Leben, das ihm eine Frau an die Seite gestellt hätte, die mit der alltäglichen Gefahr umgehen könnte. Ein Mischung aus BOND-GIRL und BONNIE (die ihren persönlichen CLYDE sucht). Alles in allem von MATZ perfekt auf die Geschichte und den KILLER abgestimmt.

Stark erzählt, so dass man es von der ersten bis zur letzten Seite in einer Tour durchlesen muss. Ein Thriller mit Tiefgang, realistischem Anspruch. MATZ erzählt, als wäre er ein Sohn im Geiste von HITCHCOCK und TARANTINO. Dank LUC JACAMO filmisch illustriert. Ein perfekter, mitreißender Thriller. 🙂

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Freitag, 15. Mai 2020

DER KILLER – SECRET AGENDA – 1. GEZIELTE PRÄVENTION

Filed under: Thriller — Michael um 19:15

DER_KILLER - SECRET_AGENDA - 1. GEZIELTE PRÄVENTIONDER KILLER mag alles mögliche sein, aber er ist ganz bestimmt kein Staatsdiener. Er weiß aber auch, wann es an der Zeit ist, leise zu treten und sein Fähnchen nach dem Wind zu drehen. Ganz besonders dann, wenn es heißt, einem unangenehmen Verfahren zu entgehen, dass ihn für den Rest seines Lebens ins Gefängnis bringen wird. Oder, falls die Angelegenheit seitens der Staatsmacht hinter den Kulissen geregelt wird, ihm eine Kugel in den Kopf einbringt. So nimmt er notgedrungen an, als er von französischen Auslandsgeheimdienst in Patagonien, in Südamerika, aufgespürt und somit zwangsverpflichtet wird. Ein Job zur Tarnung seiner wahren Identität bringt ihn nach LE HAVRE, Frankreich. Zusammen mit zwei Kollegen soll er sich eines Problems annehmen.

Unter dem Obertitel SECRET AGENDA startet ein neuer Zyklus um den KILLER. GEZIELTE PRÄVENTION lautet der Untertitel des ersten Bandes. Zurückgekehrt ins Heimatland verbringt DER KILLER seine Tage in einem Großraumbüro, versucht sich unauffällig zu verhalten. Allerdings verkehrt sich Unauffälligkeit mitunter ins Gegenteil. Jemand, der bewusst den Außenseiter mimt, weckt doch früher oder später das Interesse anderer. DER KILLER will (und kann) es sich nicht eingestehen, dass sein Gespür bei all seinen philosophischen Betrachtungen über die menschliche Natur nur rudimentär ausgeprägt ist und er mehr das Verhalten anderer nachahmt, als wirklich innerlich von ihm durchdrungen zu sein. Dabei ist er kein echter Soziopath (mehr), er ist allenfalls an einem einschneidenden Punkt seiner Entwicklung steckengeblieben.

MATZ, der Autor, zeigt keinen Proleten, der mit einer Knarre durch die Gegend läuft und Menschen abknallt. Das Profil hätte sich bald erschöpft. DER KILLER ist ein Philosoph, ohne es recht zu bemerken. Ein Analyst menschlicher Verhaltensweisen, gesellschaftlicher Strukturen. Wenn jemand, der darauf aus ist, einen anderen Menschen zu töten, das Ziel womöglich wochenlang observiert, um den richtigen Moment für die Tat abzupassen, hat er reichlich Gelegenheit, Studien anzustellen. Das mag bei der Vorbereitung des Mordanschlags und des reibungslosen Rückzugs hilfreich sein. Aber es führt, wie beim KILLER, zu einer sehr sezierenden Ansicht bei allem und jedem. Egal welcher Bereich des Lebens betroffen ist, kaum etwas ist dabei, was Bewunderung oder wenigstens Gnade vor dem schneidenden Intellekt des KILLERS findet. Denn dumm ist DER KILLER keinesfalls. Und so hat er auch herausgefunden, dass ein Mensch das tun sollte, in dem er (oder sie) wirklich gut ist. Bei ihm ist es das Töten.

MATZ bedient keine leichten Themen. Aber er erzählt es mit leichter Hand im Stile klassischer (französischer) Gangsterszenarien. Wer die mag, alte mit einem ALAIN DELON, einem LINO VENTURA, neuere wie DER UNBESTECHLICHE mit JEAN DUJARDIN. Serien wie MARSEILLE mit GÉRARD DEPARDIEU arbeiten mit einer ähnlichen Stimmung. Ein filmischer Vergleich ist wegen der Erzählweise passend (auch wegen der Erzählweise aus dem Off, die MATZ hier verwendet). Wer einen MAIGRET von GEORGES SIMENON sucht, wird hier nicht fündig. Was aber sicherlich beide gemeinsam haben, ist eine treffsichere Beschreibung des Milieus, in dem sich die Akteure bewegen.

Die Geschichte bewegt sich in LE HAVRE. Eine Hafenstadt folgt noch einmal ganz anderen Gesetzmäßigkeiten als eine Stadt, die kein Drehkreuz für internationalen Warenverkehr ist und so weniger Möglichkeiten für die Verschiebung illegaler Güter bietet. Ein für Außenstehende undurchsichtiges Gewimmel sorgt bei dunklen Machenschaften für eine gute Deckung. An der Seite des KILLERS erhält der erhält der Leser Einblick in diese Halbwelt und die Verstrickungen mit der örtlichen Politik. Es ist ein wenig skurril, wie hier Verbrecher auf Verbrecher gehetzt werden, sozusagen als GEZIELTE PRÄVENTION. So hat man in soldatischen Kreisen seinen eigenen, verschleiernden Beamten-Slang entworfen. Benutzerfreundlich, damit das Geschäft nicht so dreckig klingt.

LUC JACAMON zeichnet weiter an der Erfolgsgeschichte des KILLERS, weiterhin sehr realistisch. Aber auffallend ist DER KILLER selbst. Gegenüber anderen Charakteren ist er eine regelrechte blasse Fassade. Ihn ein Dutzendgesicht zu nennen, wäre noch übertrieben. DER KILLER ist die ideale Leinwand, um sich an seine Seite zu denken, eine Projektionsfläche. Die Augen gleichzeitig hinter der Brille verborgen, bleibt der nötige Abstand gewahrt. Gute Mörder funktionieren, wenn der Leser (oder Zuschauer) sich mit ihnen identifizieren kann. Das klappte sogar bei HANNIBAL LECTOR (obwohl er ein Kannibale war) und das funktioniert erst recht bei einer Figur wie dem KILLER, der sein Handeln mit einer Unmenge von Ansichten von Moral und Unmoral zwar nicht unbedingt rechtfertigt, aber immerhin untermauert.

Darüber hinaus bleibt LUC JACAMON in seinen Bildaufbauten filmisch, geradeheraus. Er experimentiert nicht und das ist gut so, denn es entsteht ein halbdokumentarischer, sehr ernsthafter Stil, der dem Leser ein wenig zurückstößt. Wer allzu große Sympathien für den KILLER entwickelt, darf wieder Abstand nehmen lernen. Auch das ist gut so.

Keine Effekthascherei, obwohl ein Leser, der noch nicht mit dem KILLER vertraut ist, dies vermuten könnte. Ein kühl erzähltes Szenario, in auf Realismus bedachten, atmosphärisch ebenso kühl gehaltetenen Bildern. Fans des KILLERs kommen sofort wieder auf ihre Kosten, Neueinsteiger werden mit diesem Zyklus ebenfalls gut bedient, sollten sich aber den bisherigen Werdegang des KILLERS trotzdem nicht entgehen lassen. 🙂

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